Iranische Revolutionsgarde
Reuters/Fars News
USA-Iran-Konflikt

Gegner bringen sich in Stellung

Die Zeichen im Atomstreit zwischen den USA und dem schiitischen Iran stehen trotzt aller Dementis auf Sturm, womöglich auch in Form eines Stellvertreterkrieges, wie jetzt etwa der britische „Guardian“ warnte. Laut der Zeitung gab es ein hochrangiges Treffen zwischen iranischen Militärs und irakischen Schiitenmilizen in Bagdad.

Den Milizen soll dabei gesagt worden sein, sie sollten sich für eine Stellvertreterkrieg rüsten, so der „Guardian“ mit Verweis auf zwei hochrangige, nicht näher bezeichnete Geheimdienstquellen. An dem Treffen soll auch Kassem Soleimani teilgenommen haben. Soleimani ist Chef der iranischen Al-Kuds-Einheit, einer Division der iranischen Revolutionsgarden, die Spezialeinsätze außerhalb des Iran durchführt.

Das Treffen soll laut den Angaben vor drei Wochen stattgefunden haben. Soleimani trifft sich zwar regelmäßig mit unterschiedlichen schiitischen Gruppierungen im Irak, doch laut den Quellen des „Guardian“ soll der Ton diesmal anders gewesen sein. Es sei zwar kein Ruf zu den Waffen gewesen, aber nahe daran, zitierte die Zeitung eine ihrer Geheimdienstquellen.

Iranische Soldaten
Reuters/Caren Firouz
Iranische Soldaten bei einer Militärparade

Teilnehmer soll geplaudert haben

Über einen besorgten iranischen Teilnehmer an dem Treffen soll die Information schließlich zu den US-Geheimdiensten gelangt sein. Diese hätten dann die nötigen Warnungen herausgegeben, so der „Guardian“ weiter.

Die USA bezeichneten vom Iran „finanzierte Milizen und Terrorgruppen“ als Gefahr für ihr militärisches Personal in der Region. Die US-Truppen im iranischen Nachbarland Irak wurden in hohe Alarmbereitschaft versetzt. Das nicht benötigte diplomatische Personal wurde aus dem Irak abgezogen. US-Präsident Donald Trump hatte bereits zuvor US-Kriegsschiffe und Bomber in die Region verlegen lassen.

Kehrtwende in Großbritannien

Der US-Verbündete Großbritannien stufte einem Fernsehbericht zufolge ebenfalls die Bedrohungslage für seine Bürgerinnen und Bürger in der Region hoch. Für britische Soldaten und Diplomaten im Irak gelte ein erhöhtes Sicherheitsrisiko, meldete der Sender Sky News am Donnerstag. Für britische Staatsangehörige in Saudi-Arabien, Kuwait und Katar bestehe ebenfalls eine erhöhte Bedrohungslage.

Der britischen General Chris Ghika, der im US-geführten Einsatz gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) in der Region Dienst tut, hatte zuvor hingegen gesagt, die Bedrohung durch vom Iran unterstützte Kräfte im Irak und in Syrien sei nicht gestiegen.

Der Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“
APA/AFP/US-Navy
Die „Abraham Lincoln“ durchquert den Sueskanal

Experte: Propagandamaschinerie wie vor US-Irak-Einmarsch

Für den auf den Iran spezialisierten Rechts- und Wirtschaftsexperten Stephan Denk ist die Situation an Ort und Stelle sehr bedrohlich. „Es ist schon eine berechtigte Sorge, dass das ganze in Richtung Eskalation läuft“, sagte er am Donnerstag in einem Telefongespräch mit der APA. Sein Kollege Farid Sigari-Madschd erkennt in der Verschärfung der Sicherheitsauflagen und der Rhetorik eine „ganz klare Sprache“.

Soldatin an Deck der „USS Abraham Lincoln“ beim Durchqueren des Suez-Kanals
AP/US-Navy/Dan Snow
Der US-Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“, hier im Sueskanal, wurde von Trump bereits zuvor in den Persischen Golf beordert

„Die Situation erinnert erstaunlich an das Anlaufen der Propagandamaschinerie vor dem Einmarsch der Amerikaner in den Irak“, so Sigari-Madschd. Da unterschiedlichste politische Akteure in die Situation verstrickt seien, reiche ein Funke, um das ganze Pulverfass zum Explodieren zu bringen.

