Istanbul-Wahlwiederholung: Behördenchef distanziert sich

Der Chef der türkischen Wahlbehörde YSK hält die Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul für unzureichend begründet. Er selbst habe deshalb dagegen gestimmt, schrieb Sadi Güven in einer persönlichen Stellungnahme, die an eine mehr als 200 Seiten lange Erklärung der YSK zur Wahl angehängt ist.

Fast zwei Monate nach der Kommunalwahl hatte die YSK ihre Entscheidung zur Neuwahl vor allem damit gerechtfertigt, dass an 754 Urnen die Vorsitzenden der Wahlräte anders als gesetzlich vorgesehen keine Beamten gewesen seien. Dazu schrieb Güven: Jeder Wahlrat bestehe aus sieben Personen, und es gebe keine Beweise dafür, dass regelwidrig beauftragte Vorsitzende allein Einfluss auf das Ergebnis der Wahl haben könnten.

Zudem reiche auch „nach der Bestimmung des Verfahrens zur Bildung der Wahlräte“ die regelwidrige Zusammensetzung solcher Räte als Grund nicht aus, um die Wahl selbst für ungültig zu erklären. Er machte darauf aufmerksam, dass die regierende islamisch-konservative AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auch an den beanstandeten Urnen Beobachter hatte.

Viel Kritik an Entscheidung

Der Kandidat der größten Oppositionspartei CHP, Ekrem Imamoglu, hatte den wichtigsten Bürgermeisterposten des Landes bei der Kommunalwahl am 31. März knapp vor dem Kandidaten der AKP gewonnen. Die YSK annullierte die Abstimmung jedoch Anfang Mai wegen angeblicher Regelwidrigkeiten und gab damit einem Antrag der AKP statt. Sieben Mitglieder der YSK hatten für die Neuwahl gestimmt, vier dagegen – unter ihnen der langjährige Chef, wie sich nun herausstellte.

Die Entscheidung war auch im Ausland auf viel Kritik gestoßen und wird dort allgemein als Ergebnis von Druck der Regierungsspitze gewertet. Die Wahl wird am 23. Juni wiederholt.