Der Bundesadler im Parlament
ORF.at/Roland Winkler
Parteienfinanzierung

Gemischte Reaktionen auf RH-Vorschlag

Das „Ibiza-Video“ befeuert auch die Debatte über höhere Transparenz bei den Parteifinanzen. Die Präsidentin des Rechnungshofes (RH), Margit Kraker, forderte am Donnerstag schärfere Regeln, die möglichst noch vor der Neuwahl in Kraft treten sollen. In der Politik fielen die Reaktionen auf den Vorstoß gemischt aus.

In mehreren Interviews sprach sich Kraker für ein „echtes Prüfungsrecht“ ihrer Behörde für Parteifinanzen aus. Der RH soll nicht nur einmal jährlich die Rechenschaftsberichte der Parteien erhalten, sondern tatsächlich auch deren Bücher kontrollieren dürfen. Außerdem soll es strenge Auflagen für Vereine, Komitees und parteinahe Organisationen geben. Sie sollen Parteispenden an den RH melden und die Herkunft ihrer Mittel offenlegen. Für „grobe Zuwiderhandlungen“ hält Kraker auch strafrechtliche Sanktionen für überlegenswert. Und sie forderte, dass der RH selbst wirkungsvolle Strafen verhängen kann – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Aus der Übergangsregierung kamen zu Krakers Vorschlag unterschiedliche Reaktionen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verwies am Donnerstagnachmittag auf das Parlament: Der Klubobmann der ÖVP werde diese Gespräche führen. „Die Haltung der ÖVP ist klar, wir sind hier für Gespräche offen. Wir haben uns immer für eine Reduktion der Parteienförderung starkgemacht“, sagte Kurz. Außerdem sei er der Meinung, dass es mehr Transparenzbestimmungen brauche. Die ÖVP sei aber auch gegenüber anderen Punkten gesprächsbereit.

„Es gibt viele verschiedene Anregungen“

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) hatte sich Donnerstagvormittag noch vage geäußert: „Es gibt viele verschiedene Anregungen“, so Blümel und verwies auf die „möglichst rasche“ Neuwahl wahrscheinlich Anfang September, „um schnell weiterarbeiten zu können“. Das sagte Blümel am Rande des Treffens der Kulturministerinnen und Kulturminister in Brüssel.

Bundesminister Gernot Blümel (ÖVP)
APA/Jakob Huter
Blümel verwies auf die „möglichst rasche“ Neuwahl

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann begrüßte indes gegenüber Ö1 die Kontrolle der Parteifinanzen durch den RH: „Ich halte es für sinnvoll, hier eine Prüferlaubnis zu erteilen“, so Faßmann. „Um das Vertrauen in der Bevölkerung wiederherzustellen, brauchen wir sicherlich eine Aufklärungsarbeit.“

FPÖ und SPÖ für Spendenobergrenze

Ablehnung für die Vorschläge Krakers kam von der FPÖ. Klubchef Walter Rosenkranz konnte sich im Ö1-Mittagsjournal weder für die Prüfung der Parteifinanzen noch die Verhängung von Strafen durch den Rechnungshof erwärmen – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Rechnungshof-Präsidentin Kraker für schärfere Transparenzregeln

Der Rechnungshof ist auf Selbstmeldungen der Parteien angewiesen, um ihre Finanzen zu überprüfen. Präsidentin Kraker fordert nun strengere Prüfrechte.

Dafür bekräftigten die Freiheitlichen ihre Forderung nach einer Spendenobergrenze. Nach dem Wunsch des designierten FPÖ-Parteichefs Norbert Hofer soll sie bei 3.500 Euro liegen. Die Diskussion über Parteienfinanzierung war durch den „Ibiza-Skandal“ um den zurückgetretenen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus ausgelöst worden. Strache hatte in dem heimlich aufgenommenen Video erklärt, dass die FPÖ millionenschwere verdeckte Parteispenden über parteinahe Vereine kassiert habe.

Bundesminister Norbert Hofer (FPÖ)
APA/Helmut Fohringer
Hofer forderte die Einführung einer Spendenobergrenze

Hofer will kommende Woche im Nationalrat eine Spendenobergrenze von 3.500 Euro beantragen und die Regeln für Personenkomitees und Wahlkampfvereine verschärfen. Österreichs Parteiförderung sei ausreichend dotiert, Großspenden nicht nötig, befand Hofer. Das gilt laut Hofer auch für Personenkomitees und andere Konstrukte im Wahlkampf: „Es sollte daher auch sämtlichen Komitees und Vereinen nicht gestattet sein, Spenden über 3.500 Euro entgegenzunehmen.“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda plädierte als Sofortmaßnahme für eine Spendenobergrenze von 10.000 Euro pro Einzelspende bzw. 200.000 Euro pro Wahlkampf. Über weitere Maßnahmen soll dann bei einem „runden Tisch“ gesprochen werden, sagte Drozda gegenüber Ö1.

