BVT-Untersuchungsausschuss
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„Schwarze Netzwerke“

Laute Rufe nach weiterer Aufklärung

Der Ausschuss zur Untersuchung der Vorgänge im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist am Mittwoch mit den letzten Zeugenbefragungen zu Ende gegangen. Grund dafür ist der anstehende Neuwahlbeschluss, der das Ende der Befragungen besiegelt. Doch will man sich mehrheitlich mit dem Fazit, das es jetzt zu ziehen gilt, noch nicht zufriedengeben.

Denn: Im Zuge der Dutzenden Befragungen von Politikern, BVT-Mitarbeitern, Ministeriumsmitarbeitern, Aktivisten und Privatpersonen, könne man ein „schwarzes Netzwerk“ zeichnen, hieß es praktisch von allen Parteien außer der ÖVP. Insbesondere mit dem Aufkommen des ÖVP-nahen Vereins ProPatria und dessen fast sämtlich dem BVT entstammenden Funktionsträgern erkannten die meisten Abgeordneten Hinweise auf eine Verflechtung der Partei mit dem Verfassungsschutz.

FPÖ sieht Verdachtsmomente „stark verdichtet“

Die FPÖ – anfangs im Zuge der Hausdurchsuchung beim BVT unter der Ägide des damaligen FPÖ-Innenministers Herbert Kickl im Fokus der Untersuchungen – sah einen Beleg für die „Machtkonzentration“ der ÖVP im BVT. Die Verdachtsmomente hätten sich „stark verdichtet“, es brauche offenbar ein Parteibuch, um ins Innenministerium zu kommen, so FPÖ-Fraktionsvorsitzender Hans-Jörg Jenewein nach dem letzten Ausschusstag vor Journalisten.

BVT-Untersuchungsausschuss
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Jenewein pochte auf eine Fortsetzung der Aufklärung zum „schwarzen Netzwerk“

Es gebe jetzt mehr offene Fragen als zu Beginn, so der FPÖ-Politiker. Es brauchte noch Zeit, um diese „schwarzen Netzwerke“ untersuchen zu können. Überhaupt wollte er statt von einem „BVT-Skandal“ lieber von einem „ÖVP-Skandal“ sprechen, den man in einem neuen U-Ausschuss aufklären müsse. Für eine weitere Aufarbeitung werde er sich jedenfalls einsetzen, betonte Jenewein. Es brauche eine stärkere Rolle des Parlaments.

SPÖ: „Grundzüge des schwarzen Netzwerks dargestellt“

Ähnlich äußerte sich die SPÖ nach dem letzten Ausschusstag: Die „Grundzüge des schwarzen Netzwerks“ seien „dargestellt“ worden, so Fraktionsvorsitzender Kai Jan Krainer – dabei hätte man noch eine Reihe von Auskunftspersonen zu befragen gehabt, um die Aufklärung voranzutreiben.

Doch auch ein anderer Umstand sei höchst aufklärungsbedürftig, nämlich der „Aufbau eines Geheimdiensts im Geheimdienst“ (BVT-Chef Peter Gridling hatte am Montag Entsprechendes dargestellt). Eine „blaue Stasi“ sei bereits im Aufbau, so Krainer. Im Moment gebe es "fast täglich neue Ideen für kommende U-Ausschüsse. Krainer plädierte dafür, sich das nach der Wahl zu überlegen. Klar sei aber, dass weitere Aufklärung – insbesondere zum „schwarzen Netzwerk“ – nötig sei.

Verfahrensrichter Eduard Strauss, Stephanie Krisper und Kai Jan Krainer im BVT-Untersuchungsausschuss
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Krisper mit Krainer und Verfahrensrichter Eduard Strauss (l.)

Krisper: „Wäre nötig, dass wir im Herbst fortsetzen“

Auch NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper, die durch konsequente Befragungen und beharrliche Ausschussarbeit auffiel, sah entsprechende Hinweise auf ÖVP-„Netzwerke“ und gab sich gleichzeitig sicher, dass die Erörterung der entsprechenden Umstände das Parlament noch weiter beschäftigen werde. „Der Ausschuss hat hervorragende Arbeit geleistet“, so Krisper, leider müsse die Arbeit nun unterbrochen werden. „Es wäre nötig, dass wir im Herbst fortsetzen.“

Auch bei JETZT ist man dieser Meinung: Alma Zadic bedauerte, dass der Ausschuss beendet werden musste, schließlich seien „Vereinsstrukturen ins Tageslicht“ gekommen. Man werde darauf bestehen, dass die Aufklärungsarbeit weitergeht. Fraktionsführer Peter Pilz ging angesichts seiner Bekanntmachung der personellen Verquickungen zwischen dem BVT und dem ÖVP-nahen Verein ProPatria am Vortag noch einen Schritt weiter: „Die Spuren führen alle zu (Ex-ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot) Blümel – er ist für mich der Kopf des ÖVP-Netzwerks“, so Pilz.

ÖVP sieht „ergebnislose“ Suche nach schwarzem Netzwerk

Die ÖVP kann diese Einschätzungen nicht teilen: Die Suche nach einem „schwarzen Netzwerk“ sei „ergebnislos verlaufen“, befand Fraktionsvorsitzende Gabriela Schwarz nach dem Ausschusstag. Es habe während der „sehr konstruktiven“ Befragungen nicht auch nur eine Aussage gegeben, die auf ein solches Netzwerk hinweisen würde.

BVT-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-Mandatarin Schwarz konnte aufgrund der Befragungen keine Hinweise auf ein „schwarzes Netzwerk“ erkennen

Als „schockierend“ bezeichnete sie allerdings das „Geheimprojekt“, von dem BVT-Chef Gridling am Montag dem Ausschuss berichtete. Dass der BVT-Chef außerdem von Interventionen erzählte und die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) solche zwei Tage später in Abrede stellte, konnte sie begründen: „Jeder hat seine Wahrnehmungen“, das sei zu respektieren.

Ausschussbericht wird erstellt

Eines ist jedenfalls fix: Nachdem die Zeugenbefragungen abgeschlossen sind, ist Verfahrensrichter Eduard Strauss am Zug. Er muss gemeinsam mit seinen Mitarbeitern einen Entwurf für den Ausschussbericht erstellen, was derzeit laut Strauss bereits auf Hochtouren laufe. Zeit hat man dazu bis eine Woche nach Veröffentlichung des Neuwahlbeschlusses im Amtsblatt. Danach haben die Fraktionen eine Woche Zeit für ihre Berichte. Bis spätestens Ende Juni oder Anfang Juli sollten die Berichte also zumindest intern vorliegen.