Gebäude der US-Botschaft in Bagdad
Reuters/Lucas Jackson
Streit mit Iran

USA ziehen Personal aus Irak ab

Die US-Regierung hat mitten im Streit über das Atomabkommen mit dem Iran den Abzug aller nicht dringend benötigten amerikanischen Beamten aus dem Irak angeordnet. Die Betroffenen sollten möglichst rasch mit zivilen Verkehrsmitteln ausreisen, erklärte die US-Botschaft in Bagdad am Mittwoch.

Das US-Militär hatte zuvor seine Warnungen vor einer womöglich unmittelbaren Bedrohung von US-Soldaten im Irak durch vom Iran unterstützte Kräfte unterstrichen. Die US-Truppen im Irak seien in hohe Alarmbereitschaft versetzt worden, sagte ein US-Militärsprecher.

Damit widersprach das US-Militär dem britischen General Chris Ghika, der im US-geführten Einsatz gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) in der Region Dienst tut. Dieser hatte gesagt, die Bedrohung durch vom Iran unterstützte Kräfte im Irak und in Syrien sei nicht gestiegen.

USA berufen sich auf Geheimdienstinformationen

Die US-Botschaft in Bagdad sagte, dort und im Konsulat im nordirakischen Erbil werde das normale Visaservice vorübergehend ausgesetzt. „Die US-Regierung hat nur beschränkte Möglichkeiten, amerikanischen Bürgern im Irak in Notfällen zu Dienste zu stehen.“ Die Entscheidung zum Abzug der Beamten basiere auf der Einschätzung der Sicherheitslage, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Er wollte sich nicht dazu äußern, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen sind.

Ein US-Militärsprecher hatte zuvor gesagt, Geheimdienste der USA und ihrer Verbündeten hätten „glaubwürdige Bedrohungen“ durch vom Iran unterstützte Kräfte ausgemacht. Die Anordnung für das Botschaftspersonal bezieht sich laut „New York Times“ vor allem auf Vollzeitdiplomaten, die vom Außenministerium in Washington in den Irak entsandt worden seien. Wann über ihre Rückkehr in den Irak entschieden wird, ist unklar. Externe Mitarbeiter, die etwa für die Sicherheit und Lebensmittelversorgung an den beiden Standorten zuständig sind, sollen den Angaben zufolge vorerst im Einsatz bleiben.

Iran: Auf alle Szenarien vorbereitet

Zuletzt hatten sich die Spannungen zwischen den USA und dem Iran durch Anschläge auf Öltanker und Ölanlagen in der Golfregion verschärft, hinter denen der Iran oder seine Partner vermutet werden. Der Iran dementierte jedoch, mit den mysteriösen Anschlägen irgendetwas zu tun zu haben. US-Präsident Donald Trump ließ US-Kriegsschiffe und Bomber in die Region verlegen.

Der Iran warnte indes am Mittwoch die USA vor einer militärischen Auseinandersetzung. Einen weiteren Krieg im Nahen Osten könnten sich die Vereinigten Staaten nicht leisten, sagte ein hochrangiger iranischer Regierungsvertreter. Ein solcher Konflikt hätte „unvorstellbare Konsequenzen“, ergänzte er. Die Führung in Teheran wolle keinen Krieg, sei aber auf alle Szenarien vorbereitet, von „Konfrontation bis Diplomatie“.

US-Außenminister Mike Pompeo am Flughafen in Bagdad
AP/Mandel Ngan
US-Außenminister Mike Pompeo bei der Ankunft in Bagdad

Russland wirft USA „Provokation“ vor

Russland zeigte sich angesichts der wachsenden Spannungen besorgt. „Bisher nehmen wir wahr, dass die Spannungen bei diesem Thema weiter eskalieren“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch, einen Tag nach einem Treffen zwischen US-Außenminister Mike Pompeo und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Peskow warf Washington vor, Teheran zu „provozieren“.

Pompeo hatte am Dienstag gesagt, die USA strebten „grundsätzlich“ keinen Krieg mit dem Iran an. Peskow betonte jedoch, es habe keinerlei „Zusicherung“ von Pompeo gegeben. Moskau bedauere die Entscheidungen des Iran, aber Teheran habe sie nicht freiwillig getroffen, sondern auf den Druck durch die USA reagiert, sagte Peskow.

Pompeo droht mit Waffengewalt

Pompeo war erst vor einigen Tagen überraschend in den Irak gereist. Zuvor hatten US-Geheimdienste nach Informationen aus irakischen Sicherheitskreisen Hinweise erhalten, dass vom Iran unterstützte Schiitenmilizen Raketenwerfer in der Nähe von Stützpunkten in Stellung brachten, auf denen amerikanische Truppen stationiert sind.

