Ein Mann geht durch einen ausgetrockneten Olivenhain
Reuters/Tony Gentile
Klimakrise

Risiken für Gesundheit steigen

Erst kürzlich hat eine Studie den EU-Staaten Defizite bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen attestiert. Nun warnen Experten in einem aktuellen Bericht auch vor längerfristig zunehmenden Gesundheitsrisiken durch Umweltverschmutzung und steigende Durchschnittstemperaturen.

Hitzewellen, extreme Wetterereignisse, Luftverschmutzung, Nahrungsmittelunsicherheit und neue Infektionskrankheiten könnten deutliche Folgen für die Gesundheit haben, heißt es darin. Daher seien Klimaschutzmaßnahmen dringend notwendig, heißt es in dem Bericht der Dachorganisation der nationalen Wissenschaftsakademien in der EU, des European Academies Science Advisory Council (EASAC).

Für den Bericht wurden zahlreiche unabhängige Studien analysiert. „Die Ergebnisse zeigen, dass der Klimawandel die menschliche Gesundheit beeinträchtigt und die Gesundheitsrisiken voraussichtlich zunehmen werden“, heißt es in einer Aussendung des EASAC. Der Dachorganisation gehören die Akademien der EU-Staaten – damit auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) – sowie der Schweiz und Norwegens an.

Keine Lösung ohne politischen Willen

Lösungen seien in Reichweite, und viel könne schon durch Handeln auf Grundlage des derzeitigen Wissens erreicht werden – aber das erfordere politischen Willen, betonen die Wissenschaftler. Erst Mitte Mai hatte es in einem Bericht der European Climate Foundation (ECF) geheißen, dass die EU-Staaten für das Erreichen der selbst gesteckten Klimaziele nur mäßig Ehrgeiz an den Tag legten. Österreich landete in einem Ranking dazu auf Platz 19 von 28. Eine weitere Studie der ECF attestierte der EU aber auch Potenzial, ihre Arbeit gegen den Klimawandel zu verbessern.

In dem EASAC-Bericht heißt es nun, die Stabilisierung des Klimas und verstärkte Anstrengungen zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen hätten „oberste Priorität“. Wenn nicht „rasch Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen ergriffen werden, um wie im Pariser Klimaabkommen festgelegt den Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius zu halten, sehen wir uns potenziell irreversiblen Veränderungen gegenüber, die weitreichende Auswirkungen auf viele Aspekte der Gesundheit haben werden“, so der Kovorsitzende der EASAC-Arbeitsgruppe, Andy Haines von der London School of Hygiene & Tropical Medicine (LSHTM).

Von Luftverschmutzung bis Ernährung

Als Gesundheitsrisiken, die mit der globalen Erderwärmung einhergingen, nennen die EASAC-Experten eine erhöhte Belastung durch hohe Temperaturen, Überschwemmungen und Dürren, Luftverschmutzung und Allergene, eine geringere Nahrungsmittel- und Ernährungssicherheit, eine Häufung und veränderte Verbreitung von Infektionskrankheiten sowie ein wachsendes Risiko von erzwungener Migration. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten durch eine künftig CO2-freie Wirtschaft und die damit verbundene geringere Luftverschmutzung außerdem mehrere hunderttausend vorzeitige Todesfälle pro Jahr in der EU verhindert werden.

Mähdrescher auf trockenem Maisfeld
Reuters/Pascal Rossignol
Die Landwirtschaft leidet unter trockenen Sommern

Durch die Förderung einer gesünderen, nachhaltigeren Ernährung mit mehr Konsum von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten und weniger rotem Fleisch könnten nicht nur Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch Treibhausgasemissionen verringert werden. Außerdem könnten Klimaschutzmaßnahmen die Verbreitung von Infektionskrankheiten verhindern, die sich etwa durch Stechmücken, Nahrungsmittel und Wasser ausbreiten.

Fakten statt Mythen

Die Wissenschaftler zeigen sich überzeugt, dass das Bewusstsein in der Bevölkerung über den gesundheitlichen Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen entscheidend zu einer raschen Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen könnte. Bisher seien die gesundheitlichen Auswirkungen der Klimakrise in der EU-Politik vernachlässigt worden. Außerdem sei es wichtig, Maßnahmen gegen Falschinformationen über Ursachen und Folgen des Klimawandels zu ergreifen, die den politischen Handlungswillen zu untergraben drohten, heißt es in dem Bericht.

Keine Inseln der Seligen

„Umwelt beeinflusst Gesundheit maßgeblich“, hatte erst vor wenigen Tagen der Titel einer Aussendung der Ärztekammer Wien gelautet. „Die Auswirkungen der Klimakrise mit ihren direkten und indirekten Zukunftsfolgen wie Artensterben, unfaire Nutzung allgemeiner Ressourcen, Flucht und Migration vor Umweltverschmutzung sowie Zerstörung des Lebensraums sind auch im Gesundheitsbereich bereits deutlich spürbar“, hieß es darin.

„Wir verzeichnen in Österreich bereits mehr Hitze- als Verkehrstote, und Krankheitserreger, die es zuvor bei uns nicht gab, breiten sich in Mitteleuropa aus.“ Die globalen Auswirkungen auf den Gesundheitssektor seien „ungleich drastischer, da durch die Erderwärmung die Häufigkeit von Dürren, Flutkatastrophen und Wasserknappheit steigt“. Der Medizinerverband erinnerte explizit daran, dass „dieses Problem ‚auch Österreich betrifft‘“.