Michael Kloibmüller
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Ex-Kabinettschef Kloibmüller

„Rot-Weiß-Rot“ und „Ibiza“ im BVT-Ausschuss

Nach dem Zerbrechen der ÖVP-FPÖ-Regierung müssen die Befragungen im BVT-U-Ausschuss stark gestrafft werden, um die Aufarbeitung noch abschließen zu können. Schließlich gibt es noch einige „Showdowns“: In der Vorwoche war Michael Kloibmüller geladen – alles drehte sich um vermuteten Postenschacher. Auch „Ibiza“ war ein Thema.

Der langjährige Kabinettschef und Generalsekretär diverser ÖVP-Innenminister gilt laut Opposition als Drahtzieher des „schwarzen Netzwerks“ im Ressort – entsprechend wurde er mit einer Vielzahl von Mails und SMS mit durchaus bemerkenswertem Inhalt konfrontiert. Derzeit befindet sich Kloibmüller laut eigenen Aussagen in einer Phase der beruflichen „Neuorientierung“.

„Rote Sau“

Gleich eingangs wurde er von Verfahrensrichter Eduard Strauss gefragt, ob es wahr sei, dass Kloibmüller die Leiterin des Extremismusreferats, Sibylle G., als „rote Sau“ bezeichnet habe – was Kloibmüller verneinte. Zu G. habe er stets ein „korrektes Verhältnis“ gepflegt und sie für ihre Fachkompetenz geschätzt. Auch die Annahme, dass Ex-BVT-Vize Wolfgang Z. der „Schattendirektor“ des BVT gewesen sei, sei falsch.

Dass das Innenministerium laut Zeugenaussagen „rot-weiß-rot“ umgefärbt (damit gemeint sind ÖVP-Posten) worden sein soll, wies Kloibmüller von sich: „Rot-Weiß-Rot sind für mich nur die Farben der Republik Österreich, sonst nichts.“ Zum Mailverkehr mit BVT-Spionagechef Bernhard P. (dem mutmaßlichen ÖVP-Verbindungsmann) gab Kloibmüller an, es sei ganz normal, dass ein Kabinettschef direkt mit Untergebenen kommuniziere. Zu P. habe er stets nur ein dienstliches Verhältnis gepflegt, kein freundschaftliches.

„Der Pfarrer sieht aus wie du“

FPÖ-Fraktionsführer Hans-Jörg Jenewein kam während der Befragung gleich eingangs auf Verhältnis und Kommunikation zwischen Kloibmüller und P. zurück: Jenewein verlas einen bemerkenswerten SMS-Verkehr, der Hinweise auch auf privaten Kontakt zulässt: P. schrieb an „Kloib“, er sei gerade bei einer Messfeier, der Pfarrer dort „sieht so aus wie du. Bist du es?“ Kloibmüller bestätigte auf Nachfrage von Jenewein, dass diese Nachricht „keine dienstliche“ sei.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
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Kloibmüller (hier vor den Reihen der ÖVP) wurden zahlreiche Mails und SMS vorgehalten, die von der Opposition als Hinweise auf politische Einflussnahmen gesehen werden

Maximal seien die beiden „dienstlich auf einen Kaffee“ gewesen, sagte Kloibmüller wiederum auch auf Frage von NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper. Sie zitierte aus einer SMS von P. an Kloibmüller: „Wie bei unserem Mittagessen besprochen“, bitte er ihn um Mithilfe, damit P. einen Job im Innenministerium bekomme – geschickt am 10.9.2004 – P. ist hier mit Kloibmüller per Du. Ob das kein privates Treffen war? Nein, dienstlich, so Kloibmüller. Er sei mit vielen per Du und gehe oft Mittagessen.

Krisper: „Ibiza-Video“ von ÖVP gezielt eingesetzt?

Krisper fragte Kloibmüller, wann er vom „Ibiza-Video“ erfahren habe und wann er erfuhr, „dass die ÖVP plant, die Koalition zu sprengen“. Hintergrund: Seit Dienstag kursieren durch einen „Kurier“-Artikel recht wilde Gerüchte, wonach das Video schon in Zusammenhang mit der BVT-Razzia stand und von der ÖVP gezielt eingesetzt wurde, um den Bruch der Koalition und Neuwahlen zu provozieren.

Es stelle sich die Frage, ob womöglich das „schwarze Netzwerk“ das BVT gebraucht habe, um Informationen gegen politische Mitbewerber zu sammeln, so Krisper.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
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Krisper konfrontierte Kloibmüller auch mit „Ibiza“

Kloibmüller dazu: „Ich weiß nicht mehr, wann genau und durch wen ich es (dass es das Video gibt, Anm.) erfahren habe“ – aber jedenfalls im Zuge der Medienberichte. Krisper bass erstaunt: „Sie wissen es nicht mehr? Dann mach ich mir Sorgen. Das war letzte Woche.“ Er habe viele Nachrichten bekommen, so Kloibmüller, er wisse nicht mehr, wer Erster war. Auch habe er keine Wahrnehmung zum geäußerten Verdacht, wonach die ÖVP die Koalition sprengen habe wollen.

