Nach Gipfel: Kritik an Zögern bei Klimaschutz

Die zögerliche Haltung einiger EU-Staaten beim Klimaschutz trifft auf scharfe Kritik. Nach dem EU-Gipfel gestern in Sibiu warf das Umweltbündnis Climate Action Network den Staats- und Regierungschefs vor, die Sorgen der Bürger und Bürgerinnen vor dem Klimawandel zu ignorieren. „Vor allem Deutschland, das einmal ein Klimavorreiter war, verschließt die Augen vor dem Klimanotstand“, sagte Verbandsexperte Wendel Trio.

Ähnliche Kritik kam von Greenpeace, Global 2000 und den Grünen. Der dringende Appell der jungen Generation sei auf taube Ohren gestoßen, so die grüne Spitzenkandidatin für die EU-Wahl, Ska Keller.

Kurz kritisch zu französischer Klimainitiative

Auf dem Gipfel hatten Frankreich und acht weitere Länder versucht, Unterstützung für ehrgeizige neue Klimaziele zu finden. Bis 2050 soll die EU keine Klimagase mehr in die Atmosphäre blasen. Vertreter der „Fridays for Future“-Bewegung überreichten dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und anderen Gipfelteilnehmern in Sibiu einen offenen Brief mit ihren Forderungen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die französische Initiative zwar, schloss sich aber nicht an. Grund sei, dass die deutschen Klimaziele bis 2050 von der Zielsetzung der anderen Länder abwichen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich kritisch zur Initiative Frankreichs. Österreich erachte es als „vollkommen falsch“, auf Atomkraft zu setzen, so Kurz. Österreich sei dem Klimaschutz verpflichtet, setze aber auf erneuerbare Energie und nicht auf Atomkraft.

Juncker: Nicht vor Verantwortung davonlaufen

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker verlangte in Sibiu unverzügliches Handeln. Er begrüße den französischen Vorstoß zwar und stimme mit seinem Ziel überein. Die EU habe sich jedoch bereits ein Ziel für 2030 gesetzt. Die Europäer sollten sich auf unverzügliche und dringende Maßnahmen konzentrieren, sagte Juncker. Man dürfe nicht versuchen, vor der eigenen Verantwortung durch spätere Ziele davonzulaufen.

Bisher hat die EU international zugesagt, bis 2030 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase in die Luft zu blasen als 1990. Nach der Europawahl soll eine langfristige Strategie bis Mitte des Jahrhunderts beschlossen werden. Auch die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass die EU bis 2050 „klimaneutral“ wird – dasselbe Ziel wie Macron.

EU-Staaten wollen „vereint durch dick und dünn gehen“

Mit dem Gipfel zwei Wochen vor der Europawahl versuchten die EU-Staats- und -Regierungschefs, ein Zeichen der Geschlossenheit zu setzen. In einer gestern in Rumänien verabschiedeten Erklärung sicherten sie zu, sie wollten „vereint durch dick und dünn gehen“ – Differenzen gab es in Sibiu dennoch weiter genug.

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Beschlossen wurde in Sibiu jedenfalls, dass bereits kurz nach der EU-Wahl ein Sondergipfel über die schwierige Besetzung einer Reihe von europäischen Spitzenposten stattfinden soll.