Herbert Kickl
APA/Roland Schlager
Nach Strache-Aus

Kickl sagt der ÖVP den Kampf an

Der Rücktritt von Heinz-Christian Strache führt zu einem Machtkampf innerhalb der FPÖ. Dem Vernehmen nach haben bereits vier Männer Anspruch auf die Obmannschaft erhoben. Darunter sollen Verkehrsminister Norbert Hofer, der oberösterreichische Obmann Manfred Haimbuchner und Innenminister Herbert Kickl sein. Letzterer sagt der ÖVP und Kanzler Sebastian Kurz den Kampf an.

Hofer – er übernahm von Strache interimistisch die Parteiführung – hat auf dem Weg zur Gremiensitzung am Sonntag bereits ein Werbevideo in eigener Sache via Facebook online gestellt. Die ÖVP habe einen Rücktritt Kickls gefordert, das habe er „nicht akzeptieren können“, so Hofer. Schließlich habe Kickl „darauf geachtet, dass es keine unkontrollierte Zuwanderung gibt“.

Am Nachmittag meldete sich dann Kickl selbst zu Wort – Gerüchten zufolge ist ja eine Interimslösung mit Hofer und ein späterer Wechsel zu Kickl möglich. Eine Trennung der Positionen Parteichef und Spitzenkandidat für die Nationalratswahl soll auch im Gespräch sein. In einem ausführlichen Facebook-Posting schoss er massiv gegen Kurz.

Norbert Hofer, Heinz Christian Strache und Herbert Kickl, 06. Dezember 2016
APA/Georg Hochmuth
Hofer, Strache, Kickl (2016) – alle drei scheinen noch bestimmte Ambitionen zu haben, wenn auch auf verschiedenen Ebenen

Kurz „geht es nur um die Macht“

Kurz gehe es nicht um Österreich, sondern „nur um die Macht“, wie Kickl schreibt. Das auf Ibiza geführte Gespräch sei „katastrophal und unverantwortlich“. Aber es sei lediglich ein Gespräch von „zwei Beteiligten und keines der Partei“. Darum sei mit Kurz auch festgelegt worden, dass mit deren Rücktritt auch die Regierungsarbeit fortgesetzt werden könne – es habe „Einigkeit in der Koalition“ geherrscht.

Doch, so Kickl weiter, „verfolgte (die ÖVP, Anm.) insgeheim ein anderes, ihr wahres Ziel. Sie wollte meinen Rückzug als Innenminister erzwingen. Das bedeutet: Weiter regieren, aber ohne die FPÖ im Innenressort.“ Der Innenminister weiter: „Ich sollte laut Forderungen der ÖVP, die erst im Verlauf des Samstags gestellt wurden, in ein anderes Ressort verschoben werden, um das Innenministerium für EINE BESETZUNG DURCH DIE ÖVP frei zu machen.“

„Der Kuhhandel wurde abgelehnt“

Durch dieses „von der ÖVP in den Nachmittagsstunden aufgebaute Druckszenario“ sei es schließlich auch zur ständigen Verschiebung der Kurz-Erklärung gekommen. Doch: „Die FPÖ hat nicht nachgegeben. Der Kuhhandel wurde abgelehnt“, so Kickl.

Das blaue Innenministerium sei der ÖVP „schon länger ein Dorn im Auge" gewesen. Inhaltlich vor allem wegen der klaren und konsequenten Linie in Sachen Asyl- und Zuwanderungspolitik in Österreich und auf europäischer Ebene“, so Kickls Fazit.

PK von Heinz Christian Strache
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Strache während seiner Rücktrittserklärung – flankiert von der blauen Ministerriege

Kurz habe mit der geforderten Übergabe des Innenministeriums aber nicht nur die inhaltliche Kontrolle über die Asyl- und Migrationspolitik, sondern auch seinen parteipolitisch-strategischen Fehler aus den Regierungsverhandlungen, „die schwarze Machtdrehscheibe Innenministerium mit allen personellen Handlungsoptionen aus den Händen zu geben“, kompensieren wollen. „Die Alt-ÖVP hat ihm den Verlust dieses schwarzen Machtnetzwerkes nie verziehen“, so Kickl.

Kickl und Hofer im Wahlkampfmodus

„Die ÖVP ist seit gestern im Wahlkampf und ihre Farbe ist wieder das altbekannte Schwarz – nicht mehr das abgeblätterte Türkis. Wir sind für diese Auseinandersetzung gerüstet. Und wir halten den Kurs, für den wir Freiheitliche schon bisher hauptverantwortlich waren – jetzt erst recht!“, zeigte sich der Minister schon im Wahlkampfmodus.

Gleichsam Hofer: „Ich werde alles tun, damit diese FPÖ eine starke Partei bleibt, egal, ob in der Regierung oder in der Opposition“, so der Minister in dem rund eineinhalb Minuten langen Statement, das er laut eigenen Angaben im Auto auf dem Weg zu den freiheitlichen Gremiensitzungen aufgenommen hat. Diese Sitzung findet im Geheimen statt, Details waren am Sonntag nicht zu erfahren.

Nur so viel: Die Gespräche sollen äußerst konsensual verlaufen, wie der APA in Parteikreisen vermittelt wurde. Von einem Machtkampf könne keine Rede sein. Im Gegenteil stehe außer Frage, dass Hofer als Parteivize die Funktion des Obmanns bis auf Weiteres führen werde. Die Entscheidung über die künftige Parteiführung dürfte vorerst noch nicht fallen.

Haimbuchner will sich stärker einbringen

Man kann aber davon ausgehen, dass dort nicht nur Freundlichkeiten ausgetauscht werden. So hat der oberösterreichische Landeschef und Landeshauptmann-Stellvertreter Haimbuchner bereits am Samstag scharfe Kritik geübt. Er bezeichnete das „Ibiza-Video“ als „ungustiös und desaströs“ und kündigte an, sich in Wien stärker einbringen zu wollen. „Ich denke, das ist notwendig“, so Haimbuchner.

Strache auf Facebook: „Jetzt erst recht!“

Für Verwirrung sorgte eine WhatsApp-Nachricht Straches an freiheitliche Spitzenfunktionäre vom Samstagabend, in der er schrieb, dass der Wiener Vorstand einstimmig auf seinen Verbleib als Landesparteiobmann bestehe. Eigentlich hat Strache seinen Abgang angekündigt. In der Wiener Partei wollte man seinen Abgang nicht fix bestätigen und verwies auf die Gremien – mehr dazu in wien.ORF.at.

Für die mächtige Wiener Landesgruppe ist der „Ibiza-Skandal“ ein besonderes Fiasko. Sie verliert mit Strache und Johann Gudenus gleich zwei Führungspersonen. Am Sonntagabend gab sich Strache via Facebook weiter kämpferisch: „Jetzt erst recht!“, hieß es in einem Posting.

Zwischen Strache und Haimbuchner, der in Oberösterreich in einer Regierung mit der ÖVP ist, war es während der Regierungsbildung in Wien Ende 2017 zu einem Bruch gekommen, weil Haimbuchner nicht für das Team für die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP nominiert wurde. Entsprechend gab es während der Regierungszeit immer wieder Querschüsse aus Oberösterreich. Ganz anders positionierte sich am Samstag die niederösterreichische Partei unter Udo Landbauer, der in der Liederbuch-Affäre von Strache gestützt wurde. Er schoss sich auf Kurz ein und warf diesem Erpressung vor.