Die Atomanlage in Bushehr, Iran
AP/Majid Asgaripour
Reaktion auf USA

Iran setzt Atomabkommen teilweise aus

Der Iran wird einige seiner Verpflichtungen aus dem internationalen Atomabkommen aussetzen. Das kündigte das Außenministerium in Teheran am Mittwoch an. Die Entscheidung sei vom Hohen Sicherheitsrat des Landes getroffen und den Ländern mitgeteilt worden, die dem Wiener Abkommen von 2015 weiter angehören – Deutschland, Großbritannien, China, Frankreich und Russland.

Die USA hatten sich aus dem Vertrag zurückgezogen. Das Atomabkommen werde man nicht vollständig aufkündigen, aber einzelne „freiwillige Verpflichtungen“ daraus reduzieren, wurde der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif in staatlichen iranischen Medien am Mittwoch vor der offiziellen Ankündigung des Außenministeriums zitiert. Das sei die Reaktion auf die Unfähigkeit anderer Unterzeichner wie der Europäischen Union, dem Druck der USA standzuhalten, so Sarif weiter. Die Ölpreise stiegen nach der Ankündigung am Mittwoch im frühen Handel leicht.

Nach eigenen Angaben wird der Iran die geltenden Einschränkungen bei den Beständen an angereichertem Uran und Schwerwasser aufheben. „Die Islamische Republik Iran sieht sich derzeit nicht verpflichtet, den Einschränkungen bei der Lagerung von angereichertem Uran und Schwerwasserreserven nachzukommen“, teilte der Nationale Sicherheitsrat am Mittwoch mit. Den verbleibenden Parteien im Atomabkommen werde eine Frist von 60 Tagen eingeräumt, „um ihren Zusagen insbesondere im Öl- und Bankensektor wieder nachzukommen“, andernfalls werde der Iran weitere der eigenen Verpflichtungen aufkündigen.

Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif
Reuters/Carlo Allegri
Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif

Nach Meinung von Beobachtern und Beobachterinnen sind die technischen Verpflichtungen des Iran in dem Deal jedoch klar. Sie müssten entweder eingehalten werden oder nicht. Ob sie auch „reduziert“ werden können, darüber müsste die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien entscheiden. Nach IAEA-Angaben hat sich der Iran seit Jänner 2016 an die Vereinbarungen gehalten, es wurden keine Verstöße gegen die Auflagen festgestellt.

Rouhani droht mit Urananreicherung

Der iranische Präsident Hassan Rouhani sagte am Mittwoch in einer im iranischen Fernsehen übertragenen Rede, den verbliebenen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens sei eine Frist von 60 Tagen gesetzt worden. In dieser Zeit müssten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China wie zugesichert dafür sorgen, dass die iranische Öl- und Finanzindustrie vor den Folgen von US-Sanktionen geschützt werde. Andernfalls werde die Anreicherung von Uran wieder aufgenommen.

Der radioaktive Stoff kann je nach Anreicherungsgrad für den Betrieb von Atommeilern und für den Bau von Nuklearwaffen genutzt werden. Rouhani sagte, sein Land werde mit einer „deutlichen Antwort“ reagieren, sollte das iranische Atomprogramm erneut zum Thema im UNO-Sicherheitsrat gemacht werden. Zugleich erklärte der Präsident, der Iran sei offen für Verhandlungen über die eigenen Nuklearaktivitäten.

Frankreich: Europa zu Sanktionen bereit

Frankreich hatte bereits zuvor gesagt, Europa sei zur Wiederauflage der Sanktionen gegen den Iran bereit, sollte das Land das Atomabkommen in Teilen brechen. US-Präsident Donald Trump hatte 2018 den historischen Vertrag über den Verzicht des Iran auf sein Atomprogramm im Gegenzug für eine Lockerung der internationalen Sanktionen einseitig aufgekündigt. Die anderen Unterzeichnerstaaten wollten es hingegen erhalten.

Die USA hatten zu Monatsbeginn ihre Sanktionen gegen den Iran ausgeweitet. Seit dem 1. Mai müssen alle Länder mit Strafmaßnahmen rechnen, die Öl aus dem Iran importieren. Ausnahmen für einige wenige Abnehmer liefen zu diesem Datum aus. Zuvor waren Anfang April die iranischen Revolutionsgarden von den USA als Terrororganisation eingestuft worden. Im Gegenzug stufte der Iran die US-Truppen im Nahen Osten Ende April als Terroristen ein. In dem Gesetz wird die US-Regierung zudem als Förderer von Terrorismus bezeichnet.

Pompeo reiste in den Irak

Die USA sind indes auch auf diplomatischer Ebene nicht untätig. US-Außenminister Mike Pompeo hatte sehr kurzfristig seinen für Dienstag geplanten Besuch in Berlin abgesagt und war stattdessen angesichts der wachsenden Spannungen in das iranische Nachbarland Irak geflogen. Die Reise in den Irak war aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten worden.

US-Außenminister Pompeo überraschend im Irak

Grund für die überraschende Visite von US-Außenminister Mike Pompeo sei die wachsende Bedrohung durch das Nachbarland Iran und dessen Armee, heißt es.

Dort traf er unter anderen Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi. Vor mitreisenden Journalisten sagte Pompeo auf dem Weg in den Irak, er habe direkt mit der irakischen Führung über die Bedrohung aus Teheran reden wollen. Er habe der irakischen Regierung die Botschaft überbringen wollen, dass die USA bereitstünden, um die Unabhängigkeit des Irak sicherzustellen. Es gehe dabei auch um die Energieunabhängigkeit vom Iran. Der Iran „eskaliert“ seine Aktivitäten, sagte Pompeo.

USA verlegen Flugzeugträger in Richtung Iran

Der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, hatte am Sonntag angekündigt, dass die Amerikaner als militärische Warnung an den Iran den Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“ und eine Bomberstaffel in Richtung Iran verlegen. Den genauen Ort der Stationierung ließ er offen. Auch Details zu den Hintergründen nannte die US-Regierung nicht.

Bolton begründete das Vorgehen mit „einer Reihe beunruhigender und eskalierender Anhaltspunkte und Warnzeichen“, auf die man nun reagiere. Die USA wollten eine „klare und unmissverständliche Botschaft an das iranische Regime senden, dass jedem Angriff auf die Interessen der Vereinigten Staaten oder auf die ihrer Verbündeten mit unerbittlicher Kraft begegnet wird“. Konkreter wurde er nicht.

Aus dem Pentagon hieß es vage, es habe Hinweise gegeben, dass der Iran Vorbereitungen für mögliche Angriffe auf US-Kräfte in der Region getroffen habe. Zu Details äußerte sich die Regierung bisher nicht. Auch Pompeo wich Nachfragen dazu auf seiner Reise nach Bagdad aus.