Salomoneninseln
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Auf Druck von China

Salomonen erwägen Abkehr von Taiwan

Die Salomonen sind eine der wenigen noch verbliebenen Verbündeten Taiwans. Nun aber überlegt die Inselgruppe im Pazifik, ihre diplomatischen Beziehungen abzubrechen und sich China zuzuwenden. Taiwan würden somit nur noch 16 Länder bleiben, die auf seiner Seite stehen.

Die Entscheidung, ob die Salomonen ihre Beziehungen zu Taiwan zugunsten Chinas abbrechen, solle in den nächsten 100 Tagen erfolgen, sagte der Außenminister der Salomonen, Jermeiah Manele, bei einem Treffen mit Australiens Premierminister Scott Morrison am Montag.

Ursprünglich sollte diese „sensible“ Information nicht an die Öffentlichkeit gelangen, doch bereits am Mittwoch berichtete der britische „Guardian“ darüber. Da Australien versucht, Chinas wachsendem Einfluss auf die Pazifikregion entgegenzuwirken, gab es aber schon vor Morrisons Besuch Spekulationen, ob dieser die Salomonen dazu drängen werde, Verbündeter Taiwans zu bleiben.

Entscheidung ausschließlich „Sache der Salomonen“

Nach einem Treffen mit dem salomonischen Ministerpräsidenten Manasseh Sogavare wollte Morrison zwar nicht bestätigen, dass die Regierungschefs die Taiwan-China-Frage diskutiert hatten. Er sagte allerdings, Australien werde in dieser Angelegenheit keinen Druck ausüben – die Entscheidung bleibe ausschließlich der Regierung der Salomonen überlassen: „Sie sind ein unabhängiges, souveränes Land, das Entscheidungen in seinem nationalen Interesse treffen wird“, so Morrison. Manele kündigte indes an, dass die Regierung eine umfassende Bewertung und Prüfung der Situation vornehmen werde, um danach „gut informiert“ eine Entscheidung zu treffen, so der „Guardian“.

Australiens Premierminister Scott Morrison
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Australiens Premierminister Scott Morrison zu Besuch auf den Salomonen

Starker Druck aus China

Die Salomonen zählen zu sechs pazifischen Staaten und insgesamt 17 Ländern weltweit, die Taiwan als eigenständigen Staat anerkennen – und daher keine diplomatischen Beziehungen zu China aufrechterhalten. Denn die Volksrepublik China gesteht mit seiner Ein-China-Doktrin keinem Land zu, sowohl mit Peking als auch mit Taiwan Beziehungen zu unterhalten.

In den letzten Jahren hat China den Druck auf diese sechs Nationen stark erhöht, indem es seinen Verbündeten in der Region Hilfsleistungen anbietet und hohe Geldbeträge gewährt – ein starker Anreiz für einkommensschwache, hilfsbedürftige Länder, ihre diplomatischen Beziehungen mit Taiwan aufzugeben.

Der US-Botschafter in Australien, Arthur Culvahouse, sprach im März von einer „Zahltagdarlehensdiplomatie“. Er sei besorgt über die Art und Weise, wie China den Entwicklungsländern im Pazifik Geld leihe – es liege an den Verbündeten der USA und den westlichen Demokratien, die Menschen über die Gefahren solcher Kredite aufzuklären.

Chinas Präsident Xi Jinping
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China versucht, die verbliebenen Verbündeten Taiwans mit finanziellen Anreizen zu ködern

Doch auch Australien stellte die Pazifikregion in den Mittelpunkt seines Außenpolitikprogramms und wendet 35 Prozent seines Hilfsbudgets dafür auf. Auf den Salomonen etwa sollen laut Morrison in den nächsten zehn Jahren 174 Millionen Dollar (154,5 Mio. Euro) in die Infrastruktur des Inselstaates investiert werden – der Außenminister betonte jedoch, dass die Hilfe nicht mit der „diplomatischen Loyalität“ der Salomonen in Zusammenhang stehe.

17 diplomatische Verbündete verbleibend

China betrachtet die benachbarte Insel als eigenes Territorium. Taiwan sieht sich selbst als souveränen, demokratischen Staat, hat sich aber nie offiziell unabhängig von China erklärt. Der Streit über den Status Taiwans geht auf den Bürgerkrieg in China zurück, als die Truppen der nationalchinesischen Kuomintang nach ihrer Niederlage gegen Maos Kommunisten nach Taiwan flüchteten.

Seit Gründung der Volksrepublik 1949 betrachtet Peking die Inselrepublik, die selbst demokratische Wahlen abhält, als abtrünnigen Landesteil und droht mit einer Rückeroberung. Peking betrieb zuletzt verstärkt die internationale Isolierung Taiwans. Von zwei Dutzend Staaten, die Taiwan diplomatisch anerkannt hatten, konnte Peking fünf weitere auf seine Seite ziehen.

Karte von Ländern, die diplomatische Beziehungen zu Taiwan pflegen
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2018 brachen El Salvador, Burkina Faso und die Dominikanische Republik zugunsten Chinas die Beziehungen zu Taiwan ab. Damit gibt es weltweit nur noch 17 Länder, die den ostasiatischen Inselstaat diplomatisch anerkennen. Darunter sind vor allem kleine Pazifikländer, Karibikinseln und Staaten in Mittelamerika.

China will „Wiedervereinigung mit allen Mitteln“

Chinas Präsident Xi Jinping sagte zu Beginn des Jahres, er wolle die „Wiedervereinigung“ mit Taiwan notfalls auch mit Gewalt erzwingen: „Wir geben kein Versprechen ab, auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten, und behalten uns die Möglichkeit vor, alle erforderlichen Mittel zu ergreifen.“ China müsse und werde auch wiedervereinigt werden, das sei auch im Interesse und zum Wohle der „taiwanischen Landsleute“, so Xi.

Xi betonte außerdem, das Interesse an Taiwan sei „Teil von Chinas Innenpolitik“ und dass „Einmischung aus dem Ausland“ nicht vertretbar sei. Peking wolle sich deshalb die Option vorbehalten, so Xi, „alle notwendigen Maßnahmen“ auch gegen ausländische Kräfte einsetzen zu können.

In ihrer Neujahrsansprache sagte Taiwans Präsidentin Tsai Ing Wen, dass ihr Land nicht bereit sei, „unsere Souveränität aufzugeben oder Zugeständnisse hinsichtlich der Autonomie zu machen“. Peking habe zudem die „Existenz“ Taiwans zu akzeptieren, und Differenzen dürften nur friedlich gelöst werden. Sie bezeichnete die Insel in ihrer Rede – anders als Xi – als „Republik China auf der Insel Taiwan“, dem formalen Namen. Seit Ing Wens Amtsübernahme im Jahr 2016 verschlechterten sich die Beziehungen auf beiden Seiten wieder.