Pompeo habe die irakische Generalität aufgefordert, die Milizen unter Kontrolle zu halten. Andernfalls würden die USA mit Waffengewalt reagieren. Die militärisch schlagkräftigen Schiitenmilizen hatten maßgeblich zum Sieg über den IS im Irak beigetragen. Sie weiten ihren Einfluss in dem Land aus und sind dort inzwischen Teil der Sicherheitskräfte, operieren aber recht eigenständig.

Iran setzt Atomvertrag aus

Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran verschärft sich. Teheran begründet die teilweise Aussetzung des Atomvertrags damit, dass sich andere Vertragspartner nicht an die Verpflichtungen halten würden.

Auch Irak sieht keine Bedrohung

Der irakische Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi sagte am Dienstag, sein Land habe keine Bewegungen beobachtet, die eine Bedrohung irgendeiner Seite darstellten. „Wir haben den Amerikanern gegenüber deutlich gemacht, dass die Regierung ihre Pflicht erfüllt, alle Beteiligten zu schützen.“ Sprecher zweier Schiitenmilizen sagten, sie hätten keine Pläne, US-Truppen anzugreifen. „Die amerikanischen Behauptungen sind grundlos. Sie erinnern an die große Lüge der Massenvernichtungswaffen im Irak“, sagte Laith al-Athari von der Gruppe Asaib Ahl al-Hak.

Die USA hatten 2003 Massenvernichtungswaffen als Begründung für den Einmarsch in den Irak genannt. Die USA haben derzeit etwa 5.200 Soldaten im Irak. Die Volksmobilisierungstruppen (PMF), als deren Teil sich die meisten Schiitenmilizen verstehen, zählen etwa 150.000 Mann.

Bagdad kauft russische Abwehrsysteme

Der Irak kündigte indes den Kauf russischer Luftabwehrsysteme des Typs S-400 an. Die Regierung in Bagdad habe die grundsätzliche Entscheidung getroffen, aber noch keinen genauen Zeitplan vorgelegt, so der irakische Botschafter in Moskau, Haidar Mansur Hadi. Er sagte das laut russischen Medienberichten am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Moskau.

Die S-400-Systeme sollen Ziele wie zum Beispiel Bomber und Raketen im Luftraum vernichten. Die Abwehranlagen sind vor allem in Russland stationiert. Zwei Divisionen hat Russland aber auch in Syrien zum Schutz seiner Militärbasen im Einsatz. Exportverträge gibt es auch mit China und Indien. Die USA hatten bereits die Türkei aufgefordert, auf diese russischen Waffensysteme zu verzichten. Die Türkei soll ihre vier Systeme für einen Gesamtpreis von 2,5 Milliarden US-Dollar (2,23 Mrd. Euro) im Sommer erhalten. Ein System hat zwölf Startanlagen mit je vier Raketen.

Iran setzt Teile des Atomabkommens aus

Exakt ein Jahr nach dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen hatte der Iran vergangene Woche die übrigen Partner Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China und Russland informiert, dass sich das Land künftig an einen Teil der Auflagen nicht mehr halten werde. Nach der Vereinbarung aus dem Jahr 2015 darf der Iran lediglich bis zu 300 Kilogramm niedrig angereichertes Uran und bis zu 130 Tonnen schweres Wasser produzieren.

Beide Beschränkungen erkenne das Land nun nicht mehr an, meldete die Agentur ISNA. Schweres Wasser kann in Atomreaktoren als Moderator eingesetzt werden, der bei der Spaltungskettenreaktion hilft. Mit diesen ersten Maßnahmen verstößt der Iran vermutlich noch nicht gegen das Atomabkommen. Sollten die anderen Vertragspartner die Wirtschaft des Landes allerdings binnen 60 Tagen nicht vor den Auswirkungen der neuen US-Sanktionen schützen, hat die Führung in Teheran damit gedroht, Uran künftig wieder zu einem höheren Grad anzureichern.

Nach dem Atomabkommen darf der Iran Uran nur auf bis zu 3,67 Prozent anreichern, während zum Bau von Atomwaffen eine Anreicherung auf 90 Prozent nötig ist. Vor der Vereinbarung hatte der Iran Uran auf 20 Prozent angereichert. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bescheinigte dem Land in den vergangenen Jahren stets, seine Auflagen aus dem Atomabkommen zu erfüllen.