SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda
APA/Georg Hochmuth
„Ibiza-Video“

SPÖ fordert von Kurz Entschuldigung

Die SPÖ hat in Zusammenhang mit dem Ibiza-Video eine Klage gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt. „Die ungeheuerlichen Anschuldigungen des Bundeskanzlers, der in mehreren Interviews behauptet, die SPÖ hätte mit dem Ibiza-Video zu tun, werden ein gerichtliches Nachspiel haben“, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda am Mittwoch. Er forderte auch im ZIB-Interview von Kurz eine Entschuldigung.

Diese erwarte er sich von Kurz noch vor Montag, dem Tag der Sondersitzung des Nationalrats. Die einstweilige Verfügung sei umzusetzen. „Kurz soll sich erklären und sagen, dass wir (die SPÖ, Anm.) unter Garantie damit nichts zu tun haben“, so die Forderung Drozdas in dem ORF-Interview.

Kurz’ Äußerungen seien kreditschädigend, da der Sozialdemokratie durch die inkriminierte Äußerung die Anfertigung von rechtswidrigen Videoaufnahmen unterstellt werde, so Drozda zuvor in einer Aussendung. Die Klage auf einstweilige Verfügung und Unterlassung sei vom Anwalt am Mittwoch bereits eingebracht worden, wie Drozda gegenüber der ZIB sagte.

„Tieftürkise ÖVP-Alleinregierung“

Drozda ortete in einer Aussendung vom Mittwoch hinsichtlich der Übergangsregierung ein weiteres Täuschungsmanöver, mit dem Kurz versuche, die Bevölkerung hinters Licht zu führen. Als Vizekanzler habe er mit Finanzminister (Hartwig, Anm.) Löger seinen engen Vertrauten aus der ÖVP-Ministerriege installiert. „Gleichzeitig will er der Öffentlichkeit allen Ernstes eine tieftürkise ÖVP-Alleinregierung als Expertenregierung verkaufen.“ Es sei beschämend, dass Kurz die Ersatzminister offensichtlich zu Marionetten degradiere. Drozda sprach von „türkisen Aufpassern“.

Er erneuerte seine Kritik, dass „Kurz weder mit den Oppositionsparteien noch mit dem Parlament das Gespräch über die neuen MinisterInnen gesucht hat, sondern die gesamte Ministerliste vorab den Medien zugespielt hat“, so Drozda in einer Aussendung.

Noch keine Entscheidung zu Misstrauensantrag

Von der SPÖ werden als Beleg diesbezüglich Interviews in verschiedenen Tageszeitungen ins Treffen geführt. Dabei habe Kurz versucht, die SPÖ in den ÖVP-FPÖ-Skandal hineinzuziehen, so Drozda. Die Anschuldigungen seien aber „an den Haaren herbeigezogen“ und das „glatte Gegenteil einer vertrauensbildenden Maßnahme“.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Drozda über die ÖVP

Thomas Drozda, der Bundesgeschäftsführer der SPÖ, spricht über die Einstellung seiner Partei zur ÖVP und zu Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Offen ließ Drozda, ob die SPÖ einem Misstrauensantrag gegen Kurz zustimmen wird. Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wollte sich am Mittwoch noch nicht festlegen. Er vermisse bisher aber „vertrauensbildende Maßnahmen“ von Kurz, sagte Ludwig bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Städtetages in Rust.

Rendi-Wagner: Scheingespräche

„In einer solchen Situation liegt es am Bundespräsidenten und am Kanzler sicherzustellen, dass es künftig für inhaltliche und personelle Vorschläge eine Mehrheit im Nationalrat gibt“, sagte Ludwig. Er erwarte sich deshalb, dass Bundeskanzler Kurz den anderen Parteien die Hand ausstrecke und vertrauensbildende Maßnahmen ergreife. „Die Signale an die Sozialdemokratie stimmen mich nicht optimistisch“, sagte der Wiener Bürgermeister – mehr dazu in wien.ORF.at.

In Sachen Regierungsbildung kritisierte die SPÖ Kurz erneut. Der ÖVP-Obmann habe zuvor lediglich „Scheingespräche“ geführt, hieß es aus dem Büro von SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner gegenüber der APA. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine echte Einbindung in den Vorgang gegeben.