Konflikt zieht zahlreiche Staaten mit

Die regionale Großmacht Iran, die um die Vorherrschaft in dem Gebiet in Konkurrenz mit der Türkei und Saudi-Arabien steht, ist offiziell und durch von ihr finanzierte Milizen in mehreren Ländern der Region tätig. So zählt die deutsche Wochenzeitung „Zeit“ den Irak, Syrien, Libyen, den Libanon, Gaza und Jemen auf. Bei allen „Failed States“ und Unsicherheiten in der Region gilt der Iran innenpolitisch als stabil. Die Islamische Republik geht allerdings davon aus, dass die USA einen Machtwechsel wollen.

Karte vom Iran
Grafik: Map Resources/ORF.at

Für die USA ist der Nahe Osten geopolitisch eine wichtige Einflusssphäre. Mit Saudi-Arabien und Israel ist die Region Heimat zweier wichtiger US-Verbündeter. In zahlreichen Staaten rund um den Iran sind US-Truppen stationiert: etwa in Kuwait, dem Irak, der Türkei und Afghanistan.

Iran erhöht Druck auf Vertragspartner

Trump hatte im vergangenen Jahr das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt und neue Sanktionen verhängt, um ein strengeres Entgegenkommen der Islamischen Republik zu erzwingen. Mit dem angekündigten Teilrückzug des Iran aus dem Atomabkommen und dem 60-Tage-Ultimatum sollen die noch verbliebenen Partner Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China und Russland unter Druck gesetzt werden.

Neben anderem geht es dem Iran auch um ein Wiedererstarken der darniederliegenden Wirtschaft – deshalb sollen die verbliebenen Vertragspartner die US-Sanktionen umgehen und Geschäfte mit der Islamischen Republik machen. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif forderte am Freitag denn auch bei einem Besuch in Peking von den noch verbliebenen Vertragsstaaten „konkrete Taten“ zur Rettung des Atomabkommens. Sie müssten „dafür sorgen, dass die Iraner von den Vorteilen profitieren“, sagte Sarif am Freitag in Peking.

Trump: Kein Krieg mit Aber

Trump will Insidern zufolge keinen Krieg mit dem Iran. Er habe seinem nationalen Sicherheitsteam und Beratern gesagt, dass er eine Eskalation in dem Konflikt mit dem Iran hin zu einer militärischen Auseinandersetzung vermeiden wolle, sagten US-Regierungsvertreter.

„Er will nicht in den Krieg ziehen. So ist er nicht“, sagte einer von ihnen. Trump habe aber ebenfalls klargemacht, dass er die Interessen der USA in der Region wahren werde. Trump selbst sagte am Donnerstag auf die Frage von Journalisten, ob die USA in einen Krieg mit dem Iran ziehen würden: „Hoffe nicht.“

120.000 frische US-Soldaten in die Region?

In der US-Regierung werden einem Medienbericht zufolge hingegen mehrere militärische Optionen diskutiert für den Fall, dass der Iran amerikanische Streitkräfte angreifen oder die Arbeit an Atomwaffen vorantreiben sollte. Einer der möglichen Pläne sehe vor, 120.000 Soldaten und Soldatinnen in den Nahen Osten zu entsenden, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf Regierungsvertreter.

Der Iran bemühte sich am Donnerstag offiziell, eine weitere Zuspitzung zu vermeiden. Sein Land übe maximale Zurückhaltung, obwohl die USA vor einem Jahr aus dem Atomabkommen ausgestiegen seien, sagte Außenminister Sarif am Donnerstag in Tokio. Sarif schloss allerdings einen Dialog mit den USA aus. „Nein, es gibt keine Möglichkeit für Verhandlungen“, sagte Sarif. Er war gefragt worden, ob er offen für bilaterale Gespräche mit Washington sei, um die Spannungen abzubauen. „Die Eskalation durch die USA ist inakzeptabel“, so Sarif am Donnerstag.

Mysteriöse Sabotageakte

Teheran warnte am Mittwoch die USA vor einer militärischen Auseinandersetzung. Einen weiteren Krieg im Nahen Osten könnten sich die Vereinigten Staaten nicht leisten, sagte ein hochrangiger iranischer Regierungsvertreter. Ein solcher Konflikt hätte „unvorstellbare Konsequenzen“, ergänzte er. Die Führung in Teheran wolle keinen Krieg, sei aber auf alle Szenarien vorbereitet, von „Konfrontation bis Diplomatie“.

Zuletzt hatte sich der Konflikt zwischen den USA und dem Iran durch Sabotageattacken auf Öltanker und Angriffe auf Ölanlagen in der Golfregion verschärft, hinter denen der Iran oder mit ihm Verbündete vermutet werden. Der Iran dementierte jede Beteiligung an den Sabotageakten und forderte eine Untersuchung.