Das US-Capitol
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Demokraten vs. Trump

Mueller-Bericht löst „Verfassungskrise“ aus

Der Machtkampf in Washington um den Bericht zur Russland-Affäre von Sonderermittler Robert Mueller eskaliert. „Wir befinden uns in einer Verfassungskrise“, sagte der Demokrat Jerry Nadler, weil US-Präsident Donald Trump dem Kongress den Zugang zum kompletten Bericht verweigern will. Im Gegenzug erhielt der Sohn des Präsidenten, Donald Trump Junior, eine verbindliche Vorladung vor den Senat.

Präsident Trump beruft sich auf das Exekutivprivileg, laut dem der Präsident das Recht hat, dem Kongress und auch Gerichten bestimmte Informationen und Dokumente vorzuenthalten. Wie weit diese Befugnis geht, ist allerdings nicht genau definiert und war in der Vergangenheit immer wieder heftig umstritten. Nadler bezeichnete die Berufung auf das Exekutivprivileg als „dramatischen Schritt“ und „klare Eskalation“.

Nur wenige Stunden nach Trumps Entscheidung beschuldigte Nadlers Gremium, der Justizausschuss im Repräsentantenhaus, Justizminister Bill Barr formell der „Missachtung“ des Parlaments, weil er dem Gremium keine Version des Berichts ohne geschwärzte Stellen ausgehändigt hat. Für die Demokraten ist diese Weigerung, den Bericht ohne die vielen geschwärzten Passagen zu veröffentlichen, ein Angriff auf die Gewaltenteilung und die Rolle des Parlaments als Aufsichtsinstanz.

„Missachtung“ des Kongresses

Die Resolution gegen Barr wurde mit 24 gegen 16 Stimmen angenommen. Die Demokraten werfen Barr vor, als willfähriger Helfershelfer Trumps zu agieren. Barr hatte den Ermittlungsbericht als vollständige Entlastung des Präsidenten gewertet. Die jetzige Beschuldigung des Justizministers wegen Missachtung des Kongresses bezieht sich aber konkret darauf, dass dieser eine „Subpoena“ – eine verbindliche Aufforderung – des Ausschusses ignoriert hatte, dem Gremium den unredigierten Mueller-Bericht auszuhändigen.

 Jerry Nadler und Doug Collins
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Demokrat Nadler (l.) wirft Justizminister Barr eine „Missachtung“ des Kongresses vor

Sollte das Plenum des Repräsentantenhauses, in dem die Oppositionspartei ebenfalls in der Mehrheit ist, erwartungsgemäß die Resolution gegen Barr beschließen, würde das voraussichtlich in lange gerichtliche Auseinandersetzungen münden.

Einsichtnahme für engen Kreis

Barr hatte zwar Nadler und anderen führenden Kongressmitgliedern Einsicht in den kompletten Mueller-Bericht gewährt. Laut Nadler ist ihm aber nicht erlaubt, die daraus gewonnenen Informationen mit seinen Kollegen im Ausschuss zu teilen. Der Demokrat kritisierte, dass diese beschränkte Form der Einsichtnahme für den Ausschuss nutzlos sei.

Sarah Sanders, Sprecherin des Weißen Hauses, sagte, weder der Präsident noch der Justizminister würden den „rechtswidrigen und verwegenen“ Anforderungen des Ausschussvorsitzenden nachkommen. Dessen „verzweifelte Machenschaften“ hätten lediglich das Ziel, von der „historisch erfolgreichen“ Politik des Präsidenten abzulenken.

Trump Junior muss vor Senat

Unterdessen erhielt Trumps ältester Sohn US-Medienberichten zufolge eine verbindliche Vorladung durch einen Senatsausschuss, als Zeuge zur Russland-Affäre auszusagen. Wie unter anderem das US-Nachrichtenportal Axios berichtete, soll der Trump-Sohn vor dem Geheimdienstausschuss zu den mutmaßlichen russischen Einmischungen aussagen.

Donald Trump Jr.
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Donald Trump Junior bekam Vorladung für republikanisch dominierten Senat

Es handelt sich um die erste bekannte rechtlich verbindliche Vorladung durch den Kongress an eines der Kinder des US-Präsidenten. Die Vorladung ist auch insofern bemerkenswert, weil diese Kongresskammer von der Republikanischen Partei des Präsidenten kontrolliert wird.

2017 bereits Einladung vor Senat

Trump Junior hatte zwar bereits 2017 vor dem Geheimdienstausschuss des Senats und anderen Kongressausschüssen ausgesagt. Damals war er aber noch nicht in dieser Form dazu aufgefordert worden, sondern hatte simple Einladungen erhalten. Dass nun eine verbindliche Vorladung gegen den 41-Jährigen erging, deutet darauf hin, dass er nicht erneut vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen wollte.

Der älteste Trump-Sohn hatte im Juni 2016 an einem Treffen mit einer russischen Anwältin im New Yorker Trump Tower teilgenommen, die belastendes Material über die Wahlkampfrivalin Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte.

Belege „überwältigend“

Mueller hatte in seiner fast zweijährigen Untersuchung zwar keine hinreichenden Belege für eine Verschwörung des Trump-Teams mit Russland während des Wahlkampfs 2016 gefunden. Vom Verdacht der Justizbehinderung aber entlastete er den Präsidenten ausdrücklich nicht. Der Sonderermittler schilderte vielmehr zahlreiche Versuche Trumps, die Ermittlungen zu den Russland-Kontakten seines Teams zu sabotieren.

Knapp 500 ehemalige Staatsanwälte und -anwältinnen halten den Vorwurf der Justizbehinderung gegen Trump bereits für erwiesen. Die Belege im Mueller-Bericht, dass Trump die Russland-Ermittlungen sabotierte, seien „überwältigend“, schrieben sie am Montag in einem offenen Brief. Bei anderen Personen als dem Präsidenten hätten die von Mueller herausgefundenen Ergebnisse zu „strafrechtlichen Vorwürfen wegen Behinderung der Justiz geführt“, heißt es in der von insgesamt 467 ehemaligen Juristen und Juristinnen des Justizministeriums unterschriebenen Erklärung.