Harvey Weinstein
APA/AFP/Don Emmert
US-Medien

Weinstein zahlt Klägerinnen Millionen Dollar

Ex-Hollywood-Filmproduzent Harvey Weinstein soll mit zahlreichen Klägerinnen, die ihm sexuelle Belästigung vorwerfen, eine vorläufige Einigung erzielt haben. Das berichteten mehrere US-Medien am Freitag. Die Vereinbarung, die auch Gläubiger betrifft, beläuft sich auf 44 Millionen Dollar (39,4 Mio. Euro), so das „Wall Street Journal“. Strafrechtlich muss sich Weinstein trotzdem verantworten.

Von den 44 Mio. gehen demnach 30 Mio. an Klägerinnen und Gläubiger. Weitere 14 Mio. dienen zur Deckung der Anwaltskosten des ehemaligen Mitarbeiterstabs des Ex-Hollywood-Moguls. Die Vereinbarung schließe demnach auch die Verfahren gegen Weinstein in Kanada und Großbritannien ein. Die Einigung sollen er und die Leitung seines ehemaligen Filmstudios Weinstein Company mit der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft erzielt haben, so das „WSJ“. Bisher sei diese aber noch nicht unterzeichnet worden. Die Zeitung bezieht sich dabei auf Insiderinformationen.

Adam Harris, ein Anwalt des Weinstein-Company-Mitgründers Bob Weinstein, sagte gegenüber einem Richter, dass eine „wirtschaftliche Vereinbarung“ erreicht worden sei, so die Nachrichtenagentur AP. „Ich persönlich bin sehr optimistisch“, so Harris weiter. Ein Sprecher Harvey Weinsteins kommentierte das bisher nicht, ebenso eine Sprecherin des New Yorker Generalbundesanwalts.

#Me-Too-Protest
Reuters/Lucy Nicholson
Der Fall Weinstein löste eine weltweite Kampagne unter dem Hashtag „#MeToo“ aus

„WSJ“: Strafrechtliche Verfahren nicht betroffen

Auch ein Sprecher der Klägerinnen und der Anwalt des Gläubigerkomitees reagierten bisher noch nicht auf Anfragen der Zeitung. Die vorläufige Vereinbarung ist Quellen der Zeitung zufolge das Ergebnis von Schlichtungsversuchen der Zivilverfahren gegen Weinstein, die im vergangenen Jahr aufgenommen wurden. Die Einigung betrifft aber nur die Zivilverfahren gegen den Ex-Hollywood-Mogul.

Die Details, egal welcher Einigung, wären symbolträchtig, schreibt die „New York Times“. Die kolportierte Summe sei überdies weniger als die Hälfte des Betrags, der ursprünglich von einer an dem Filmstudio interessierten Investorengruppe und der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft diskutiert worden sei, so die „New York Times“.

Nicht betroffen sei ein Strafverfahren, das in New York gegen Weinstein geführt wird, berichtete die Zeitung. Er steht dort wegen mutmaßlicher Vergewaltigung und anderer sexueller Vergehen gegen zwei Frauen ab September vor Gericht. Die Vorwürfe einer der Betroffenen wurden überdies durch neue Beweise zuletzt allerdings infrage gestellt. Zunächst war der Prozessauftakt für Juni geplant gewesen. Weinstein hat alle Vorwürfe abgestritten. Bei einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

Anschuldigungen von mehr als 80 Frauen

Der einstige Hollywood-Produzent wird von mehr als 80 Frauen beschuldigt, sie sexuell belästigt oder gar vergewaltigt zu haben. Unter ihnen sind Filmstars wie Angelina Jolie, Salma Hayek und Ashley Judd. Weinstein selbst beschrieb die Fälle stets als einvernehmlich. Angeklagt ist er aber nur in den Fällen zweier Frauen, viele andere sind verjährt.

Der Fall Weinstein hatte eine weltweite Kampagne gegen sexuelle Belästigung ausgelöst. Unter dem Hashtag #MeToo machten zahlreiche Missbrauchsopfer ihre Erfahrungen öffentlich. Unter den Beschuldigten sind viele Prominente. Die Schauspielerin Alyssa Milano rief im November 2017 dazu auf, Geschichten unter diesem Hashtag zu verbreiten.

„Das war die Kultur damals“

Weinstein reagierte sehr bald – schon im Oktober 2017 – auf die Vorwürfe gegen ihn. In einer ersten Erklärung in der „New York Times“ („NYT“) erläuterte Weinstein, er sei in den 60er und 70er Jahren aufgewachsen, in denen die Verhaltensregeln und das Arbeitsumfeld anders gewesen seien. „Das war die Kultur damals“, verteidigte sich der Filmemacher damals.

Weinstein entschuldigte sich und kündigte eine Auszeit an, um seine „Dämonen“ in den Griff zu bekommen. Seine Firma, die Weinstein Company, warf ihn dennoch hinaus, die Oscar-Academy schloss ihn aus ihrem Kreise aus. Weinsteins Ehefrau, die Designerin Georgina Chapman, verließ ihn. Im Mai 2018 wurde Weinstein von der New Yorker Polizei wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung verhaftet, nachdem er sich selbst gestellt hatte. Er wurde anschließend gegen Kautionsauflagen vom zuständigen Gericht mit einer elektronischen Fußfessel auf freien Fuß gesetzt.

Weinsteins Sturz leitete US-Journalist Ronan Farrow ein, Sohn der Schauspielerin Mia Farrow und – im rechtlichen Sinne – des Regisseurs Woody Allen. Allen wird seit Jahren Missbrauch vorgeworfen, unter anderem von seiner eigenen Adoptivtochter, Dylan Farrow. Monatelang recherchierte Ronan Farrow zur Causa Weinstein, publizierte seine Recherchen schließlich im „New Yorker“ und in der „NYT“. Für seine Artikelserie wurde er mit dem renommierten Pulitzerpreis ausgezeichnet.

Weitere Konsequenzen in Hollywood

Auch weitere Hollywood-Größen mussten in der Folge Konsequenzen für ihre – zum Teil mutmaßlichen – Taten tragen, etwa Schauspieler Kevin Spacey, der sich wegen zahlreicher Vorwürfe sexueller Übergriffe verantworten muss. Der Streamingdienst Netflix schloss den Schauspieler aus der Politdramaserie „House of Cards“ aus. Regisseur Ridley Scott schnitt Spacey aus seinem schon fertigen Spielfilm „Alles Geld der Welt“ komplett heraus.

Der US-Entertainer Bill Cosby war wegen sexueller Nötigung in drei Fällen schuldig gesprochen und im September zu drei bis zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im Prozess ging es um einen Fall aus dem Jahr 2004, insgesamt hatten mehr als 60 Frauen Cosby sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Seine Anwälte haben einen Antrag auf Berufung eingereicht.