Asylwerber in Betreuungsstelle Ost in Traiskirchen
ORF.at/Roland Winkler
Neuregelung

Flüchtlingsbetreuung obliegt nun dem Staat

Am heimischen Asylwesen wird geschraubt, die Betreuung von Flüchtlingen wird wieder verstaatlicht. Das hat der Nationalrat am Donnerstag mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen. Die Opposition befürchtet eine Einschränkung der Flüchtlingsrechte, die Regierungsparteien sprechen von einem Schlag gegen die „Asylindustrie“.

Waren bisher hauptsächlich Profitunternehmen wie ORS sowie NGOs wie Caritas und Diakonie im Auftrag des Bundes tätig, übernimmt dieser nun selbst Unterbringung und Verköstigung, aber auch Rechts- und Rückkehrberatung. Der Übergang erfolgt schrittweise. Bereits ab Mitte 2020 werden die Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge von der auf Gemeinnützigkeit ausgelegten Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU) betrieben.

Ab Anfang 2021 wird dann auch die Rechts- und Rückkehrberatung für Asylwerberinnen und Asylwerber (sowie Dolmetschdienste) ausschließlich von dieser durchgeführt. Ziel der Novelle sind insbesondere mehr Kosteneffizienz, eine Reduzierung der Abhängigkeit von externen Leistungserbringern sowie Qualitätssicherung.

Beschränkte Rechtsberatung

Vorgesehen sind Einschränkungen beim Rechtsanspruch auf Rechtsberatung: So wird etwa Fremden, die zum Zweck einer Abschiebung festgenommen werden, nur noch nach Maßgabe vorhandener Kapazitäten unentgeltliche Rechtsauskunft erteilt. Die Durchführung der Rechtsberatung ist dann ausdrücklich nur noch durch die Agentur zulässig.

Innenminister Herbert Kickl
APA/Roland Schlager
Kickl will, dass in Österreich künftig gar keine Asylanträge mehr gestellt werden können

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sprach in der Debatte von der hohen Erwartungshaltung der Bevölkerung bezüglich einer restriktiven Asylpolitik. Für ihn sei dies „das Maß der Dinge und mein politischer Auftrag“. Erneut betonte er, die Asylwerberzahlen radikal senken zu wollen: „Mein Ziel ist die Nulllinie, weil Österreich nur von sicheren Drittstaaten umgeben ist.“

Kickl: „Die Richtung stimmt“

In der vorher abgehaltenen „Fragestunde“ des Nationalrats zeigte sich Kickl zufrieden mit der Entwicklung bei Asylanträgen: „Die Richtung stimmt, wir sind im Sinkflug unterwegs.“ Dennoch sieht er „enorme“ Herausforderungen am Balkan: Es gebe eine undichte Stelle in Griechenland, lasse die dortige Regierung doch Flüchtlinge von den Inseln aufs Festland. Verärgert zeigte sich der Minister auch über die Kritik der UNO am österreichischen Asylwesen. Der Bericht könne fast von einer NGO geschrieben worden sein, befand der Innenminister: „So tendenziös ist das.“

Mit der jetzigen Neuregelung mache man sich jedenfalls von gewinnorientierten externen Dienstleistern und auch den Geschäftsinteressen der NGOs unabhängig und stelle das Asylsystem auf neue krisenfeste Beine. Applaus spendete auch ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer. Er sah das Prinzip Rechtsstaatlichkeit, aber auch internationale Vorgaben in dem Entwurf berücksichtigt. Es werde für alle schnellere und fairere Verfahren geben.

Opposition kann keine Verbesserung erkennen

Gänzlich anderer Meinung war die Opposition. „Es ist keine Verbesserung in meinen Augen. Sie zerstören ein gut funktionierendes System“, sagte etwa Angela Lueger (SPÖ). Den Einsparungserwartungen der Regierung schenkte sie keinen Glauben, NGOs würden ausgeschaltet und die Rechte der Flüchtlinge eingeschränkt, kritisierte sie. Zudem sei zuletzt noch eine Bestimmung in den Entwurf hineingeschummelt worden, wonach die bisherigen Rechtsberater all ihre Unterlagen abzugeben hätten.

Für NEOS prophezeite Stephanie Krisper, dass das neue System nicht nur teurer, sondern auch in der Qualität schlechter werde. Die wichtigen Punkte, nämlich die notwendige Verbesserung beim Dolmetschen und Rechtsberatung, würden nicht angegangen. „Ihnen, Herr Innenminister, ist das egal. Sie machen das Ganze noch schlimmer“, warnte sie.

Alfred Noll (Jetzt) räumte ein, dass die Grundversorgung als staatliche Aufgabe grundsätzlich der richtige Weg wäre. Allerdings sei die Agentur zu klein dimensioniert. Inhaltlich stelle sich außerdem das Problem, dass Rechtsberater im Gesetz zu Rechtsvertretern würden. Eine Vorgehensweise ausschließlich im Interesse des Betroffenen sei damit nicht mehr gewährleistet.