Burgenländischer Landeshauptmann Hans Peter Doskozil
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Misstrauensvotum

Doskozil erhöht den Druck

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag die neun Landeshauptleute nach Wien eingeladen. Dabei ging es auch darum, den geplanten Misstrauensantrag für sich zu entscheiden. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ging später jedoch auf Konfrontationskurs: Die SPÖ könne nun nicht mehr zurück.

Das Misstrauensvotum, von JETZT eingebracht, ist für Montag geplant. Eine Mehrheit gibt es ab 92 Stimmen im Nationalrat, SPÖ und FPÖ legten sich noch nicht fest, wie sie stimmen wollen. SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner will noch am Freitag Stellung nehmen.

Doskozil aber kam ihr zuvor. Stunden nach dem Gespräch mit den anderen Landeshauptleuten und Kurz im Bundeskanzleramt legte er sich in mehreren Interviews fest. „Das hat ein Stadium erreicht, wo wir parteiintern nicht mehr zurückkönnen“, so Doskozil in der „Presse“ und den Bundesländerzeitungen.

„Egal, ob Kickl noch drei Monate geblieben wäre“

Das Verhältnis der SPÖ zu Kurz habe sich in den vergangenen Monaten verschlechtert. Die entscheidende Frage sei nun, was das für den Zusammenhalt in der SPÖ bedeute: „Und das Stimmungsbild bei uns – von den kleinsten Funktionären bis zu den Parteispitzen – ist, den Misstrauensantrag mitzutragen.“

Den abgesetzten Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nahm Doskozil in Schutz. Dass die ÖVP die Fortsetzung der Koalition mit der FPÖ an die Absetzung Kickls geknüpft habe, sah Doskozil als „Witz“ und politisches Kalkül. „Ob Kickl jetzt noch drei Monate Innenminister geblieben wäre oder nicht, wäre ja eigentlich egal gewesen. Die ÖVP hat jetzt eineinhalb Jahre alles mitgetragen, was Kickl gemacht hat“, so Doskozil. Außerdem habe Kurz selbst das „australische Modell“ in der Flüchtlingspolitik gefordert, und davon sei sogar Kickl weit entfernt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz beim Treffen mit den Landeshauptleuten
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Konferenz im Bundeskanzleramt: Kurz und die Landeshauptleute

Direkt nach dem Treffen mit Kurz hatte sich Doskozil für eine Expertenregierung ausgesprochen. Die derzeitige Aufstellung mit einem Expertenteam samt „Aufpassern“ sei „in Wirklichkeit eine ÖVP-Alleinregierung“. Das sei keine vertrauensbildende Maßnahme, so Doskozil – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser hatte gesagt, dass noch einiges sehr Überraschendes passieren müsste, damit Kurz das Vertrauen der SPÖ gewinne – Audio dazu in oe1.ORF.at.

ÖVP „fassungslos“

Die ÖVP reagierte empört auf Doskozil. „Ich bin fassungslos angesichts dieser staatspolitischen Verantwortungslosigkeit der SPÖ. Doskozil gibt ganz offen zu, innerparteiliche Überlegungen über das Staatswohl zu stellen“, kritisierte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in einer Aussendung. Dass Doskozil Kickl verteidigte, zeigte für ÖVP-Klubobmann August Wöginger „die völlige Zerrissenheit und Unglaubwürdigkeit der SPÖ im Umgang mit der FPÖ“.

Die ÖVP-Landeshauptleute hatten zuvor an die SPÖ-Kollegen appelliert, auf ihre Parteispitze einzuwirken und Kurz im Amt zu lassen. Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer sagte, die SPÖ wisse zwar, worin sie sich „hier hineinmanövriert“ habe, nun komme man wohl schwer aus der Situation heraus. Man werde sehen, ob sich Stimmen in der SPÖ gegen Rendi-Wagner durchsetzen würden.

Treffen der Landeshauptleute mit Kurz

Am Freitag kamen die Landeshauptleute ins Wiener Bundeskanzleramt, um das künftige Vorgehen zu besprechen. Fritz Dittlbacher analysiert.

Ein Sturz des Bundeskanzlers in einer derartigen „Staatskrise“ wäre jedenfalls nicht gut, so Schützenhöfer. Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) appellierte an die SPÖ-Vertreter. Kurz sei ein „exzellenter Bundeskanzler“ mit einer guten Reputation. Es sei abzuwenden, dass es monatelang zu einem Stillstand kommt.

Die Auswirkungen würden schwer wiegen, so Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Es komme möglicherweise zu einem Jahr Stillstand, zudem käme man mit dem Budget und den Vorhaben der Länder nicht weiter. „Die SPÖ verrennt sich da in etwas“, so Haslauer nach dem Treffen – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Gremien entscheiden

Wie die SPÖ nun tatsächlich zum Misstrauensantrag steht, sollen erst die Parteigremien entscheiden. Am Vortag hatte Kurz den Oppositionsparteien bereits Angebote gemacht. Bis zur Nationalratswahl sollen die Klubobleute aller Parteien an allen Ministerratssitzungen teilnehmen können. Eine „Taskforce“ soll Vergabeverfahren überprüfen. Zudem sollen die Untersuchungsausschüsse zum Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und Eurofighter nach der Wahl wieder eingesetzt werden. Die Opposition zeigte sich im Anschluss reserviert. An der Gesamtsituation habe sich „nichts geändert“, hieß es etwa aus der SPÖ.