„Schlacht verloren, aber den Krieg gewinnen wir :-)“

Krisper legte Kloibmüller einen SMS-Verkehr mit Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser vor, aus dem Jahr 2001. Strasser darin: „Das hab ich schon in Kärnten gemerkt, dass du farbenblind bist.“ Die Frage, was das bedeute, wollte Kloibmüller nicht beantworten. Nur so viel: Was Strasser gemeint habe, müsse man Strasser fragen.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zweifelte daran, ob es überhaupt nur eine einzige Mail von Kloibmüller gebe, in der es nicht um politische Zugehörigkeiten irgendwelcher Personen gehe. Anlass dazu gab ein weiterer Mailverkehr mit Ex-Innenminister Strasser – auf den sich der von Krisper vorgelegte Mailverkehr mutmaßlich bezog. Darin ging es um die Suche nach dem passenden Ort für die Zusammenlegung zweier Wachposten. Man erwäge zwei Gemeinden, wobei Kloibmüller in der Mail betonte, dass „beide Gemeinden schwarz“ sind.

„Womöglich war ich farbenblind“

Strasser antwortete Kloibmüller, dass dieser wohl „farbenblind“ sei, denn es sei gar nicht wahr, dass beide Gemeinden schwarz sind, der Bürgermeister der einen Gemeinde gehöre nämlich der SPÖ an – Kloibmüller solle in Zukunft genauer arbeiten. „Womöglich war ich farbenblind, weil ich darauf geachtet habe, dass der Posten dort ist, wo er sein soll“, so Kloibmüller auf Nachfrage Krainers.

JETZT-Fraktionsführer Peter Pilz legte einen Mailverkehr mit Ex-Spionagechef P. vor. „Jetzt ist es definitiv: GL (Gabriel Lansky, Anm.) bekommt Computer retour. Wir sind alle ziemlich down“, hieß es von P. an Kloibmüller. „Warum waren alle so furchtbar down?“, wollte Pilz wissen. Kloibmüller: „Weiß ich nicht.“ Pilz las die folgende Antwortmail vor: „Macht nichts. Schlacht verloren, aber den Krieg gewinnen wir :-)“

„Das waren saloppe, schnelle Antworten“

Kloibmüller – sichtlich in die Ecke gedrängt: „Das waren saloppe, schnelle Antworten, schnelle Reaktionszeit, da ging es ja um den kasachischen Ex-Botschafter Rachat Alijew, da gingen die Emotionen ziemlich hoch.“ Da schreibe man schnell unüberlegte Dinge. Inhaltlich sei gar nichts hineinzuinterpretieren. „Sie konfrontieren mich mit einem Sachverhalt, der fünf, sechs Jahre her ist. Ich kann dazu nichts sagen, ich weiß es nicht mehr.“

Ein Einblick in den weiteren Wortwechsel: Pilz fragt, ob Kloibmüller bekannt sei, dass bei P. Unterlagen gefunden wurden, die nichts mit dem Lansky-Akt zu tun haben. „Ich weiß es aus den Medien“, sagt Kloibmüller. – „Können Sie ausschließen, dass P. Ihnen Unterlagen bezüglich Lansky zur Verfügung gestellt hat?“ – „Ich habe keine Erinnerung.“ – „Ich habe Sie gefragt, ob Sie es ausschließen können.“ – „Ich habe keine Erinnerung.“

„Schriftstück in die Hand gedrückt“

Es könne sein, dass ihm „jemand ein Schriftstück in die Hand gedrückt hat“. Er wisse aber nicht, ob es BVT-Chef Peter Gridling war oder der Herr Generaldirektor oder jemand anderes. Auf Nachfrage schloss er auch aus, solche Informationen an andere ÖVP-Funktionäre weitergegeben zu haben.

Generell könne er, Kloibmüller, ausschließen, dass es im Fall Lansky Ermittlungsdruck gab. Pilz hielt Kloibmüller die Aussage über die verlorene Schlacht und den hoffentlich zu gewinnenden Krieg vor und die Aussage des Belastungszeugen im BVT-Verfahren, der sehr wohl Druck wahrgenommen habe.

Postenschacher im Dienste Strassers?

Später zitierte Krisper aus Mails, aus denen laut NEOS hervorgeht, dass der nunmehrige Konzernsprecher der Novomatic, Bernhard Krumpel, damals Postenschacher im Dienste Ernst Strassers und des ehemaligen niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) mitbetrieb.

Kloibmüller konnte dazu – wenig verwunderlich – nichts sagen. Die Frage, ob Kloibmüller wisse, „ob Spielautomaten von Novomatic ordnungsgemäß kontrolliert werden“, wurde nicht beantwortet – freilich inklusive des Hinweises des Verfahrensrichters Strauss, wonach das außerhalb des Untersuchungsgegenstands liege.

„Keine Informationen weitergegeben“

Am Ende wollte die SPÖ noch wissen, was Kloibmüller unternommen habe, um Leaks aus dem Verfassungsschutz zu verhindern. Man habe es versucht, aber „bei einem 32.000-Mann/Frau-Betrieb ist es unmöglich, das zu verhindern“. Krainer zweifelte an der Zahl und fragte, ob Informationen nach außen gedrungen sind, die er, Kloibmüller, erhalten habe. Das könne sein, sagte Kloibmüller, aber er verwehre sich gegen die Unterstellung, dass er selbst Informationen weitergegeben habe.