Schwierige Regierungsbildung nach Wahl in Belgien

Nach der Parlamentswahl in Belgien steht dem Land einmal mehr eine schwierige Regierungsbildung bevor. Die flämischen Nationalisten bleiben Zwischenergebnissen zufolge trotz deutlicher Verluste gestern stärkste Kraft, der ultrarechte Vlaams Belang aus dem flämischsprachigen Norden konnte kräftig zulegen.

N-VA gesteht Niederlage ein

Obwohl die flämisch-nationalistische N-VA mehr Stimmen als jede andere Partei holte, sprach deren Vorsitzender Bart de Wever am Abend von einer Niederlage. „Wir haben die Wahlen verloren, ich gratuliere dem Vlaams Belang“, sagte er der Tageszeitung „L’Echo“ zufolge.

Nach Auszählung der Stimmen aus rund 6.000 von 6.700 Wahlkreisen kam seine Partei zwar noch auf knapp 17,5 Prozent der Stimmen. Vor fünf Jahren waren es aber noch gut 20 Prozent gewesen. Die N-VA geriet zuletzt unter Druck durch den Vlaams Belang, der dem Zwischenstand zufolge auf knapp 13 Prozent kam – das wäre ein Plus von knapp zehn Prozentpunkten.

Bis Ende 2018 war die N-VA sogar noch Teil der Mitte-rechts-Koalition des liberalen Premiers Charles Michel gewesen. Dann stellte sie sich jedoch gegen den UNO-Migrationspakt und ließ die Koalition platzen. Seitdem besteht die Regierung aus den flämischen Christdemokraten der CD&V sowie den flämischen und den wallonischen Liberalen – Open-VLD und MR.

Zukunft von Premier Michel ungewiss

Die Zukunft Michels ist ungewiss. Michels Partei MR verlor dem Zwischenstand zufolge knapp drei Prozentpunkte, auch die konservativen Parteien im Süden und im Norden büßten Stimmen ein. Gleiches gilt für die Sozialdemokraten in Flandern und der Wallonie.
Hinzugewinnen konnten in beiden Landesteilen vor allem die Grünen.

Regierungsbildungen sind in dem Königreich traditionell kompliziert. Die Parteien haben jeweils eigene Ableger im flämischen Norden und in der französischsprachigen Wallonie im Süden, in der Koalition sollen Parteien aus beiden Teilen des Landes sein.

Nach der Wahl vom Sommer 2010 hatte es in Belgien 541 Tage gedauert, bis Sozialisten, Christdemokraten und Liberale beider Sprachgruppen sich auf eine Koalition einigten, um ohne die N-VA eine Regierung bilden zu können. Bereits gestern Abend schlossen einige Politiker die Zusammenarbeit mit dem Vlaams Belang aus.