Umrisse zweier Personen, die auf einen Sternenhimmel blicken
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Astronomen besorgt

Satelliten ruinieren Sternenhimmel

Im Weltall schwirrt mittlerweile so einiges herum – von Schrott bis hin zu unzähligen Satelliten. Erst vor wenigen Tagen wurden Dutzende weitere Satelliten auf einmal in den Orbit geschossen, Tausende sollen in den kommenden Jahren noch folgen. Astronomen wird das langsam zu viel. Sie fürchten um den Sternenhimmel.

Vor nicht einmal zwei Wochen brachte das private Raumfahrtunternehmen SpaceX, das auch für die US-Weltraumbehörde NASA arbeitet, 60 Satelliten ins All. Sie wiegen jeweils nur knapp 230 Kilogramm, dennoch sind sie am Nachthimmel von der Erde zu sehen, genug, um Astronomen auf die Barrikaden zu treiben, wie die „New York Times“ vor wenigen Tagen berichtete.

Für sie bedeuten die blinkenden und leuchtenden Flugkörper, die permanent ihre Runden um die Erde drehen, zu viel Licht am Himmel. Das Problem sei, dass diese Satelliten nicht mehr als ein sprichwörtlicher Tropfen seien, nachdem SpaceX für sein Projekt „Starlink“, weltweites verfügbares Internet, knapp 12.000 davon in den Orbit schießen will – eine Unmenge „falscher Sterne“, wie die US-Zeitung schrieb.

Alle wollen ins All

Die Satelliten seien schlicht zu hell. Sie könnten das Aussehen des nächtlichen Himmels verändern, zitierte die „New York Times“ den US-Astronomen Tyler Nordgren. Das Thema beschäftigt ihn schon länger, 2010 gab er ein Buch dazu heraus. Und: SpaceX sei nicht das einzige Unternehmen, das ins Weltall will. Auch andere US-Großkonzerne wie Amazon wollten im Geschäft mit dem Satelliteninternet mitmischen.

Ein auf einem Felsen sitzender Mann blickt auf einen Sternenhimmel über einer nächtlich beleuchteten Stadt
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Lichtverschmutzung ist nicht nur auf der Erde Thema. Es ist kaum noch irgendwo wirklich dunkel.

Die Satelliten seien jeweils mit Solarpanels für ihre Energieversorgung ausgerüstet. Diese absorbierten aber das Sonnenlicht nicht nur, sondern reflektierten es auch – in Richtung Erde. SpaceX-Gründer Elon Musk, der auch am E-Autohersteller Tesla beteiligt ist, habe zwar versichert, dass die Satelliten jeden Tag nur kurz zu sehen seien, ansonsten „kaum“. Allerdings hätten Fotos von Hobbyastronomen anderes gezeigt und die Fachwelt alarmiert.

Es blinkt und spiegelt

Darauf sei ein Strom aus Satelliten zu sehen gewesen, der heller als der Nordstern, Polaris, geleuchtet habe, schrieb das US-Blatt. Astronomen befürchteten, dass die Flugkörper – obwohl nicht groß – künftig mit bloßem Auge am sommerlichen Nachthimmel zu sehen sein und kaum in weiter entfernten Umlaufbahnen „verschwinden“ würden, wie das SpaceX versichert habe.

SpaceX-Rakete vor dem Start mit Starlink-Satelliten an Bord
APA/AFP/SpaceX
Internet rund um den Globus. SpaceX will knapp 12.000 Satelliten ins All schießen

Sie könnten flackern, was sie heller als Sirius, den Doppelstern, der als der hellster am Nachthimmel erscheint, aussehen ließe, sofern nur das Solarpanel gerade „richtig“ ausgerichtet sei. Dieses Blinken im All könne nicht nur beim Sterneschauen für Amateure stören, sondern auch beim Forschen.

Ein Strich über den Sternenhimmel

Ein Grund: Wenn ein leuchtender Satellit langsam über den Himmel zieht, hinterlässt das auf wissenschaftlichen Fotoaufnahmen mit langer Belichtungszeit einen hellen Streifen – das Bild sei ruiniert. Es sei nicht schwer, sich auszumalen, wie das aussähe, wenn mehrere tausend Satelliten ihre Runden um die Erde drehten. Außerdem senden die Satelliten Funkwellen aus, die ebenfalls die wissenschaftliche Arbeit stören könnten.

Der US-Astronom Alex Parker äußerte via Twitter die Befürchtung, die Zahl der leuchtenden Satelliten könnte bald die der mit freiem Auge sichtbaren Sterne übersteigen. Musk soll inzwischen sein Unternehmen angewiesen haben, weniger helle Satelliten zu entwickeln. Auch von Amazon habe es dazu eine Art Absichtserklärung gegeben. Allerdings habe sich Musk auch den Ärger der wissenschaftlichen Fachwelt zugezogen, nachdem er, ebenfalls via Twitter, sinngemäß erklärt hatte, die Internetsatelliten seien wichtiger.

Höhere und irdische Ziele

Astronomen wie Nordgren sind anderer Meinung, auch wenn die Argumente nicht immer naturwissenschaftliche sind. „Ein Himmel voller Sterne erinnert uns daran, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind“, so Nordgren eher philosophisch. Ziel von Musks Projekt ist es vor allem, auch entlegene Regionen der Erde mit Internet zu versorgen. Die Tausenden Satelliten sollen später untereinander kommunizieren können, die ersten 60 könnten es noch nicht, hieß es zuletzt.

Aber nicht nur intakte, auch ausgediente Satelliten, Trümmer von Raketen und anderer Müll werden zum zunehmenden Problem im All. Die Gefahr ist vor allem, dass Weltraumschrott Satelliten oder aber sogar die Internationale Raumstation (ISS) beschädigen könnte. Von der europäischen Weltraumbehörde European Space Agency (ESA) hieß es vor einigen Monaten, ihre Satelliten erhielten mittlerweile pro Tag an die 100 Warnungen vor Objekten, die ihnen zu nahe zu kommen drohten. Alle zwei Wochen stehe deshalb im Schnitt ein Ausweichmanöver auf der Tagesordnung.