Proteste gegen Annullierung der Istanbul-Wahl

Mit der Annullierung der Bürgermeisterwahl vom März in Istanbul und der angeordneten Wiederholung hat die türkische Wahlkommission YSK wütende Proteste der Opposition ausgelöst. Die Behörde gab gestern Abend einer Beschwerde der Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan wegen angeblicher „Regelwidrigkeiten“ statt.

Erdogan sprach heute von einem „wichtigen Schritt zur Stärkung unserer Demokratie“. Zugleich verteidigte er den Antrag auf Wiederholung. „Wir glauben aufrichtig daran, dass es bei den Wahlen in Istanbul eine organisierte Korruption, eine totale Gesetzlosigkeit und Rechtswidrigkeit gegeben hat.“

Die EU forderte eine Begründung. EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini und Nachbarschafts- und Erweiterungskommissar Johannes Hahn riefen die Wahlkommission dazu auf, unverzüglich Einblick in die Gründe ihrer Entscheidung zu gewähren.

Imamoglu spricht von „Verrat“

Der Spitzenkandidat der oppositionellen Partei CHP, Ekrem Imamoglu, bezeichnete die Entscheidung als „Verrat“. „Sie versuchen, die Wahl, die wir gewonnen haben, zurückzunehmen“, sagte er gestern vor Tausenden Menschen in Istanbul. „Vielleicht seid ihr aufgebracht, aber verliert nie eure Hoffnung.“

Ansprache von CHP-Chef Ekrem Imamoglu
AP/Lefteris Pitarakis

Imamoglu verurteilte die Annullierung und rief: „Ihr werdet sehen, wir werden gewinnen.“ Die Menge skandierte „Recht, Gesetz, Gerechtigkeit“ und forderte die Mitglieder der Wahlkommission zum Rücktritt auf.

Mit Pfannen und Töpfen

In mehreren Bezirken Istanbuls standen die Menschen an den Fenstern und schlugen auf Töpfe und Pfannen – eine Protestform, die sich während der regierungskritischen Gezi-Proteste von 2013 etablierte hatte. AKP-Chef Ömer Celik forderte Kritikerinnen und Kritiker dazu auf, die Entscheidung der YSK zu akzeptieren.

Istanbul wurde 25 Jahre lang von islamisch-konservativen Bürgermeistern regiert. Die Niederlage für die AKP war ein Gesichtsverlust für Erdogan, der selbst einst Bürgermeister von Istanbul war.

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