Ein Plakat zur ÖH-Wahl auf der Uni Wien
APA/Lukas Huter
ÖH-Wahl

GRAS legen zu, AG bleibt stärkste Kraft

Die Grünen und Alternativen Student_innen (GRAS) verbuchen einen Erfolg bei den Wahlen zur Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH). Sie legten stark zu und sorgten dafür, dass die linke Mehrheit in der ÖH-Bundesvertretung ausgebaut wurde. Stimmenstärkste Fraktion bleibt aber die VP-nahe AktionsGemeinschaft (AG).

Die AG kam auf 26,9 Prozent der Stimmen (plus 0,5 Prozentpunkte) und wie bisher auf 15 Mandate in der 55-köpfigen Bundesvertretung, dem österreichweiten Studentenparlament. Die GRAS folgen mit 22,7 Prozent (plus 7,1 Prozentpunkte) und 13 Mandaten (plus vier), der Verband Sozialistischer Student_nnen (VSStÖ) kommt auf 22,4 Prozent (plus 1,9 Prozentpunkte) und ebenfalls 13 Mandate (plus eins).

Die Jungen liberalen Studierenden (JUNOS) kamen auf 10,3 Prozent (minus 2,4 Prozentpunkte) und sechs Mandate (minus eins). Großer Verlierer sind die Fachschaftslisten (FLÖ) mit 9,8 Prozent (minus 4,3 Prozentpunkte) und fünf Mandaten (minus drei). Beide Kommunistischen StudentInnenverbände (KSV-KJÖ bzw. KSV-Lili) überflügelten diesmal stimmenmäßig den Ring Freiheitlicher Studenten (RFS). Alle drei Fraktionen erhalten aber je ein Mandat. Katerstimmung dürfte dagegen bei der Bier-und Spaßfraktion No Ma’am herrschen: Sie flog aus dem bundesweiten Studentenparlament hinaus.

Linke Mehrheit ausgebaut

Derzeit stellen VSStÖ, GRAS und FLÖ die ÖH-Exekutive mit 29 von 55 Mandaten. Künftig würde diese Konstellation auf 31 Sitze kommen. Eine Prozenthürde gab es bei der ÖH-Wahl überdies nicht. Für ein Mandat in der Bundesvertretung reichen üblicherweise rund zwei Prozent der Stimmen.

Grafik zum Ergebnis der ÖH-Wahl
ORF.at; Quelle: APA

Auf künftige Koalitionen wollte sich am Wahlabend niemand festlegen. Neben der bisherigen linken Dreierkoalition wären künftig anders als bisher auch wieder Zweierkoalitionen möglich (AG und GRAS bzw. AG und VSStÖ). Sogar eine Zusammenarbeit zwischen VSStÖ, GRAS und den beiden KSV käme auf eine Mehrheit von 28 Sitzen. Entschieden wird dies in den kommenden Wochen. Die konstituierende Sitzung der nächsten ÖH-Bundesvertretung findet dann am 21. Juni statt.

Rund 338.000 Studierende waren aufgerufen, auf Bundes-, Hochschul- und Studienvertretungsebene ihre Vertreter und Vertreterinnen für die kommenden beiden Studienjahre zu wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei 25,8 Prozent. Vor zwei Jahren sackte sie mit 24,5 Prozent auf ein Rekordtief. Die Beteiligung bei ÖH-Wahlen ist traditionell gering.

Kogler: „Die Grünen sind zurück“

Für den Parteichef der grünen Bundespartei, Werner Kogler, reiht sich das sich Ergebnis der GRAS in den momentanen Lauf seiner Fraktion ein, der am Sonntag bei der EU-Wahl greifbar wurde. „Die Grünen sind zurück“, so sein Befund, für dessen Gründe er „aber keine nähere Erklärung geben“ könne.

Adrijana Novakovic, Dietlinde Oberklammer, Marita Gasteiger (Grüne und Alternative StudentInnen/GRAS)
APA/Hans Punz
Die Grünen und Alternativen Student_innen (GRAS) jubeln bei der Ergebnisverkündigung

Angesicht der „fast schon traditionell“ niedrigen ÖH-Wahl-Beteiligung sollte man jedoch nicht ins Lamento verfallen – „besser wäre natürlich mehr“, sagte Kogler. Nach den Querelen zwischen Parteijugend und arrivierten Grünen in den vergangenen Jahren zeige auch der heutige Abend, dass „die Jungen etwas tun und etwas draufhaben“.

Faßmann: „Kassandrarufe“ nicht eingetreten

„Die Kassandrarufe sind nicht eingetreten“, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) mit Blick auf die entgegen vieler Vermutungen leicht gestiegene Beteiligung. Auch sein Ressort habe hier Aktivitäten gesetzt, so der Minister, den aber das geringe Interesse an Fachhochschulen (FH) oder Pädagogischen Hochschulen (PH) nachdenklich stimmt.

Um die Wahlbeteiligung zukünftig zu heben, müsse vor allem an diesen Standorten angesetzt werden. „Wir haben immerhin ganz beachtliche 55.000 Studierende an den Fachhochschulen“, sagte Faßmann. Neben seinem Ressort sei hier aber auch die ÖH klar selbst in der Pflicht, mehr Studenten zur Wahlurne zu bringen.

