Vorsitzende der dänischen Sozialdemokraten Mette Frederiksen
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Regierungswechsel

Sozialdemokraten gewinnen Dänemark-Wahl

Dänemark steht vor einem Regierungswechsel. Bei der Parlamentswahl am Mittwoch sind die Sozialdemokraten stärkste Kraft geworden, vor der liberalen Venstre-Partei von Regierungschef Lars Lokke Rasmussen. Gemeinsam mit anderen linken Parteien können die Sozialdemokraten nun regieren. Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei musste hingegen herbe Verluste hinnehmen.

Die Sozialdemokraten von Parteichefin Mette Frederiksen kamen laut vorläufigem Ergebnis nach Auszählung aller Stimmen auf 25,9 Prozent. Sie liegen damit 2,5 Prozentpunkte vor der Partei Rasmussens, die mit 23,4 Prozent 3,9 Prozentpunkte zulegen konnte. Einen Absturz muss die rechtspopulistische Dänische Volkspartei hinnehmen, die auf 8,7 Prozent, ein Minus von über zwölf Prozentpunkten, kam. Deutlich verlor mit einem Minus von 5,2 Prozentpunkte auch die Liberale Allianz.

Da andere linksgerichtete Parteien zulegen konnten, kommt der rote Block rund um die Sozialdemokraten auf eine deutliche Mehrheit von 91 der insgesamt 179 Sitze im Parlament in Kopenhagen. Nicht eingerechnet sind die fünf Sitze für die grüne, zum roten Block neigende Partei Die Alternative. Rasmussens blauer Block kommt nur noch auf 75 Sitze. Mehrere Parteien lagen unmittelbar über- oder unterhalb der Zweiprozenthürde. Insgesamt standen am Mittwoch 13 Parteien zur Wahl.

Vorsitzende der dänischen Sozialdemokraten Mette Frederiksen verteilt Rosen
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Frederiksen wäre die bisher jüngste Regierungschefin Dänemarks

Frederiksen erklärte in der Nacht ihre Partei zur Wahlsiegerin. „Das ist ein historisch großer Sieg“, sagte die voraussichtliche künftige Ministerpräsidentin vor Anhängern in Kopenhagen. Das Ergebnis der Wahl zeige, dass sich die Dänen eine neue Regierung und eine neue politische Ausrichtung wünschten. An die junge Generation gerichtet sagte sie: „Ihr habt diese Wahl zu der ersten Klimawahl in der Geschichte Dänemarks gemacht.“

Rasmussen räumt Niederlage ein

Rasmussen räumte seine Niederlage ein. „Wir hatten eine fantastische Wahl, aber die Macht wechselt“, sagte er am späten Mittwochabend vor Parteianhängern in Kopenhagen. Er habe Frederiksen angerufen und ihr davon berichtet, dass er bei der dänischen Königin Margrethe II. am Donnerstagvormittag seine Rücktrittsunterlagen einreichen werde. Er sei jedoch bereit, eine Regierung der politischen Mitte unter seiner Führung zu bilden.

Dänischer Regierungschefs Lars Lokke Rasmussen von der liberalen Partei gibt ein Interview
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Die liberale Partei des bisherigen Regierungschefs Rasmussen legte zwar zu, konnte den Verlust der anderen Parteien aber nicht ausgleichen

In einem Telefoninterview mit dem TV-Sender TV2 sagte er zuvor, dass Frederiksen aller Voraussicht nach die Mehrheit an Mandaten hinter sich haben werde. Sie müsse deshalb die Chance erhalten, eine Regierung zu bilden. „Ich glaube nicht, dass das einfach für sie wird“, sagte er.

Frederiksen strebt eine Minderheitsregierung an, bei den meisten Themen will sie allerdings mit dem linksgerichteten Lager zusammenarbeiten. Bei der Einwanderung, bei der die bisher oppositionellen Sozialdemokraten eine striktere Linie verfolgen, will sie hingegen auf Unterstützung aus Rasmussens bürgerlich-liberalem Lager setzen. Die Konservativ-Liberalen waren in den vergangenen 18 Jahren 14 Jahre lang an der Regierung.

Zweite Frau an der Regierungsspitze Dänemarks

Umfragen hatten die Sozialdemokraten seit Wochen vorne gesehen. Viele Dänen betrachteten Frederiksen entsprechend schon länger als ihre kommende Ministerpräsidentin. Die aus Aalborg in der Region Nordjütland stammende Politikerin wäre nach Helle Thorning-Schmidt die zweite Frau, die dieses Amt in der Geschichte Dänemarks bekleidet. Mit 41 Jahren wäre sie jünger als jeder dänischer Regierungschef vor ihr. Im Wahlkampf versuchte Rasmussen zuletzt, für eine Koalition mit den Sozialdemokraten zu werben. Diese winkten jedoch ab.

Unter Thorning-Schmidt war Frederiksen von 2011 bis 2014 erst Arbeits- und bis zur Wahl 2015 anschließend Justizministerin. Die Sozialdemokraten wurden bei der Parlamentswahl vor vier Jahren zwar stärkste Kraft, verloren aber die Regierungsmacht. Frederiksen übernahm dann von Thorning-Schmidt die Parteiführung.

Wahlkampf: Einwanderung, Soziales und Klima

Im Wahlkampf war neben der Einwanderungspolitik und der Weiterentwicklung des Sozialstaats vor allem der Klimaschutz eines der Hauptthemen. Migrationspolitik ist eigentlich genau das Thema, mit dem die rechtspopulistische Volkspartei bisher eine Schlüsselposition in der dänischen Politik innehatte. Ihr harter Einwanderungskurs wird mittlerweile allerdings von faktisch allen Parteien geteilt, einschließlich der Sozialdemokraten. Sie stimmten etwa 2018 für das Burkaverbot, eine lange erhobene Forderung der Dänischen Volkspartei.

Vorsitzender der dänischen Volkspartei Kristian Thulesen Dahl auf dem Weg zu Stimmabgabe
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Der Vorsitzende der Dänischen Volkspartei muss herbe Verluste verantworten

Die Lage der Rechtspopulisten wurde allerdings auch durch Konkurrenz von Rechtsaußen erschwert. Dort sagten kleinere Parteien dem Establishment mit einwanderungs- und islamfeindlichen Ideen den Kampf an. Die Dänische Volkspartei, die sich einst als „Alternative“ zu den etablierten Parteien profilierte, war nun als Teil eben dieses Establishments selber Ziel.

Für die Dänen war es nach der Europawahl die zweite Abstimmung innerhalb von nur zehn Tagen. Das Interesse an der Wahl war dennoch groß: Bereits bis zum frühen Abend zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Bei der vorherigen Parlamentswahl 2015 hatte sie 85,9 Prozent betragen, am Mittwoch gingen 84,5 Prozent der Dänen zur Wahl.