SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
ORF
Rendi-Wagner

„Daran gewöhnen, dass Frauen entscheiden“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner führt die parteiinterne Diskussion um ihre Person darauf zurück, dass sie die erste Frau an der Spitze der SPÖ ist. „Die Politik muss sich daran gewöhnen, dass Frauen Entscheidungen treffen und diese zu respektieren sind“, so Rendi-Wagner.

Die SPÖ sei 130 Jahre nach ihrer Gründung diesbezüglich in einer Phase der Gewöhnung, so die erste Frau an der Spitze der Sozialdemokratie. Sie könne sich nicht erinnern, dass personelle Entscheidungen ihrer männlichen Vorgänger so „auffällig oft“ diskutiert worden seien.

Sie machte zugleich klar: „Ich gehe meinen Weg weiter.“ Sie werde „weiterhin meine Entscheidungen treffen, personeller und anderer Natur“, gab sich Rendi-Wagner einen Tag nach dem Treffen mit SPÖ-Spitzenrepräsentanten, nach dem sie die Personaldebatte für beendet erklärt hatte, kämpferisch.

Rendi-Wagner: Misstrauensvotum „richtige Entscheidung“

Die SPÖ-Bundesparteivorsitzende wertet das Misstrauensvotum gegen Ex-Kanzler Kurz (ÖVP) und dessen Kabinett als richtige Entscheidung. Und sie betont: Die Selbstbeschäftigung in der SPÖ müsse nun ein Ende haben.

„Schluss mit Nabelschau“

Am Freitag bekräftigte Rendi-Wagner, dass jetzt „Schluss sein“ müsse mit der „Nabelschau“ und man sich jetzt der Menschen und der für sie wichtigen Themen annehmen müsse. Sie werde demnächst „hinaus in die Bundesländer“ fahren und setze auf „mehr Dialog mit den Menschen“.

Von den aktuell sehr schlechten Umfragewerten zeigte sich die Parteichefin unbeeindruckt. Diese seien „nur Momentaufnahmen“ – und ihre Entscheidung, der „ÖVP-Alleinregierung“ das Misstrauen auszusprechen, sei vielleicht jetzt gerade nicht populär, aber die richtige gewesen.

Wahlmanager bestellt

Am Freitag hatte sie sich für einen neuen Wahlkampfleiter entschieden, den ehemaligen Wiener SPÖ-Landesparteisekretär Christian Deutsch. Er wird nicht zweiter Bundesgeschäftsführer, das bleibe Thomas Drozda allein, erklärte sie in der ZIB2. Ein genauer Schlachtplan für die kommenden Monate fehlt der zuletzt mit internen Querelen beschäftigten SPÖ sichtlich noch. In den nächsten Tagen werde man über eine breitere Aufstellung und die konkreten Ziele beraten.

De facto wird Drozda mit Deutsch ein zweiter Mann zur Seite gestellt. Deutsch gilt als enger Vertrauter von Ex-Kanzler Werner Faymann und dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Hintergrund: Deutsch war laut der „Kleinen Zeitung“ der „Rädelsführer jener ‚Flächenbezirk-Rebellen‘, die Anfang 2017 das Ende der Ära Michael Häupl eingeleitet und Nachfolger Michael Ludwig den Weg ins Rathaus frei geschaufelt hatten“. Zugleich steht und fällt das Wahlergebnis für die SPÖ mit Wien.

Wahlkampfleiter Christian Deutsch
APA/SPÖ/Henisch
Deutsch soll die SPÖ erfolgreich in den Wahlkampf führen

„An einem Strang ziehen“

Deutsch betonte gegenüber der „Kleinen Zeitung“ ebenfalls, dass nun Einigkeit nötig sei. Die SPÖ müsse alles tun, um „möglichst stark“ aus der Wahl hervorzugehen. „Die Ausgangslage ist das eine, aber das Wahlergebnis ein anderes.“ Alle müssten nun an einem Strang ziehen – und auch „in dieselbe Richtung“. Im Wahlkampf solle der Fokus zudem auf Inhalten liegen – „und nicht auf Parteiinterna“.

Vertrauter von Faymann und Bures

Deutsch war von 2008 bis 2014 Landesparteisekretär der SPÖ Wien. Seine politische Laufbahn startete er 1983 als Landessekretär der Sozialistischen Jugend (SJ) Wien. 1987 wurde er Vorsitzender der SPÖ Alterlaa in Wien Liesing und Bezirksrat in Liesing – der politischen Heimat auch von Faymann und der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures. Seit 2001 sitzt Deutsch für die SPÖ im Gemeinderat. Seit Oktober 2018 arbeitet er laut seinem Lebenslauf auf der Wiener SPÖ-Website im Büro von Bures. 1995 zog Deutsch in den Gemeinderat ein.

