Auslieferungsgesetz nach Protesten in Hongkong auf Eis

Im Streit über das geplante Auslieferungsgesetz in Hongkong verhärten sich die Fronten. Zehntausende Menschen waren am Vormittag Aufrufen im Internet zu neuen Protesten gefolgt und hatten das Parlament umstellt und Barrikaden errichtet. Daraufhin wurde die zweite Lesung des Gesetzes vorerst verschoben.

Massenproteste in Hongkong gehen weiter

Im Streit über das geplante Auslieferungsgesetz in Honkong haben am Mittwoch erneut Zehntausende Menschen auf den Straßen Hongkongs demonstriert. (Videoquelle: APTN/Hong Kong Apple Daily)

Die meist in Schwarz gekleideten Gegner der Gesetzespläne zogen über eine wichtige Verbindungsstraße in der Finanzmetropole nahe dem Büro von Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam. Die Polizei war im Großeinsatz. Sie setzte Reizgas gegen Demonstranten ein und drohte mit einem harten Vorgehen, sollten die vor allem jüngeren Demonstranten nicht abziehen.

Größte Demos sei Jahrzehnten

Am Sonntag hatte es gegen das Vorhaben die größten Demonstrationen seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie an China vor mehr als 20 Jahren gegeben. In der Nacht auf Montag war es bei den zunächst friedlichen Massenproteste zu Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei gekommen.

Demonstranten in Hongkong
Reuters/Tyrone Siu

Das Gesetz soll künftig Auslieferungen auch an das chinesische Festland ermöglichen. Bisher hatte Hongkong davon Abstand genommen, weil das chinesische Justizsystem wenig transparent und die Verhängung der Todesstrafe weit verbreitet ist. In dem asiatischen Finanzzentrum geht die Sorge um, dass die geplante Gesetzesänderung den Sonderstatus Hongkongs gefährden könnte und Investoren abschreckt.

Auch Ausländer könnten betroffen sein

Im Ausland waren die geplanten Gesetzesänderungen ebenfalls auf Kritik gestoßen. Laut Experten könnten auch Ausländer von Auslieferungen nach China betroffen sein. Regierungschefin Lam sagte mittlerweile Ergänzungen zum Schutz von Menschenrechten zu. Chinas Außenministerium warnte unterdessen vor einer Einmischung in Hongkongs innere Angelegenheiten.

Bei der Rückgabe von Großbritannien hatte Peking Hongkong unter der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ für 50 Jahre weitreichende innere Autonomie zugesagt. In Hongkong gelten daher Grundrechte, die den Bürgerinnen und Bürgern der Volksrepublik vorenthalten werden, etwa Meinungs- und Pressefreiheit. Die Opposition wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen auszuhöhlen.