Kuh-Urteil: OGH-Kritik an geplanter Tierhalterhaftung

Die nach dem Schadenersatzurteil wegen einer tödlichen Kuhattacke von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Gesetzesänderung zur Tierhalterhaftung stößt auf scharfe Kritik des Obersten Gerichtshofs (OGH). Dieser erklärte in einer Stellungnahme zum Entwurf, dass die vorgeschlagene Neuregelung „in keinem Punkt zu einem Gewinn an Rechtssicherheit“ führt, sie werfe vielmehr neue Probleme auf.

„Damit stellt sich die Frage nach ihrem rechtspolitischen Sinn. Ist es tatsächlich angebracht, eine bewährte, durch höchstgerichtliche Rechtsprechung konkretisierte Norm mit weitwendigen, aber keinen erkennbaren Mehrwert aufweisenden Formulierungen aufzuladen, nur weil das möglicherweise einer medial geschürten Erwartungshaltung entspricht“, hieß es weiters in der auf der Parlamentshomepage veröffentlichten Stellungnahme des OGH.

Kühe auf der Alm
APA/Barbara Gindl

Die Bundesregierung habe sich dazu bekannt, Gesetze „einfacher, klarer und für die Bürgerinnen und Bürger verständlicher zu machen“. „Die beabsichtigte Ergänzung von § 1320 ABGB verwirklicht dieses Ziel jedenfalls nicht“, lautete das negative Fazit.

Haftung des Tierhalters entfällt

Der OGH kritisiert unter anderem die Bezugnahme auf die „erwartbare Eigenverantwortung“ der Besucher und Besucherinnen von Almen und Weiden in dem Entwurf auf. Die Bestimmung könnte dahin ausgelegt werden, dass eine sonst bestehende Haftung des Tierhalters entfällt, wenn der Geschädigte die „erwartbare Eigenverantwortung“ nicht wahrnimmt.

Das verstoße allerdings gegen Grundsätze des Schadenersatzrechts, das bei einem Mitverschulden in der Regel eine Schadensteilung und nicht einen vollständigen Haftungsentfall vorsieht.

Auslöser für die Gesetzesänderung war ein Zivilprozess gegen einen Landwirt. Am 28. Juli 2014 war im Tiroler Pinnistal eine 45-jährige Deutsche, die mit ihrem Hund unterwegs war, von Kühen zu Tode getrampelt worden. Nach jahrelangem Rechtsstreit erging im Februar das Urteil, wonach der Bauer dem Witwer und dem Sohn rund 180.000 Euro sowie eine monatliche Rente zahlen muss, da er seine Tiere entlang des Weges nicht eingezäunt hatte. Das erstinstanzliche Urteil ist nicht rechtskräftig.