Nach der Gemeinderatswahl 1996 war er jedoch für eine Legislaturperiode als Mitarbeiter des Bauträgers ARWAG tätig, bevor er 2001 wieder ins Wiener Stadtparlament einzog und zugleich ins Wohnservice Wien wechselte, dessen Geschäftsführer er von 2006 bis 2008 war. In diesem Jahr übernahm Deutsch schließlich die Funktion des Landesparteisekretärs.

In dieser Funktion war Deutsch für Kampagnen und die strategische Positionierung der mächtigen Rathaus-Partei verantwortlich. Unter seine Ägide fiel u. a. die größte Mitgliederbefragung der Wiener Partei 2011 und die intensive Antiprivatisierungskampagne – Stichwort: Wasser, Gemeindebauten, „Öffis“. Unter seiner Wahlkampfleitung verlor die SPÖ 2010 ihre absolute Mehrheit.

2014 kurzfristig abgelöst

Im Juli 2014 war Deutsch als Wiener Landesparteisekretär – quasi dieselbe Funktion wie Drozda, aber auf auf Landesebene – kurzfristig vom damaligen Wiener Bürgermeister Häupl abgelöst worden. Laut „Presse“-Artikel von damals war unter anderem der damals für die SPÖ in Wien schlecht gelaufene EU-Wahlkampf ein Grund dafür. Ein weiterer Grund sei gewesen, dass Deutsch ein guter Organisator, aber nicht teamfähig gewesen sei. Vor allem mit der von Häupl als Deutschs Stellvertreterin installierten Katharina Schinner habe der nunmehr zum Wahlkampfmanager der SPÖ beförderte Deutsch nie eine Basis für Zusammenarbeit gefunden.

Ähnlicher Weg wie Faymann

Deutsch kam am 27. Februar 1962 in Linz zur Welt und absolvierte auch seine Schulausbildung in Oberösterreich, bevor er 1980 zwecks Studiums nach Wien wechselte und dort einige Semester Medizin belegte. Zu dieser Zeit, 1983, begann er seine politische Karriere als Landessekretär der SJ – unter dem damaligen SJ-Vorsitzenden Faymann. Auch danach schlug Deutsch einen ähnlichen Weg ein wie Faymann: Beide waren zwischen 1985 und 1988 Konsulenten der Zentralsparkasse, beide waren in der Mietervereinigung tätig.

Gewerkschafter kritisiert Parteispitze

Der oberste Postbusgewerkschafter Robert Wurm (FSG) übte indes Kritik an der SPÖ-Parteispitze. Rendi-Wagner sei dem Gewerkschaftstag der Post- und Fernmeldebediensteten am Dienstag trotz Einladung ferngeblieben. Sie habe sich zwar entschuldigt und zugesagt, dass Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda kommt – aber weder er noch sein Stellvertreter hätten sich eingefunden. Sehr viele seien daher „enttäuscht von unserer Bundesvertretung gewesen“, beklagte Wurm in einer der APA vorliegenden E-Mail an die Genossinnen und Genossen.

Beim Gewerkschaftstag der GPF, der alle vier Jahre stattfindet, waren laut Wurm 250 Funktionärinnen und Funktionäre der GPF (Post, Postbus, Telekom, Austro Control) sowie viele Ehrengäste gekommen. Dabei wurden die Gewerkschaftsgremien für die kommenden fünf Jahre bestellt.

SPÖ verweist auf „terminliche Gründe“

Wurm meinte in der E-Mail bezüglich des Nichterscheinens der Bundesparteispitze lakonisch: „Aber egal, wir laufen für diese Wahl (Nationalratswahl 29. September 2019, sic!) für unsere Familien, Arbeitskolleg/innen und Freunde, den ÖGB und die Arbeiterkammer, damit sie den Respekt bekommen, den sie verdienen. Nur festhalten möchte ich, bei der Wiener Landespartei unter unserem Bürgermeister Michael Ludwig würde so etwas nie passieren.“ Dieser sei „mit uns Fsglerinnen“ nicht nur freundschaftlich verbunden, sondern könne „immer auf uns zählen“.

Gegenüber der APA hieß es am Freitag aus der Bundespartei, dass die Parteichefin „terminliche Gründe“ gehabt habe. Es habe von ihr auch eine „persönliche Entschuldigung“ gegeben, hieß es. Die E-Mail von Wurm wollte man nicht weiter kommentieren, da man sie nicht kenne.