May wendet Revolte vorerst ab, doch Johnson steht schon parat

Die angedrohte Parteirevolte gegen die britische Premierministerin Theresa May bleibt vorerst aus. Das einflussreiche 1922-Komitee der Konservativen Partei setzt seine Drohung, ein neues Misstrauensvotum gegen May durchzusetzen, nicht um. Das ging aus einer Einigung mit May nach einem Gespräch heute hervor.

Gleichzeitig bekräftigte einer der schärfsten Kritiker Mays, Ex-Außenminister Boris Johnson, dass er sich um ihr Amt bewerben wolle. Formal geht es um den Parteivorsitz, aber die Chefs der Regierungsparteien werden nach den britischen Gepflogenheiten immer auch Regierungschefs.

Johnson wird sich „natürlich bewerben“

„Natürlich werde ich mich bewerben“, sagte Johnson, der sich wochenlang zurückgehalten hatte, heute am Rande einer Rede in Manchester. „Das dürfte kein Geheimnis sein.“ Die Regierung sei in den Brexit-Verhandlungen mit Brüssel nicht sehr dynamisch gewesen. Er habe große Lust, „dem Land auf den richtigen Weg zu helfen“. Neben ihm haben schon zahlreiche andere Politiker der Konservativen Partei ihr Interesse bekundet.

Das 1922-Komitee hatte vor dem Gespräch mit May einen klaren Zeitplan für ihren Rücktritt verlangt. Nun hieß es, man werde sich nach der Anfang Juni geplanten Abstimmung über das Gesetz zur Umsetzung des Brexit-Abkommens erneut treffen, „damit wir uns auf einen Zeitplan zur Wahl eines neuen Chefs der Konservativen Partei einigen“, wie der Vorsitzende des Gremiums, Sir Graham Brady, mitteilte.

Ringen um die Zukunft

Mitglieder des 1922-Gremiums hatten angesichts des schlechten Ansehens Mays mit einem neuen parteiinternen Misstrauensvotum gedroht. Dafür müssten die Parteiregeln geändert werden, was in der Befugnis des Gremiums liegt. Sie erlauben bisher pro Jahr nur ein Misstrauensvotum. Da May eine Abstimmung am 12. Dezember 2018 gewonnen hatte, ist sie eigentlich bis Dezember 2019 unantastbar.

May hatte aber selbst einen Rücktritt in Aussicht gestellt, sobald das Parlament ihrem Brexit-Abkommen zustimmt. Mit einem politischen Schachzug will sie es nach den drei Niederlagen in der ersten Juni-Woche erneut versuchen. Dann sollen die Parlamentarier nicht über das Abkommen selbst, sondern über das Gesetz zur Umsetzung des Abkommens abstimmen. May hofft dabei auf Unterstützung der Labour-Opposition, aber die Verhandlungen über gegenseitige Zugeständnisse stocken.