Justizminister Josef Moser
ORF.at/Peter Pfeiffer
Moser über Pilnacek

„Kein Grund für Suspendierung“

Zwar würden alle Vorwürfe zur Causa Eurofighter erst geprüft, doch ÖVP-Justizminister Josef Moser hat sich am Donnerstag hinter seinen Generalsekretär Christian Pilnacek gestellt. Dieser war zuvor wegen einer Anzeige der Korruptionsstaatsanwaltschaft unter Beschuss geraten. „Es gibt derzeit keinen Grund für eine Suspendierung“, wies Moser entsprechende Forderungen der Oppositionsparteien zurück.

Ein „Abdrehen“ des Eurofighter-Verfahrens schloss er aus. Moser bestätigte, dass es eine Dienstbesprechung gegeben habe, bei der die Emotionen hochgegangen sein dürften. Es habe eine Besprechung stattgefunden, bei der es um Personalressourcen und die Medienarbeit gegangen sei. Es seien bestimmte Aussagen gefallen, so Moser. „Emotionen“ seien aber fehl am Platz, betonte der Minister. Pilnacek habe sich nach einem Gespräch mit dem Minister auch dafür entschuldigt.

Das Gesprächsprotokoll dazu sei den Betroffenen allerdings nicht zur Kenntnis gebracht, sondern – entgegen der Praxis – einfach nur weitergeleitet worden, berichtete der Minister. Es stehe „Aussage gegen Aussage“. Zudem dürfte während der Sitzung und ohne Wissen der Beteiligten eine „Tonbandaufnahme im Geheimen“ durchgeführt worden sein. Pilnacek sei international geachtet und habe gute Arbeitsleistung erbracht, eine Suspendierung wäre nicht gerechtfertigt.

„Verfahren weiterführen“

Im Interview mit Ö1 verdeutlichte Moser zu Mittag, dass die „strafrechtlichen Elemente“ geprüft würden. Er sprach etwaige Dienst- und disziplinarrechtliche Maßnahmen an, doch sehe er „keinen Grund, der in irgendeiner Art und Weise eine Suspendierung rechtfertigen würde“ – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Der Generalsekretär im Justizministerium, Christian Pilnacek
ORF.at/Roland Winkler
Pilnacek selbst äußerte sich am Donnerstag nur knapp zu den Vorwürfen

Dass das Ministerium Interesse am vorzeitigen Ende der Eurofighter-Ermittlungen haben könnte, schloss Moser aus. Im Gegenteil: „Es wird in jedem Fall alles unternommen, um das Verfahren weiterzuführen.“ Damit würde er auch seine Arbeit als Präsident des Rechnungshofs konterkarieren, der ebenfalls Prüfungen zur Causa vorgenommen hat.

Die Anzeige der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beruht laut Berichten von Ö1 und Addendum auf einem Protokoll einer Dienstbesprechung vom 1. April, bei der Pilnacek gesagt haben soll, dass man beim Eurofighter-Verfahren aus verfahrensökonomischen Gründen einen „Cut“ – also einen Schnitt – ziehen müsse. „Ich mach ein Auge zu, und wir stellen irgendwelche Dinge ein“, wird der Generalsekretär zitiert. Und er soll auch gemeint haben, man hätte die Einstellungen schon vor Jahren vornehmen sollen: „Setzts euch z’samm und daschlogts es, aber das hättet ihr vor drei Jahren machen können.“

Pilnacek: „Augenzudrücken“ – nur für Verfahrensteile

Pilnacek, der schon seit vielen Jahren ein mächtiger Mann im Justizressort ist, und die WKStA gerieten zuletzt auch in der BVT-Affäre aneinander. WKStA hatte in Eigenregie die umstrittene und letztlich rechtswidrige Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz veranlasst und wurde deswegen von Pilnacek an die Kandare genommen. Sie muss seitdem geplante Hausdurchsuchungen drei Tage vorher an die Oberbehörde melden.

Pilnacek äußerte sich am Donnerstag zur aktuellen Causa nur knapp. Die Vorwürfe seien aus dem Zusammenhang gerissen, sagte der Generalsekretär, er habe das Verfahren nie abdrehen wollen. „Mein Bestreben war es, dass man nicht das Verfahren völlig neu beginnt, sondern auf dieser Ermittlungsstrategie der Staatsanwaltschaft Wien aufbaut“, so Pilnacek im Interview mit der ZIB. Das „Augenzudrücken“ habe sich nur auf „Verfahrensteile“ bezogen. Es habe auch „nicht einmal den Funken eines politischen Drucks“ gegeben, sagte der Generalsekretär. Er räumte aber „Emotionalität“ ein, „die man sicher vermeiden hätte müssen“.