NEOS und Jetzt für strengere Regeln

Unterstützung für den Vorschlag der RH-Präsidentin kam von NEOS. Die Vorsitzende des Rechnungshof-Ausschusses, Irmgard Griss, forderte zusätzlich zur RH-Kontrolle und Sanktionen auch einen Straftatbestand „illegale Parteienfinanzierung“ sowie eine „Politikerhaftung“. Auch NEOS hatte am Mittwoch angekündigt, in der nächsten Nationalratssitzung am Montag ein Maßnahmenpaket gegen Korruption einzubringen.

Griss bekräftigte das angesichts des Kraker-Vorstoßes: „Wir fordern echte Kontrolle, umfassende Transparenz und scharfe Sanktionen bei Verstößen gegen die Offenlegungspflichten und vor allem bei illegaler Parteienfinanzierung. Eine tatsächliche Prüfkompetenz für den Rechnungshof ist unabdingbar.“

Die NEOS-Abgeordnete Irmgard Griss
APA/Robert Jaeger
Griss: „Eine tatsächliche Prüfkompetenz für den Rechnungshof ist unabdingbar“

Die kleinste Oppositionspartei Jetzt hat ebenfalls bereits angekündigt, das freie Spiel der Kräfte im Parlament zur Verschärfung der Kontrollen von Parteifinanzen und Wahlkampffinanzierung samt einem Verbot von Großspenden nutzen zu wollen. Eine Umsetzung vor der Wahl sei zeitlich kein Problem, denn „das kann blitzschnell gehen“, sagte Klubchef Wolfgang Zinggl gegenüber ORF.at. Auch Grünen-Chef Werner Kogler forderte am Donnerstag schärfere Sanktions- und Kontrollmöglichkeiten noch vor der Nationalratswahl.

Sickinger: Strafrechtliche Sanktionen möglich

Zustimmung für die Vorschläge kam auch vom Politologen Hubert Sickinger. Sowohl die Verhängung von Sanktionen direkt durch den Rechnungshof als auch die Einbeziehung von parteinahen Vereinen hält der Experte für Parteienfinanzierung für praktikabel. Er plädiert bei gravierenden Verstößen gegen die Transparenzregeln weiterhin für strafrechtliche Sanktionen.

Volle Prüfrechte für die Parteifinanzen habe Kraker ja schon immer gefordert, neu sei aber, dass der Rechnungshof selbst Sanktionen verhängen wolle. „Das wäre in Kombination mit den Prüfrechten praktikabler als das gegenwärtige System“, so Sickinger weiter. Denn der RH werde bei der Verhängung von Strafen wahrscheinlich nicht so formalistisch vorgehen wie der Parteientransparenzsenat im Kanzleramt.

Sickinger plädierte allerdings dafür, auch die Finanzen der Parlamentsklubs in die Rechenschaftspflicht der Parteien einzubeziehen. Außerdem solle der Rechnungshof die Klubs regelmäßig prüfen. Das deshalb, weil ein Gutteil der Parteikommunikation mittlerweile über die Klubs laufe. Positiv sieht Sickinger auch die Forderung nach einem eigenen Bericht über die Finanzierung der Wahlkampfkosten.

Fundraising-Verband: keine Gemeinnützigkeit

Der Fundraising Verband Austria betonte in einer Aussendung, dass Vereine, die Parteien finanzieren, nicht gemeinnützig sind. In der Bundesabgabenordnung sei eindeutig festgelegt, dass gemeinnützige Organisationen (Vereine, Stiftungen und auch GmbHs) der Allgemeinheit dienen müssen. Der „Missbrauch" des Begriffs Gemeinnützig sei nur möglich, da nach geltender Rechtslage lediglich eine Festlegung in den Vereinsstatuten reicht, sich als gemeinnützig zu bezeichnen. „Gemeinnützigkeit sollte künftig wie in Deutschland oder der Schweiz per Bescheid durch ein Finanzamt zuerkannt werden“, so Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbandes.