Frau raucht eine Zigarette
ORF.at/Zita Klimek
Gastronomie

ÖVP will Rauchverbot zustimmen

Nach einigem Hin und Her dürfte nun doch das Rauchverbot in der Gastronomie kommen. Hatte sich die Ende Mai entlassene ÖVP-FPÖ-Regierung auf eine Rücknahme des an sich bereits beschlossenen absoluten Rauchverbots in der Gastronomie geeinigt und damit fast 900.000 Unterzeichner des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens unberücksichtigt gelassen, lenkt die ÖVP nun beim Thema Nichtraucherschutz ein.

Wie ÖVP-Klubobmann August Wöginger am Donnerstag per Presseaussendung bekanntgab, wird die ÖVP ihren Widerstand gegen das Rauchverbot in Lokalen aufgeben. Sollte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in der kommenden Session, die am 11. Juni startet, das entsprechende Gesetz aufheben, „dann ist die weitere Vorgangsweise klar. Dann kommt das Rauchverbot“, so Wöginger.

Falls der VfGH die derzeitige Regelung nicht kippt, „dann würden wir einem Antrag für das Rauchverbot die Zustimmung geben“, kündigte Wöginger an. Gegenüber der „Kronen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe) präzisierte Wöginger, er habe sich mit ÖVP-Obmann und Ex-Kanzler Sebastian Kurz auf diese Linie geeinigt. "Weitere Beschlüsse, die wir gefasst haben, werden wir nicht zurücknehmen“, so der ÖVP-Klubobmann.

ÖVP-FPÖ-Regierung kippte komplettes Rauchverbot

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hatte im März 2018 – gegen die Stimmen der Opposition – das eigentlich für Mai darauf vorgesehene komplette Rauchverbot gekippt. Nach dem Ende der Koalition hatte die SPÖ umgehend eine Gesetzesinitiative auf Wiedereinführung angekündigt.

Dass der VfGH die jetzige Regelung für nichtig erklärt, ist die Hoffnung der Stadt Wien, zweier Gastronomiebetriebe und einer jugendlichen Nichtraucherin, die sich an das Höchstgericht gewandt haben. Ihnen missfällt, dass in Lokalen – eingeschränkt, in abgetrennten Räumen und nur unter gewissen Voraussetzungen – geraucht werden darf.

SPÖ präsentiert konkreten Zeitplan für Gesetz

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner begrüßte am Donnerstag in einer Aussendung „das späte Umdenken der ÖVP in Sachen NichtraucherInnenschutz“. Die ÖVP scheine zur Vernunft gekommen zu sein. Nun gelte es, den Worten auch Taten folgen zu lassen und die rauchfreie Gastronomie so rasch wie möglich umzusetzen, so Rendi-Wagner.

Der SPÖ-Antrag solle daher bereits am 26. Juni im Gesundheitsausschuss behandelt werden und könne in der Folge schon im Juli im Parlament beschlossen werden, so die SPÖ-Chefin. Der Antrag sehe vor, dass das Gesetz zum Nichtraucherschutz am 1. September in Kraft trete, damit die Gastronomie eine ausreichende Übergangsfrist habe, den Nichtraucherschutz in ihren Lokalen umzusetzen. „Es ist meine Pflicht als Mutter, Ärztin und Politikerin, die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher mit gezielten Maßnahmen zu schützen. Keine Mutter, kein Vater wird auch nur eine Sekunde zögern, wenn man sie fragt, ob ihr Kind in einer rauchfreien Umgebung aufwachsen soll“, so die SPÖ-Parteivorsitzende. Diese Chance dürfe man nicht verstreichen lassen.

FPÖ: ÖVP Sprengmeister der Regierung

Kritik an dem ÖVP-Vorstoß kam vom ehemaligen Koalitionspartner FPÖ. Jetzt zeige die ÖVP ihr tiefschwarzes Gesicht, so der geschäftsführende Obmann der FPÖ Niederösterreich, Udo Landbauer. „Die Sprengmeister der Bundesregierung wollen das absolute Rauchverbot in allen Lokalen und Gastronomiebetrieben umsetzen.“ Mit dem absoluten Rauchverbot würden nun Tausende Gastrobetriebe vor den Kopf gestoßen.

„Die ÖVP verpasst unseren heimischen Wirten definitiv den Todesstoß und treibt bei vollem Bewusstsein, mit aller Gewalt das katastrophale Wirtesterben voran“, so Landbauer. Für die FPÖ Niederösterreich sei das der völlig falsche Weg. „Unsere Bürger und unsere Wirte sind mündig genug und können selbst entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen. Was die ÖVP hier abzieht, ist totaler Irrsinn“, so Landbauer.