Staatsanwälte zeigen Pilnacek an

Hochrangige Justizbeamte, darunter Pilnacek, wurden von eigenen Kollegen angezeigt. Grund ist der Verdacht der Anstiftung zum Amtsmissbrauch in der Causa Eurofighter.

Opposition mit klaren Worten

Die Opposition griff die Angelegenheit auf und sprach von einem Justizskandal. SPÖ, NEOS und Jetzt verlangten Pilnaceks Suspendierung. „Das ist ein Skandal von ungeheuren Ausmaßen“, so SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim und der SPÖ-Fraktionsführer im Eurofighter-U-Ausschuss, Rudolf Plessl. Die SPÖ warf der Regierung von ÖVP und FPÖ vor, die Aufdeckung des Eurofighter-Falls verhindern zu wollen.

Der ehemalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) fühlte sich im Ö1-Mittagsjournal an eine „Bananenrepublik“ erinnert. Im Zuge der Recherchen auf Basis des Sitzungsprotokolls hatten sich Staatsanwälte erstaunt gezeigt, dass nach einer Anzeige Doskozils zwei Jahre wegen Betrugsverdachts gegen Airbus/EADS ermittelt wurde.

Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ)
APA/Herbert Neubauer
Doskozil fühlt sich an Zustände nahe einer „Bananenrepublik“ erinnert

Anscheinend habe niemand dem Minister sagen wollen, dass kein Anfangsverdacht bestanden habe, so ein Oberstaatsanwalt laut Sitzungsprotokoll. „Das lässt mich an einer unabhängigen Justiz zweifeln“, reagierte Doskozil am Donnerstag auf diese Aussagen im Ö1-Interview. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda sieht den Verdacht bestätigt, „dass es in der Causa Eurofighter eine Abmachung zwischen Airbus und Bundeskanzler Kurz (Sebastian, ÖVP, Anm.) gibt“.

ÖVP fordert lückenlose Aufklärung

Fassungslos zeigten sich Stephanie Krisper von NEOS und ihr Parteikollege Michael Bernhard, der für NEOS im Eurofighter-Untersuchungsausschuss sitzt. Auch Listengründer Peter Pilz (Jetzt) verlangte die Suspendierung des Generalsekretärs. „Pilnacek darf nicht die Gelegenheit erhalten, jetzt Spuren zu verwischen.“ Zurückhaltender reagierte die ÖVP, die die lückenlose Aufklärung der Vorwürfe forderte.

Die Präsidentin der Staatsanwältevereinigung, Cornelia Koller, zeigte sich gegenüber Ö1 wenig erfreut über die Veröffentlichungen. Koller betonte aber gegenüber ORF.at, ihr sei die Aufklärung des Sachverhalts wichtig. Sie gehe davon aus, „dass die Staatsanwaltschaft die Amtsmissbrauchsvorwürfe nun in Ruhe aufklären kann“.

Opposition für Suspendierung Pilnaceks

Angesichts der bekanntgewordenen Anzeigen ist sich die Opposition einig. Sie fordert geschlossen die Suspendierung Pilnaceks.

Pilz erhebt weitere Vorwürfe

Pilz warf Pilnacek zusätzlich vor, eine Weisung, wonach Eurofighter-Aktenteile zum Schutz der nationalen Sicherheit geheim zu halten sind, an Medien weitergeleitet und damit das Amtsgeheimnis gebrochen zu haben. Dieser gleiche Vorwurf hatte Anfang des Jahres dazu geführt, dass der jahrelang für die Eurofighter-Causa zuständige Staatsanwalt Michael Radasztics angezeigt und vom Fall abgezogen wurde.

Stephanie Krisper (NEOS) und Peter Pilz (JETZT)
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NEOS-Mandatarin Krisper (li.) und Pilz fordern eine Suspendierung Pilnaceks

Gegen Pilz setzt sich Pilnacek nun gerichtlich zur Wehr. Die Anwaltskanzlei Böhmdorfer Schender hat im Auftrag des Generalsekretärs eine Sachverhaltsdarstellung wegen Verdachts der Verleumdung eingebracht, gab Rechtsanwalt und Ex-FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer Donnerstag per Mail bekannt.

Das Verfahren wurde eben an die WKStA abgegeben. Anzumerken ist, dass Radasztics auch nicht unumstritten war, weil er zehn Jahre lang erfolglos an der Causa dran war. Die WKStA soll bei besagter Dienstbesprechung mehr Personal gefordert haben, um die Eurofighter-Ermittlungen voranzutreiben. Das soll Pilnacek aber mit den oben zitierten Sätzen abgelehnt haben.