Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
APA/Herbert Neubauer
Regierungskrise

Kurz hält an Kickl-Entlassung fest

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Montagabend angekündigt, Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Entlassung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorzuschlagen. Daraufhin kündigten alle FPÖ-Ministerinnen und -Minister – wie erwartet – an, die Regierung zu verlassen. Auch Kickl will sich wehren.

Die freiheitlichen Regierungsmitglieder sollen, wie Kurz in einer Pressekonferenz erklärte, von Experten bzw. Spitzenbeamten ersetzt werden. Laut Kurz ist die Vorgangsweise der Übergangsregierung bis zu den vorgezogenen Nationalratswahlen mit Van der Bellen abgesprochen. Auch der neue FPÖ-Chef Norbert Hofer sei telefonisch informiert worden, so Kurz nach seinem Gespräch mit Innenminister Kickl. Die Regierungsumbildung sei das einzig Richtige, um Stabilität im Land gewährleisten zu können. Ohnehin sei bereits international großer Schaden am Ansehen des Landes entstanden.

Der Regierungschef hätte es richtig gefunden, hätte Kickl das Amt von sich aus geräumt, um die Aufklärung der Vorwürfe um illegale Parteienfinanzierung bei den Freiheitlichen zu ermöglichen. Dass er mit der FPÖ in dem Fall weiter regiert hätte, wollte Kurz nicht bestätigen. Kickls entsprechende Darstellungen stimmten „so definitiv nicht“.

Kurz: FPÖ realisiert „Dimension des Skandals“ nicht

Überhaupt wiederholte der ÖVP-Obmann seine Einschätzung, dass die FPÖ die Dimension des Skandals nicht realisiere. Auch die nötige Sensibilität in der Situation vermisste Kurz. An sich wäre er ja zur inhaltlichen Regierungsarbeit zu 100 Prozent gestanden. Einige Personen hätten sich aber als nicht regierungsfähig erwiesen.

Kurz für Kickl-Entlassung

Kanzler Kurz hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Entlassung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorgeschlagen. Sollten auch die anderen FPÖ-Minister zurücktreten, würden diese durch Fachleute ersetzt, so Kurz.

Ob die anderen Parteien auf einen Misstrauensantrag gegen die um Experten angereicherte VP-Regierung verzichten, wollte Kurz nicht beurteilen. Er habe mit den anderen Parlamentsparteien jedenfalls bereits Gespräche geführt bzw. werde das noch tun. Gleich gehe der Bundespräsident vor. Innenminister Kickl schloss indes ein Misstrauensvotum gegen Kurz nicht aus. „Der Hausverstand sagt einem, dass es relativ schwer ist, von jemandem das Vertrauen zu verlangen, dem man gerade das Misstrauen ausgesprochen hat“, sagte Kickl im Gespräch mit der APA.

FPÖ lässt Kickl nicht fallen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat angekündigt, Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Entlassung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorzuschlagen. Daraufhin kündigten alle FPÖ-Ministerinnen und -Minister an, die Regierung zu verlassen.

Kickl zeigte auch weiterhin Unverständnis für das Argument der ÖVP, die Entlassung sei nötig, weil er 2017 als Generalsekretär verantwortlich für die Finanzgebarung der Partei gewesen sei. „In der FPÖ ist es definitiv nicht so“, meinte der Noch-Innenminister. Möglicherweise aber in der Volkspartei, deren ehemaliger Generalsekretär Gernot Blümel nun Kanzleramtsminister ist. Auch die Argumentation, andere Freiheitliche würden als Innenminister die Ermittlungen gefährden, kann Kickl nicht nachvollziehen. Unterdessen bestätigte auch ein FPÖ-Sprecher gegenüber der APA, dass nach Kickls Abberufung alle FPÖ-Ministerinnen und Minister zurücktreten.

Vorschlagsrecht bei Kurz

Bei einem Rücktritt aller FPÖ-Ministerinnen und -Minister, ist Kanzler Kurz in seinem Vorschlagsrecht frei. Sowohl der Verfassungsrechtler Theo Öhlinger als auch die Experten der Präsidentschaftskanzlei erklärten, dass der Bundeskanzler dem Bundespräsidenten eine Person seiner Wahl vorschlagen kann. Der Bundespräsident kann einen neuen Minister nur auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernennen.

Sollte der Bundespräsident den Vorschlag des Bundeskanzlers ablehnen, müsste der Regierungschef eine andere Person vorschlagen. Eine theoretische Möglichkeit ist auch, dass ÖVP-Minister die Leitung der bisherigen FPÖ-Ressorts bis zur Wahl bzw. zur Bildung einer neuen Regierung mit übernehmen.

Langes Warten

Bis zum späten Nachmittag war allerdings noch offen, ob Kurz die Entlassung Kickls ankündigen wird. Auch nach einem Gespräch zwischen dem Bundespräsidenten und dem designierten FPÖ-Chef gab es keine Klarheit über die nächsten Schritte der Regierung. Hofer bezeichnete das Gespräch mit dem Präsidenten als gut, Van der Bellen habe darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, für die „notwendige Stabilität im Staatsgefüge Sorge zu tragen“. Er wolle alles dafür tun, damit diese gewährleistet sei, so Hofer.

Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi Wagner traf am Montag mit dem Bundespräsidenten zusammen. Sie erklärte danach, dass sich die schwere Regierungskrise der letzten Tage zu einer „veritablen Staatskrise“ ausgewachsen habe. Sie appellierte deshalb an alle, die parteipolitischen Interessen hintan- und die staatspolitischen Interessen voranzustellen.