Kaiser: „Völlig unverantwortlich“

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) übte am Mittwoch nach der Ernennung der Übergangsregierung ebenfalls heftige Kritik an Kurz. Dessen Vorgangsweise sei „völlig unverantwortlich“. Die neu nominierten Minister seien honorige Persönlichkeiten, sagte Kaiser.

„Was ich aber in diesem Zusammenhang nicht verstehe, ist, dass es bis dato keinerlei Kontakt seitens des Bundeskanzlers, der dieser Regierung vorsteht, mit der größten Oppositionspartei und den anderen Oppositionsparteien gibt. Sodass man nach dem Motto, ‚Friss Vogel oder stirb‘, das zu akzeptieren hat, was hier passiert.“ Kurz agiere wie ein Alleinherrscher, dem es um eigene Machtinteressen gehe – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer sprach sich hingegen klar für einen eigenen Misstrauensantrag der SPÖ bei der Nationalratssondersitzung am Montag aus – und zwar gegen die gesamte ÖVP-Regierungsriege – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Bures stellt Forderungen

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) knüpfte indes am Dienstag die Ablehnung eines möglichen Misstrauensantrags durch ihre Fraktion an Bedingungen. Kurz müsse bis zur Sondersitzung des Nationalrats vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen, sagte sie am Dienstag in der ZIB2. Konkret nannte sie das Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft und unabhängigen Medien.

Zweite Nationalratspräsidentin Bures ruft Kurz zum Dialog auf

Doris Bures (SPÖ) fordert Bundeskanzler Kurz (ÖVP) zum Dialog mit der SPÖ auf. Außerdem solle er dem Nationalrat Rede und Antwort stehen.

„Vertrauen fällt einem nicht in den Schoß“, so Bures, die sich nicht festlegte, ob die SPÖ einem Misstrauensantrag am Montag zustimmen oder diesen ablehnen wird. Daher sei es von den kommenden Tagen abhängig, ob man dem Kanzler das Vertrauen aussprechen wird. Das Problem beginne bereits damit, dass Personen des Übergangskabinetts lediglich durchgesickert seien und es keine Gespräche mit anderen Parteien dazu gegeben habe.

Auch konkrete Bekenntnisse forderte Bures von Kurz, etwa zur Sozialpartnerschaft. Arbeiterkammer und auch Wirtschaftskammer gehörten außer Streit gestellt, ebenso ein unabhängiger ORF. Das habe leider bis jetzt nicht stattgefunden, bis Montag gebe es aber diese Möglichkeit noch, so die Zweite Nationalratspräsidentin.

Rendi-Wagner kritisiert „Dialoglosigkeit“

Rendi-Wagner hatte am Dienstag Kurz angesichts der andauernden Regierungskrise „Dialoglosigkeit“ vorgeworfen. Beim EGB-Kongress in Wien sagte sie am Dienstag: „Wir stehen in Österreich jetzt nach 36 Stunden vor einer Situation, die das Ergebnis der Dialoglosigkeit ist.“ Diese gebe es seit 17 Monaten der – nun zerbrochenen -Regierung.

Diese Dialoglosigkeit herrsche zwischen den politischen Parteien, im Parlament, zwischen den Regierenden und der Gewerkschaftsbewegung sowie den Sozialpartnern im Allgemeinen. Deshalb sei es umso entscheidender, dass am Sonntag die EU-Wahl genau genützt werde, um eine Entscheidung in Richtung eines Europas des Miteinanders und nicht des Gegeneinanders zu treffen. Die progressiven und integrativen Kräfte in Europa müssten gestärkt werden. Denn künftig brauche es sozialen Ausgleich, Gerechtigkeit, ein Miteinander in der Politik und den Respekt für die arbeitenden Menschen, so Rendi-Wager.

Kurz selbst wiederholte allerdings am Mittwoch in seiner Rede nach der Angelobung der Übergangsregierung, dass er sehr wohl mit allen Parteien gesprochen und auch Rendi-Wagner über die neuen Personen der Übergangsregierung informiert habe. Er kündigte weitere Treffen mit allen Parlamentsparteien an.