Der freiheitliche burgenländische Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz verlangte eine Volksabstimmung zum Rauchverbot. Einen „türkisen Anschlag auf die Gastronomie“ ortete der Obmann der Freiheitlichen Wirtschaft Wien, Karl Baron. Er befürchtete für die Gastronomen „einen hohen finanziellen Schaden, der von niemandem ersetzt wird“, und in weiterer Folge ein Wirtshaussterben. Baron forderte die Wirtschaftskammer dazu auf , „ihren Machteinfluss innerhalb der ÖVP geltend zu machen, um diesen Wahnsinn zu stoppen“.

ÖVP: Fehler wird nun korrigiert

Erfreut über die neue Linie der ÖVP gaben sich auch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und seine Stellvertreterin und Gesundheitsreferentin Christine Haberlander (ÖVP). Sie befürworteten eine rasche legistische Umsetzung: „Ein weiteres langes Hin und Her ist auch für die Gastronomie nicht zumutbar.“ Stelzer und Haberlander betonten in einer gemeinsamen Erklärung, sie hätten sich immer gegen die Abkehr vom Rauchverbot in der Gastronomie ausgesprochen. Das sei „eine gesundheitspolitische Fehlentscheidung“ gewesen, die die FPÖ zur Koalitionsbedingung gemacht hätte. „Wir (…) sind froh, dass dieser Fehler nun korrigiert werden soll“, bekräftigten Stelzer und Haberlander.

NEOS: ÖVP an Taten messen

NEOS reagierte laut Aussendung „über den Schwenk erfreut, aber ohne Verständnis für das lange taktische Zuwarten der ÖVP beim Rauchverbot". „Es ist schön, dass die ÖVP sich endlich dazu bekennt, ein allgemeines Rauchverbot unterstützen zu wollen“, so NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Nach zwei Wochen taktischem Zickzackkurs sei das auch höchst an der Zeit. „Dass die angeblich neue Volkspartei aber auf das VfGH-Urteil warten will, um sich vielleicht aus der Verantwortung stehlen zu können, ist einer ernsthaften Partei unwürdig“, so Loacker. NEOS werde „die ÖVP auf jeden Fall an ihren Taten messen, nicht an ihren Ankündigungen“.

Auch die Gewerkschaft vida machte sich für eine rasche Umsetzung des Rauchverbots stark. „Die ÖVP soll sich nicht hinter der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zum Rauchverbot in der Gastronomie verstecken. Sie soll aktiv mithelfen, Fakten zu schaffen, und ein Rauchverbot auf Schiene bringen“, forderte Bernd Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus. Florian Stigler, Experte für öffentliche Gesundheit an der MedUni Graz, empfahl eine umgehende legistische Umsetzung. „Die rauchfreie Gastronomie sollte möglichst rasch eingeführt werden. Jedes Monat Verzögerung führt zu 2.700 vermeidbaren Krankenhausaufnahmen“, so Stigler gegenüber der APA.

WKÖ: Branche benötigt Rechtssicherheit

Der Fachverband Gastronomie in der Wirtschaftskammer (WKÖ) kann dem ÖVP-Vorstoß nichts abgewinnen. Obmann Mario Pulker sprach sich am Donnerstag gegen eine „unvermittelte Aufhebung von rechtsgültigen Gesetzesbeschlüssen“ aus. „Die Branche benötigt Rechts- und Planungssicherheit. Das ist am wichtigsten“, so Pulker am Donnerstag.

Eine umgehende Aufhebung der bestehenden Regelung bewirke das Gegenteil und verursache Kosten, die sich viele Betriebe nicht mehr leisten könnten. Im Übrigen sei die aktuelle Regelung erst vor Kurzem vom Parlament mit entsprechender Mehrheit beschlossen worden und entspreche „den Interessen der Mehrheit der Mitgliedsbetriebe in der Gastronomie“, so Pulker.

ÖVP will Rauchverbot zustimmen

Nach einigem Hin und Her dürfte nun doch das Rauchverbot in der Gastronomie kommen, denn die ÖVP lenkt nun beim Thema Nichtraucherschutz ein.

Initiative: Kein Spielball des Populismus

Die Initiatoren des Nichtraucherschutzvolksbegehrens „Don’t Smoke" begrüßten die Ankündigung Wögingers in einer Aussendung."„Die Gesundheit der Menschen ist nicht verhandelbar und darf kein Spielball von Populismus und Politik sein“, so die Initiatoren in einer Aussendung. „Jeder Tag der Verzögerung geht zulasten der Gesundheit der Bevölkerung“, hieß es.

„Besser ein später Schwenk als gar keiner“, so die grüne Bundesrätin Ewa Dziedzic über die Bereitschaft der ÖVP, nun doch für den Nichtraucherschutz in der Gastronomie zu stimmen. Glaubwürdigkeit sehe aber anders aus, so Dziedzic in einer Aussendung. „Dass erst das Platzen der türkis-blauen Koalition und die Abwahl der Regierung Kurz die ÖVP dazu bringt umzuschwenken, spricht leider Bände. Die Interessen und der Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer und der Bevölkerung kommen bei den Türkisen erst ganz am Schluss.“