Ein Gespräch mit Kurz endete am Abend nach nur einer halben Stunde: Die SPÖ-Vorsitzende betonte danach, dass für sie als stabile Übergangslösung nur eine komplette Expertenregierung infrage komme. Nun liege der Ball beim Bundespräsidenten, für eine Regierung zu sorgen, die eine stabile Mehrheit im Nationalrat hat. Am Dienstag sind Gespräche zwischen Van der Bellen und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sowie Jetzt-Chefin Maria Stern in der Hofburg geplant.

Van der Bellen gegen Goldgruber-Ernennung

Schon kurz nach Mittag war Kurz im Anschluss an den Bundesparteivorstand vor die Presse getreten – wie auch Hofer nahm er keine Frage der anwesenden Journalistinnen und Journalisten entgegen. Dabei kritisierte er Kickl scharf. Vor allem die Entscheidung Kickls, den umstrittenen Vertrauensmann Peter Goldgruber zum Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit zu machen, hob Kurz dabei hervor. Diese Aktion sei ein Zeichen dafür, dass es kein Bewusstsein innerhalb der FPÖ für die Situation gebe. Gegen die Ernennung Goldgrubers legte sich letztlich der Bundespräsident quer.

Kurz kritisiert Ernennung Goldgrubers

Dass Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) seinen Generalsekretär Peter Goldgruber in der Krise noch rasch als Direktor für die öffentliche Sicherheit installiert, bestärkt Kurz nach eigenen Aussagen in seiner Entscheidung für eine Neuwahl.

Anstatt zu sagen, wie die FPÖ nun weitermachen will, zogen Hofer und Kickl im Zuge einer Pressekonferenz am Vormittag eine positive Bilanz ihrer Arbeit in der Regierung. Für den anstehenden Wahlkampf stellte Hofer in Aussicht, dass es keinen „Schmutzkübelwahlkampf“ geben werde: „Jetzt werden wir einen respektvollen Wahlkampf machen.“ Ohne bereits auszusprechen, dass die Minister geschlossen zurücktreten, sagte Hofer vor Kickls Erklärung zu diesem Zeitpunkt: „Es tut mir sehr leid, wir hätten wirklich gerne weitergemacht.“

Die zentrale Aussage: Es geht um die Personalie Kickl

Die FPÖ stellt ihre Ämter zur Verfügung, wenn es zur Abberufung von Kickl kommen sollte.

Kickl attackiert ÖVP scharf

Kickl sparte mit Kritik an der ÖVP hingegen nicht. Er warf der Partei eine „kalte und nüchterne Machtbesoffenheit“ vor. Der Bundespräsident habe die wahre Absicht hinter einem „jungen und freundlichen Gesicht“ nicht durchschaut, so Kickl. Dass die ÖVP das Innenressort auf keinen Fall mit einem FPÖ-Politiker besetzen will, sei für ihn ein „Rückfall in die Untiefen der ÖVP-Machtpolitik, die dieses Land so viele Jahre gelähmt gehalten hat“. Er verwies auch darauf, dass normalerweise alle Minister bis zur Neuwahl im Amt bleiben – eine „Staatskrise“ sehe er nicht.

Der „Ibiza-Skandal“

Der „Ibiza-Skandal“ ist Auslöser einer schweren innenpolitischen Krise. Ein Treffen von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Klubchef Johann Gudenus (beide FPÖ) mit einer angeblichen russischen Oligarchennichte geriet zum Sittenbild für Korruption und Käuflichkeit höchster Amtsträger. Ein heimlich aufgenommenes Video des Treffens brachte die beiden Politiker zu Fall – und die ÖVP-FPÖ-Koalition gleich mit.

Erste Mitarbeiter in Ministerien packen

In den FPÖ-Ministerien wird unterdessen bereits gepackt, wie am Montag bekanntwurde. Die ZIB berichtete, dass im Sozialministerium von FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein gepackt werde. Das könne ein Hinweis darauf sein, dass die FPÖ-Ministerriege aus der Regierung ausscheidet, hieß es. Und auch im Verkehrsministerium von Hofer wird laut „Standard“ gepackt, Hofer soll sich bereits im Ministerium verabschiedet haben. Im Sportministerium von Heinz-Christian Strache ist man operativ ohne Führung, aus dem Ministerium heißt es jedoch: „Wir sind funktionstüchtig.“

Hofer kündigt Prüfung der FPÖ-Finanzen an

Die Finanzen der FPÖ sollen unterdessen durch einen „externen Prüfer“ kontrolliert werden, kündigte der designierte FPÖ-Chef an. Es werde eine „strenge Prüfung“ geben, so Hofer. Laut Hofer habe es keine Großspenden gegeben, die größte Spende sei „10.000 Euro“ gewesen, diese stamme von einer „Landwirtin, die in eine Notlage geraten ist“ und sich für die Hilfe der FPÖ revanchiert habe.

Aufregung über Termin für Sondersitzung des Nationalrats

Die von der SPÖ beantragte Sondersitzung des Nationalrats zur Regierungskrise, bei der bereits ein Neuwahlantrag eingebracht werden könnte, soll nach dem Willen der ÖVP unterdessen bis zum Montag nach der EU-Wahl herausgezögert werden. Das sei APA-Angaben zufolge vom schwarzen Klubdirektor mitgeteilt worden. Auf diese Meldung folgte scharfer Protest von SPÖ, NEOS und Jetzt.