Verunglücktes Flugzeug
AP/Moscow News Agency
41 Tote in Moskau

Jet laut Piloten von Blitz getroffen

Nachdem bei der Notlandung eines Passagierjets in Moskau über 40 Menschen ums Leben gekommen sind, wird nun über die Unfallursache spekuliert. Der Jet sei kurz vor der Notlandung „von einem Blitz getroffen worden“, berichteten einer der Piloten und einige Passagiere am Montag.

Laut dem Piloten fiel kurz nach dem Blitzeinschlag auch der Funkkontakt aus. Das berichtete ORF-Korrespondent Christian Lininger mit Verweis auf einen Bericht einer Moskauer Zeitung. Der Pilot der Maschine gab mindestens ein Signal, dass es technische Probleme gibt, berichteten zuvor auch einige Medien.

Vorerst geht die staatliche Fluggesellschaft Aeroflot davon aus, dass ein technisches Gebrechen den Piloten der Maschine vom Typ Suchoi Superjet 100 auf dem Weg nach Murmansk im Norden Russlands zum Umkehren zwang. Die Ermittler ließen die Berichte bisher unkommentiert. Moderne Passagierjets sind so gebaut, dass sie einem Blitzeinschlag eigentlich standhalten müssen.

Minister: Kein Startverbot

Untersucht werde, ob die Piloten und das technische Personal ausreichend qualifiziert gewesen seien, teilte das staatliche Ermittlungskomitee am Montag in Moskau mit. Untersucht würden neben möglichen technischen Ursachen an dem Superjet 100 auch Wettereinflüsse. Russland sehe aktuell keinen Anlass, die Jets dieses Typs auf dem Boden zu halten. Das sagte der russische Transportminister Jewgeni Ditrich am Montag.

Verunglücktes Flugzeug
APA/AFP/Russian Investigative Commitee
Die Unfallursache ist noch unklar

Der Jet war am Sonntagabend kurz nach dem Start auf den Flughafen Scheremetjewo zurückgekehrt. Als die Maschine mehrmals auf dem Rollfeld des Flughafens aufprallte, platzte nach ersten Erkenntnissen der Ermittler auch der volle Treibstofftank. Blitzschnell breitete sich das Feuer aus. Der hintere Teil der Maschine stand komplett in Flammen und zog eine dicke Rauchwolke hinter sich her. Das Wrack war nach dem Löschen des Feuers etwa zur Hälfte verkohlt, wie auf Bildern zu sehen war.

Christian Lininger (ORF) aus Moskau

ORF-Reporter Christian Lininger spricht über Augenzeugenberichte, laut denen die Maschine vor der Notlandung von einem Blitz getroffen wurde.

Nun sollen die beiden Flugschreiber der verunglückten Maschine ausgewertet werden. Beide seien im Wrack entdeckt worden, hieß es am Montag aus Sicherheitskreisen der Agentur Interfax zufolge. Das russische Zwischenstaatliche Luftverkehrskomitee (MAK) kümmere sich um die Auswertung, die jedoch mehrere Tage dauern könne. Flugschreiber enthalten unter anderem Aufzeichnungen der Flugdaten und der Cockpitgespräche, was sehr wichtig bei der Klärung der Unfallursache ist. Die Blackboxes sind so robust gebaut, dass sie normalerweise auch ein Unglück überstehen sollten.

78 Menschen an Bord

An Bord des Fluges SU1492 waren 78 Menschen. Unter den Toten sind nach Angaben der Behörden zwei Kinder und ein Flugbegleiter. Viele der Verletzten erlitten laut Rettungskräften Rauchgasvergiftungen. In der Maschine brach Panik aus, wie auf einem im Internet veröffentlichten Video zu hören und zu sehen war. Die Aufnahmen zeigten auch, wie die rechte Tragfläche der Maschine brannte.

Brennende Aeroflot-Maschine bei der Landung in Moskau
AP/@artempetrovich
Der hintere Teil des Flugzeugs stand komplett in Flammen

Das Feuer wurde nach Angaben des Flughafens und des Zivilschutzes schnell gelöscht. Zahlreiche Passagiere hätten das Flugzeug in weniger als einer Minute über Notrutschen verlassen, teilte Aeroflot mit. „Die Crew hat alles ihr Mögliche getan, um die Leben der Passagiere zu retten und den Betroffenen Nothilfe zu geben.“ Lange war das Ausmaß des Unglücks unklar. Russische Behörden gaben zudem unterschiedliche Opferzahlen bekannt.

Rasche Wiederaufnahme des Betriebs

Der russische Präsident Wladimir Putin ordnete eine gründliche Aufklärung an. Er und Regierungschef Dmitri Medwedew sprachen den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus. Den Überlebenden sicherten sie Hilfe zu. In dem Gebiet Murmansk nahe der finnischen Grenze solle der Opfer gedacht werden, sagte der Gouverneur der Region.

Passagierjet musste wegen Feuers notlanden

Bei einer Notlandung fing ein russischer Passagierjet Feuer. (Videoquelle: APTN/@ARTEMPETROVICH/ @NORENKO_MIKHAIL/Riccardo Dalla Francesca)

In Russland kommt es immer wieder zu schweren Zwischenfällen im Luftverkehr und zu Flugzeugunglücken mit vielen Toten. Beim Absturz eines russischen Passagierflugzeugs vom Typ Antonow An-148 starben im Februar vorigen Jahres in Nähe von Moskau 71 Menschen. Die Maschine der Fluggesellschaft Saratow Airlines war nach dem Start vom Hauptstadtflughafen Domodedowo vom Radar verschwunden und zerschellte auf einem Feld im Bezirk Ramenskoje südöstlich von Moskau. Im September wurden 18 Menschen bei der Notlandung eines Flugzeugs in der Schwarzmeer-Stadt Sotschi verletzt.

Wichtiges Flugzeug für Russland

Der Superjet 100 ist die erste Neuentwicklung des russischen Flugzeugbaus nach dem Ende der Sowjetunion, der Kurzstreckenjet ist seit 2011 zugelassen. Aeroflot hat zurzeit 50 Maschinen dieses Typs im Einsatz, erst im vergangenen Herbst kündigte sie den Kauf von weiteren 100 Maschinen an. Bei einem Probeflug des Superjets starben 2012 in Indonesien 45 Menschen. Doch ein vergleichbares Unglück in Russland hat es mit dem Flugzeugtyp bisher nicht gegeben.