Nigel Farage
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EU-Wahl

Farage treibt Torys und Labour vor sich her

In Großbritannien kommt frische Dynamik in den Wahlkampf für die EU-Wahl: Nachdem die neue Brexit-Partei des Brexit-Vorkämpfers Nigel Farage in den jüngsten Umfragen weit voran liegt, werben Torys und Labour nun offensiv um Stimmen bei der EU-Wahl.

Politiker beider Parteien riefen am Wochenende ihre Wähler dazu auf, der jeweiligen Partei ihre Stimme zu geben und sie so zu unterstützen, berichtet der „Guardian“. Es gehe bei der Wahl nicht darum, eine Regierung oder eine Premierministerin zu wählen, schreibt etwa der frühere Premierminister Tony Blair in einem Kommentar für „The Oberserver“, „es geht um die Stimme für einen Farage-Brexit oder dagegen.“

Laut der am Sonntag in der Zeitung „The Observer“ veröffentlichten Umfrage kommt Farage auf eine Zustimmung von 34 Prozent und damit mehr als die regierenden Torys von Premierministerin Theresa May und die oppositionelle Labour-Partei zusammen. Labour lag bei 21 Prozent. Die konservativen Torys kamen auf elf Prozent und waren damit noch hinter den proeuropäischen Liberaldemokraten mit zwölf Prozent. Zuletzt lagen sie noch auf Platz drei.

Wahlwerbeprospekt der Labour Partyund Stimmzettel
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Wegen des Brexit-Aufschubs müssen die Briten dennoch an der EU-Wahl teilnehmen

Mit Blick auf die kommende Parlamentswahl in Großbritannien sehen die Mehrheitsverhältnisse allerdings anders aus: In einer aktuellen Umfrage für den „Sunday Telegraph“ liegt Labour mit 28 Prozent vorne, gefolgt von den Torys mit 22 Prozent und Farages Partei mit 21 Prozent.

Farage verdoppelte Vorsprung auf Labour

Farages erst vor einem Monat gegründete Brexit Party verdoppelte damit innerhalb von zwei Wochen ihren Vorsprung auf die Labour-Partei. Deren Zustimmung war in der jüngsten Umfrage um sieben Prozentpunkte gesunken. Die Liberaldemokraten, die gegen einen EU-Austritt Großbritanniens sind, legten im Vergleich zur Umfrage vor zwei Wochen um fünf Prozent zu. Farage setzte sich als ehemaliger Chef der UKIP maßgeblich für den Brexit ein, als die britische Bevölkerung 2016 in einem Referendum mit knapper Mehrheit dafür votierte.

Schon bei den Kommunalwahlen Anfang Mai wurden die beiden Parteien für ihre Brexit-Politik von den Wählern deutlich abgestraft. Eigentlich hätte im Vereinigten Königreich gar keine EU-Wahl mehr stattfinden sollen, der Brexit war ursprünglich für Ende März geplant. Die Verzögerung des EU-Austritts mangels entsprechender Zustimmung und Einigung im britischen Parlament machen die Abhaltung der EU-Wahl jedoch nötig.

Konservative wollen Farage direkt angreifen

Innerhalb der Konservativen werden laut „Guardian“ Rufe laut, Farage und seine Parolen direkt anzugreifen statt ihn einfach werken zu lassen. Es sei Zeit, der Politik der Spaltung direkt zu begegnen, sagte der ehemalige Bildungsminister Nicky Morgan. „Es ist ein gefährlicher Weg für die Demokratie, und wir wissen, wo er endet – in einem tief gespaltenen und geschwächten Land.“ Wer die Gefahr erkenne, müsse sich zu jedem möglichen Zeitpunkt dagegen stellen.

Die britische Premierministerin Theresa May
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May steht wegen ihres umstrittenen Brexit-Kurses unter Druck

Der halbherzige Brexit-Kurs der Regierung diene niemandem, so die frühere konservative Bildungsministerin Justine Greening. Dass das nicht verstanden und weiterhin versucht werde, sich um harte Entscheidungen zu drücken, befeuere nur den Populismus. Die EU-Wahl werden das Patt im britischen Parlament allerdings nicht auflösen, so Greening, die sich ihrerseits für ein zweites Brexit-Referendum ausspricht.

Druck auf May wegen Rücktritts steigt

Parallel dazu steigt der Druck auf May, ihren Rücktritt einzureichen. May sei gebeten worden, am Mittwoch vor dem einflussreichen 1922-Komitee der Torys Klarheit über ihre Pläne für die Zukunft zu schaffen, sagte deren Vorsitzender Graham Brady am Samstag der BBC. Das Komitee ist für die Organisation der Wahl des Torys zuständig. May gilt bereits seit Mitte 2017 als angezählt, als sie bei einer kurzfristig anberaumten Wahl ihre Mehrheit im Unterhaus verlor. Seitdem regiert May mit Hilfe der nordirisch-protestantischen DUP (Democratic Unionist Party), die allerdings Mays Bemühungen, eine Mehrheit für das mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen zu bekommen, torpediert.

May versucht unterdessen zu vermitteln, dass ein Brexit-Deal noch möglich ist. Samstagabend hieß es aus Downing Street, dass die Gespräche zwischen den Konservativen und Labour Montagnachmittag weitergehen sollen. Dann will die Regierung mit der EU über mögliche Änderungen an dem bereits vereinbarten Deal reden – allfällige Änderungen hat Brüssel bis zuletzt aber immer klar ausgeschlossen.