Weber wirbt bei anderen Parteien um Kompromisswillen

Der Spitzenkandidat der Konservativen bei der Europawahl, Manfred Weber (CSU), hat nach der Wahl die anderen bürgerlichen Fraktionen zur Kompromissfähigkeit aufgerufen. Was jetzt wichtig sei, „ist der Wille zum Kompromiss“, sagte Weber heute vor einer CSU-Vorstandssitzung in München. Er wolle deshalb noch heute Abend in Brüssel zusammen mit der Europäischen Volkspartei (EVP) mit Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen Gespräche starten.

Manfred Weber
APA/AFP/Christof Stache

Weber schloss aus, im europäischen Parlament mit Links- oder Rechtsextremen zusammenzuarbeiten. Es werde da weder Gespräche noch eine Zusammenarbeit geben. Trotz der Verluste der EVP pochte Weber darauf, dass seine Fraktion den kommenden Präsidenten der Europäischen Kommission stellen wird. „Ich gehe mit Demut in die Gespräche der nächsten Tage, aber auch mit Selbstbewusstsein.“

Poker um Juncker-Nachfolge beginnt

Weber will Nachfolger von Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission werden, gegen dieses Ziel gibt es aber auch Widerstände in anderen Ländern. Der CSU-Politiker sagte, es sei im Europaparlament „definitiv klar“, dass es dort keine Mehrheit für einen Kandidaten geben werde, der nicht Spitzenkandidat war.

Dagegen sträubt sich allerdings Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vehement. Er sucht vor dem morgigen Sondergipfel zum EU-Spitzenpersonal mit verschiedenen europäischen Partnern Gespräche ,darunter etwa der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und die Premierminister der Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Slowakei und Tschechien.

Timmermans mit „realistischen Chancen“

Die Sozialdemokraten (S&D) pochen auf ihren Spitzenkandidaten Frans Timmermans – dieser habe eine „mehr als realistische Chance“ auf den Posten, sagte der deutsche Sozialdemokrat Udo Bullmann gestern Abend in Brüssel. Die EVP habe weder die Resultate noch die Stärke, um Europa zu führen. Er wolle eine „progressive Mehrheit“.

Frans Timmermans
AP/Francisco Seco

Timmermanns selbst erhebt keinen Anspruch auf das Amt. „Meine politische Fraktion hat verloren, deshalb müssen wir bescheiden sein und ein klares Programm präsentieren“, so Timmermans in der Nacht nach Bekanntgabe der Prognosen. Seine Fraktion wolle mit anderen progressiven Parteien zusammenarbeiten und ein Programm erstellen, das die „Träume, aber auch die Sorgen“ der EU-Bürger berücksichtige.

ALDE lässt Unterstützung für Weber offen

Unterdessen ließen die Liberalen (ALDE) offen, ob sie Weber als Kommissionspräsidenten unterstützen. Auf jeden Fall sehe man das Aus der Mehrheit von EVP und S&D als Verdienst der Liberalen an. „Das ist dem Umstand geschuldet, dass wir Zulauf bekommen haben“, sagte Fraktionschef Guy Verhofstadt in Brüssel.

Jetzt müsse einmal über Inhalte geredet werden, wobei man nur mit proeuropäischen Fraktionen verhandeln werde, kündigte Verhofstadt an. Er wünscht sich eine stabile Parlamentsmehrheit, mit der Europa in puncto Steuergerechtigkeit, Kampf gegen den Klimawandel und Lösung reformiert werden könne.

Die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erhebt aber auch den Anspruch auf den Kommissionschefposten. „Es wäre merkwürdig, in Debatten mit Kandidaten teilzunehmen, die diesen Anspruch haben, wenn ich nicht sagen würde, dass ich dieselben Ambitionen habe – also ja“, so Vestager.