Bundeskanzler Sebastian Kurz beim Treffen mit den Landeshauptleuten
APA/Robert Jäger
Misstrauensvotum

SPÖ-Länderchefs lassen alles offen

Um politischen Blockaden entgegenzuwirken – und den geplanten Misstrauensantrag für sich zu entscheiden –, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag die neun Landeshauptleute nach Wien eingeladen. Einklang gab es dabei nicht. Die ÖVP forderte Verantwortung ein, laut SPÖ-Landeschefs stehen die Zeichen aber auf ein Votum gegen Kurz.

Kurz habe „alle neun Landeshauptleute zum Gespräch eingeladen und darüber informiert, wie wir als Übergangsregierung unsere Zusammenarbeit mit den Ländern gestalten wollen“, schrieb der Kanzler auf Twitter. Auch wenn die Landeshauptleute nicht direkt zu den Akteuren zählen, haben sie in ihren Parteien ein gewichtiges Wort.

Thema war bei der anderthalb Stunden dauernden Unterredung daher auch, wie die Landeshauptleute zum Misstrauensantrag gegen Kurz stehen. Das Votum, von JETZT eingebracht, ist für Montag geplant. Eine Mehrheit gibt es ab 92 Stimmen im Nationalrat, SPÖ und FPÖ legten sich noch nicht fest, wie sie stimmen wollen.

ÖVP warnt vor Stillstand

Beim Treffen am Freitag im Bundeskanzleramt appellierten die ÖVP-Landeshauptleute an die SPÖ-Kollegen, auf ihre Parteispitze einzuwirken und Kurz im Amt zu lassen. Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer sagte, die SPÖ wisse zwar, worin sie sich „hier hineinmanövriert“ habe, nun komme man wohl schwer aus der Situation heraus. Man werde sehen, ob sich Stimmen in der SPÖ gegen Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner durchsetzen würden.

Treffen der Landeshauptleute mit Kurz

Am Freitag kamen die Landeshauptleute ins Wiener Bundeskanzleramt, um das künftige Vorgehen zu besprechen. Fritz Dittlbacher analysiert.

Ein Sturz des Bundeskanzlers in einer derartigen „Staatskrise“ wäre jedenfalls nicht gut, so Schützenhöfer. Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) appellierte an die SPÖ-Vertreter in der Landeshauptleutekonferenz, auf ihre Parteispitze einzuwirken. Kurz sei ein „exzellenter Bundeskanzler“ mit einer guten Reputation. Es sei abzuwenden, dass es monatelang zu einem Stillstand kommt.

Die Auswirkungen würden schwer wiegen, so Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Es komme möglicherweise zu einem Jahr Stillstand, zudem käme man mit dem Budget und den Vorhaben der Länder nicht weiter. „Die SPÖ verrennt sich da in etwas“, so Haslauer nach dem Treffen – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Keine neuen Angebote von Kurz

Die SPÖ-Landeshauptmänner sahen das am Freitag freilich anders. Es liege aber an Kurz, „sich Mehrheiten im Parlament zu suchen“. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser betonte, dass noch einiges sehr Überraschendes passieren müsste, damit Kurz das Vertrauen der SPÖ gewinne – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Bundeskanzler Sebastian Kurz beim Treffen mit den Landeshauptleuten
APA/Robert Jäger
Konferenz im Bundeskanzleramt: Kurz und die Landeshauptleute

Wiens Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ) sprach von einem reinen Informationsaustausch ohne konkrete Ergebnisse. Neue Angebote von Kurz habe es nicht gegeben. „Wir hätten diese auch nicht diskutiert“, so Ludwig. Sein burgenländischer Amtskollege Hans Peter Doskozil (SPÖ) sah in der jetzigen Regierung samt Expertenteam „in Wirklichkeit eine ÖVP-Alleinregierung“, da den neuen Mitgliedern auf der Regierungsbank „Aufpasser“ zu Seite gestellt worden seien. Das sei keine vertrauensbildende Maßnahme, so Doskozil.

Doskozil kann sich Expertenregierung vorstellen

„Ich habe klar gesagt, dass es aus meiner Sicht das Beste wäre, wenn es bis hin zur Phase der Wahl, bis hin zur Phase einer neuen Regierung, die gebildet wird, eine honorige Expertenregierung gibt. Damit kommt auch Ruhe in die Regierungsarbeit“, so Doskozil weiter – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Der „Presse“ sagte Doskozil am Freitag, Kurz das Misstrauen auszusprechen sei „in der jetzigen Situation“ richtig.

Wie die SPÖ nun tatsächlich zum Misstrauensantrag steht, sollen erst die Parteigremien entscheiden. Am Vortag hatte Kurz den Oppositionsparteien bereits Angebote gemacht. Bis zur Nationalratswahl sollen die Klubobleute aller Parteien an allen Ministerratssitzungen teilnehmen können. Eine „Taskforce“ soll Vergabeverfahren überprüfen. Zudem sollen die Untersuchungsausschüsse zum Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und Eurofighter nach der Wahl wieder eingesetzt werden. Die Opposition zeigte sich im Anschluss reserviert. An der Gesamtsituation habe sich „nichts geändert“, hieß es etwa aus der SPÖ.