Israels Premierminister Benjamin Netanyahu blickt unglücklich
Reuters/Ronen Zvulun
Neuwahl

Regierungsbildung in Israel gescheitert

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ist es nicht gelungen, binnen sechs Wochen eine neue Regierung zu bilden. Daher hat sich die Knesset nur einen Monat nach ihrer Vereidigung am Mittwochabend wieder aufgelöst und für eine vorgezogene Neuwahl am 17. September gestimmt.

Ein solcher Schritt ist beispiellos in der Geschichte Israels. TV-Moderatoren sprachen von „politischem Massenselbstmord“. 74 von 120 Abgeordneten stimmten für und 45 gegen den Antrag zur Auflösung, einer war abwesend.

Israel hatte am 9. April vorzeitig sein Parlament gewählt. Netanjahus rechtskonservativer Likud erhielt 35 von 120 Sitzen, genauso viele wie das Oppositionsbündnis der Mitte von Ex-Militärchef Benny Ganz. Insgesamt hat das Lager rechter und religiöser Parteien eine Mehrheit. Jedoch stritten die möglichen Koalitionspartner des Likuds vor allem über ein Gesetz, das schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst verpflichten soll.

Netanjahu appellierte bis zur letzten Minute

Ein Mitglied von Netanjahus Likud-Partei hatte den Antrag auf Auflösung des Parlaments gestellt. Damit sollte verhindert werden, dass nach dem Scheitern der Verhandlungen wie sonst üblich Präsident Reuven Rivlin einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu blickt unglücklich
AP/Sebastian Scheiner
Netanjahu gelingt es nicht, ein neues Regierungsbündnis zu schmieden

Netanjahu hatte bis zur letzten Minute an die Konfliktparteien appelliert, sich zu einigen – vor allem an den ultra-rechten Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman. Trotz seines Scheiterns gab sich Netanjahu siegesgewiss. Die bevorstehende Parlamentswahl werde er mit seiner Partei erneut gewinnen, sagte er in der Nacht zum Donnerstag. Lieberman warf er vor, mit seinem Verhalten gezielt „eine rechte Regierung gezielt gestürzt“ zu haben. Netanjahu sagte: „Lieberman ist jetzt Teil der Linken.“

Keine Fraktion wollte nachgeben

Lieberman hatte zuvor gesagt, das Wehrpflichtgesetz habe Symbolcharakter, und er werde in dem Streit nicht nachgeben. Er warf dem Likud am Mittwochabend vor, vor den strengreligiösen Parteien kapituliert zu haben. Lieberman pocht darauf, dass sich strengreligiöse Juden stärker an den Kosten und Pflichten des Allgemeinwesens in Israel beteiligen.

Netanjahus Likud warf Lieberman am Mittwoch vor, er wolle den Regierungschef mit seiner Verweigerungshaltung politisch vernichten und sein Nachfolger werden. Lieberman gab dagegen an, er bestehe nur auf seine Prinzipien. Ohne die fünf Sitze von Liebermans Partei Israel Beitenu hat Netanjahu keine Mehrheit. Auch seine strengreligiösen Koalitionspartner waren nicht zum Nachgeben bereit.

israels Minister und Parlamentarier im Knesset
AP/Sebastian Scheiner
In einem beispiellosen Schritt löst sich die Knesset nur einen Monat nach ihrer Vereidigung selbst auf

Wenige Stunden vor Ablauf der Frist für Netanjahu lehnte auch die Arbeitspartei ein Angebot des Likud zur Regierungsbeteiligung ab, wie sie selbst sagte. Sie hätten in der Nacht zuvor nochmals ein Angebot erhalten, dieses diskutiert und sich dagegen entschieden, schrieb der Vorsitzende Avi Gabai auf Twitter.

Hilferuf an Trump

Die israelische Nachrichtenseite Maariv hatte Anfang der Woche berichtet, israelische Politikvertreter hätten sich mit der Bitte an die USA gewandt, US-Präsident Donald Trump möge Druck auf Lieberman ausüben. Trump wünschte am Montag auf Twitter, dass die Regierungsbildung noch erfolgreich verlaufen werde. „Hoffe, (…) Bibi und ich können weiter die Allianz zwischen Israel und Amerika stärker als jemals zuvor machen“, schrieb Trump. „Bibi“ ist der Spitzname Netanjahus. Ein Oppositionspolitiker kritisierte die Aussage laut dem israelischen Fernsehen als Einmischung in die Innenpolitik des Landes.

Trumps Schwiegersohn und Berater Jared Kushner sowie US-Unterhändler Jason Greenblatt kamen inmitten der Politkrise in Israel an. Sie wollen nach Medienberichten bei Gesprächen am Donnerstag um Unterstützung für den lange erwarteten US-Friedensplan für den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern werben.

Konferenz zu Palästinensergebieten

Ende Juni soll als erster Teil des Plans eine Konferenz für wirtschaftliche Investitionen in den Palästinensergebieten in Bahrain stattfinden. Die Palästinenser lehnen diese Konferenz ab. Sie verlangen nach den Worten führender Vertreter eine politische Lösung des Nahost-Konflikts und ein Ende der israelischen Besatzung. Unklar war, ob bei einer erneuten Wahl in Israel die Präsentation des lange erwarteten Friedensplans wieder verschoben werden könnte.