Marita Gasteiger (Grüne und Alternative StudentInnen/GRAS), ÖH -Vorsitzende Hannah Lutz (Verband Sozialistischer StudentInnen/VSStÖ), Bildungsminister Heinz Fassmann (ÖVP) und Johanna Zechmeister (FLÖ)
APA/Hans Punz
Marita Gasteiger (GRAS), ÖH-Vorsitzende Hannah Lutz (VSStÖ), Bildungsminister Heinz Faßmann und Johanna Zechmeister (FLÖ)

In seinen rund eineinhalb Jahren als Minister sei die Zusammenarbeit mit der ÖH-Bundesvertretung „eine sehr erfreuliche“ gewesen. Das liege vor allem am scheidenden Vorsitzteam – bestehend aus Marita Gasteiger (GRAS), Hannah Lutz (VSStÖ) und Johanna Zechmeister (FLÖ) –, das „immer sehr klug und auch pragmatisch“ argumentiert habe. Hätten alle politischen Diskussionen und Begegnungen „auf diesem intellektuellen Niveau stattgefunden, wäre ich sehr froh gewesen“, sagte Faßmann.

ÖH-Wahl im Schatten von EU-Wahl und Regierungskrise

Die dreitägige ÖH-Wahl hatte im Schatten der EU-Wahl sowie des Misstrauensvotums gegen die Regierung im Nationalrat am Montag begonnen. Sie fand zudem erstmals – zum Unmut der ÖH – in einer Feiertagswoche statt. Diesem Umstand dürfte der Zuwachs an Briefwählern geschuldet sein. Mit rund 8.000 abgegebenen Stimmen hat sich ihre Zahl gegenüber dem Jahr 2017 vervierfacht – mehr dazu in fm4.ORF.at.

Exotische Ergebnisse und Listennamen

Die ÖH-Wahl ist aber immer auch für eher exotische Ergebnisse gut. So weist etwa das Hochschulvertretungsergebnis an der Webster Private University Vienna ganze acht Stimmen für die Liste „United for Webster“ aus. Dieses 100-Prozent-Ergebnis beschert der Fraktion auch gleichzeitig alle sieben Mandate an der Privatuniversität.

Auch ungewöhnliche Listennamen sind für die ÖH-Wahl typisch: An der Hochschulvertretung der Fachhochschule Kärnten sicherte sich die Fraktion Unabhängiger Studierender (FRUST) die Mehrheit. An der PH Oberösterreich kam wiederum die Partei Unabhängige StudentInnen und Studenten Initiative (PUSSI) auf 100 Prozent der Stimmen.

An den Fachhochschulstudiengängen des Verteidigungsministeriums kommt der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) immerhin auf annähernd 57 Prozent – allerdings bei insgesamt lediglich 65 abgegebenen Stimmen. Eine brüderliche Drittelung der Stimmen gab es an der FH Wr. Neustadt, wo Unabhängige Liste für Wr. Neustadt, Wieselburg und Tulln – kurz „WiNeTu“ –, die Aktionsgemeinschaft Wiener Neustadt und die JUNOS-Studierende nahezu punktgenau je 33 Prozent der Stimmen erhielten.

Eine gewisse Neigung zu Einheitslisten lassen einige Kunstuniversitäten auf Hochschulebene erkennen: So vereinten an der Universität für angewandte Kunst die Fraktion „ZKF – Zentrale: Kritischer FOKUS“, an der Kunstuni Linz die Liste „Kunst und Politik“, an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw) die Fraktion „Kunterbunt“ und an der Akademie der Bildenden Künste die Liste mit dem programmatischen Namen „Reiche Eltern für Alle!“ alle abgegebenen Stimmen auf sich.

Dauerbrenner Studiengebühren

Die Themenvielfalt im Wahlkampf reichte vom Dauerbrenner Studiengebühren bis hin zum Weltfrieden. Klar gegen Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen sowie für das allgemeinpolitische Mandat der ÖH positionierten sich bei der großen ÖH-Wahldebatte Mitte Mai VSStÖ, GRAS und FLÖ sowie die beiden kandidierenden kommunistischen Studierendenverbände KSV-KJÖ und KSV-LiLi. Genau umgekehrt war das bei JUNOS, die als einzige Fraktion für die Einführung sind. Die AG sprach sich zwar gegen Studiengebühren, allerdings für Zugangsbeschränkungen aus und wollte das allgemeinpolitische Mandat beschneiden.

Bundesweites „Öffi“-Ticket und optionales Gendern

Der RFS war gegen Zugangsbeschränkungen und Gebühren für Österreicherinnen und Österreicher und nannte die Abschaffung des allgemeinpolitischen Mandats sogar als Hauptforderung. Gefallen am allgemeinpolitischen Mandat dürfte wiederum die Spaßfraktion No Ma’am haben: Ihr Einsatz galt bei einer Diskussion Mitte Mai primär Freibier, dreilagigem Klopapier und dem Weltfrieden.

VSStÖ und GRAS forcierten im Wahlkampf überdies das Fortbestehen der linken ÖH-Koalition. Während sich die VSStÖ unter anderem für soziale Absicherung starkmachte, setzte die FLÖ ihren Fokus auf bessere Studienbedingungen und mehr Mitsprache von Studierenden in Unigremien. Die AG forderte unter anderem auch ein österreichweites Studierenden-„Öffi“-Ticket und eine Skriptendatenbank. Die RFS pochte darauf, dass Formen des Genderns in wissenschaftlichen Arbeiten optional sein sollten.