FPÖ-Wahlplakat
ORF.at/Christian Körber
Neuwahl und „Ibiza“

Die FPÖ und ihr „Jetzt erst recht“-Kurs

Die FPÖ scheint ihre Verteidigungslinie nach den „Ibiza-Enthüllungen“ und dem Zusammenbruch der Koalition gefunden zu haben. „Jetzt erst recht“ wurde schon vorab als Parole ausgegeben. Vor allem in den Sozialen Netzwerken stellt sich die Partei als Opfer dar – und poltert gegen „dubiose Kreise“ und die ÖVP. Einige scheren aus der Reihe eher aus – darunter ausgerechnet Neoparteichef Norbert Hofer.

Auf Facebook postete die FPÖ am Dienstag ein Sujet mit „FPÖ & Herbert Kickl: Der Reformmotor in der Zuwanderungspolitik – ÖVP: Machtpolitik.“ Zudem ist Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf dem begleitenden Foto nicht gerade ins beste Licht gerückt.

EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky schrieb auf Facebook, die „von mutmaßlichen Agenten herbeigeführte und von dubiosen Kreisen gewünschte Beunruhigung der österreichischen Innenpolitik“ dürfe nicht dazu führen, „dass Österreichs Interessen in der EU untergehen“.

Die Erfolgsgeschichte eines Slogans

Flankiert wird Vilimsky auf dem Foto aber nicht mehr von Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache, sondern dem neuen Spitzenduo, Hofer und dem alsbald demissionierten Innenminister Herbert Kickl.

Den Spruch „Jetzt erst recht“ hatte die FPÖ nach dem Aufkommen von Vorwürfen schon mehrmals verwendet. Das Vorbild ist klar, es stammt aus dem Bundespräsidentschaftswahlkampf im Jahr 1986: Im Zuge der Affäre rund um die SA-Vergangenheit des ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim wurde „Jetzt erst recht“ die zentrale Botschaft seiner Kampagne. Der Rest ist Geschichte, auf die Kraft des Slogans – mit all seinen Implikationen – wird bis heute gesetzt.

Fans folgen FPÖ-Argumentation

Auf Facebook können die FPÖ und ihre Politiker weiterhin auf treue Fans bauen. In zahlreichen Kommentaren wird geschworen, der Partei weiterhin die Treue zu halten. Allerdings mischen sich darunter auch mehr kritische Kommentare und Postings, als auf den FPÖ-Seiten sonst zu finden sind. Die Strategie, das fragwürdige Zustandekommen des „Ibiza-Videos“ und die Spekulationen über die Urheber in den Fokus zu rücken und die Aussagen im Video als Ausrutscher einer „b’soffenen Geschichte“ darzustellen, scheint zumindest bei den treuesten Stammwählerinnen und -wählern aufzugehen.

Misstrauen gegen Kurz – oder nicht?

Zudem versucht die FPÖ, der ÖVP die Schuld für das Ende der Koalition zuzuschieben. Das „Ibiza-Video“ sei nur ein Vorwand, die Regierung platzen zu lassen, meinte etwa die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Eine ähnliche Strategie hatte Kickl bereits am Vortag angeschlagen. Der entlassene Innenminister sorgte zudem für Aufsehen, als er ankündigte, die FPÖ werde den Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz unterstützen. Die Partei dementierte das wenig später, Kickl sei „missinterpretiert“ worden, hieß es offiziell. Nachdem Neoparteichef Hofer aber bisher weit versöhnlichere Töne anschlug und keine Entscheidungen überhasten will, stellt sich die Frage, wie einig die Partei in der Frage ist.

Hofer über einen möglichen Misstrauensantrag

Bei der Frage eines Misstrauensantrags gegen Bundeskanzler Kurz zeigt sich Hofer zurückhaltend.

Strache will „Unschuld beweisen“

Für Aufsehen sorgte indes ein Posting von Strache selbst: „Wir werden die Hintermänner des kriminellen Videos und Dirty Campaignings aus dem Ausland gegen meine Person ausfindig machen und meine Unschuld beweisen! Dafür kämpfe ich!“, so Strache. Wie genau seine Unschuld aussehen soll, schrieb Strache nicht. Schon in einem ORF-Interview am Montag wies Strache die Schuld am Ende der Koalition von sich.

Nach seinem Rücktritt infolge des „Ibiza-Videos“ sieht der zurückgetretene Vizekanzler Strache die Schuld für einen Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition nicht bei sich.

Nepp zu Strache: „Nichts ausschließen“

Zumindest moralische Unterstützung erhielt er vom neuen Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp, der am Montag vom Landesparteivorstand als Strache-Nachfolger in der Bundeshauptstadt gekürt wurde. Nepp berichtete von „persönlich nachdenklichen Stunden“ in den vergangenen Tagen: „Denn mit Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus verbindet mich nicht nur ein jahrelanger erfolgreicher politischer Weg, sondern auch eine Freundschaft. Daran werden auch die jüngsten Vorfälle nichts ändern.“

Dass der prominente Vorgänger künftig noch eine politische Rolle in Wien spielen könnte, glaubt Nepp laut eigenen Angaben nicht. Strache habe selbst gesagt, dass er sich aus allen Funktionen zurückziehe. Für einen Parteiaustritt Straches sehe er jedoch keinen Grund, hielt Nepp fest, er sei immerhin nur einfaches Mitglied. Nepp sagte aber auch: „Man kann im Leben nie etwas ausschließen.“ Strache habe betont, dass er eine gewisse Ruhe habe möchte, um alles aufzuarbeiten.

„Bestens gerüstet“

Nepp sieht die Partei bestens gerüstet für die kommenden Urnengänge in Europa und im Bund – und ist auch überzeugt davon, dass die FPÖ bei der Nationalratswahl „ausgezeichnet“ abschneiden werde. Die Partei sei jedenfalls „personell, strukturell und organisatorisch“ bestens aufgestellt, stellte er klar: „Und eins weiß ich auch, es wird in der Zukunft kein Weg an uns Freiheitlichen vorbeiführen.“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Haimbuchner: Keine Funktion mehr für Strache

Deutlich kritischer äußerte sich der oberösterreichische FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner: Gefragt, ob Strache je wieder eine Funktion in der FPÖ bekleiden solle, antwortete er klar: „Nein.“ Zur Entlassung vom Innenminister Kickl meinte er, diese sei ein „eigenartiger Vorgang“. Wenn Kurz „mehr wissen sollte, was den Innenminister betrifft, sollte er das der Öffentlichkeit mitteilen“ – mehr dazu in ooe.ORF.at.