Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka
APA/Hans Punz
Nationalrat

Antragsflut auch am zweiten Plenartag

Die Antragsflut im Nationalrat ist auch am Donnerstag weitergegangen. Bereits zu Beginn des Plenums lagen zunächst rund 30 Anträge vor, denen am Ende der Sitzung eine Frist gesetzt werden könnte, womit sie noch im Juli beschlossen werden könnten. Bis zum Schluss gab es nach Angaben der Parlamentskorrespondenz einen „Abstimmungsmarathon“ mit insgesamt 44 Fristsetzungsanträgen, von denen 23 auch angenommen wurden.

„Rechnet man die bereits am Mittwoch angenommenen acht Fristsetzungen dazu, dann wartet auf die Abgeordneten in den nächsten drei Wochen noch viel Arbeit“, wie das Parlament per Aussendung weiter mitteilte. Das seit dem Bruch der ÖVP-FPÖ-Regierung im Nationalrat geltende freie Spiel der Kräfte wird von den Abgeordneten damit ausgiebig ausgereizt.

Ganz in diesem Sinne sprach Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) auch am Donnerstag im Rahmen seiner Begrüßungsworte von „ganz besonderen Zeiten“. Schließlich wollte Sobotka von den Abgeordneten noch wissen, ob „bei dieser Fülle“ an Anträgen, jemandem noch etwas abgehe – und in der Tat stieg die Zahl der Anträge im Sitzungsverlauf weiter.

Auch die Parlamentsmitarbeiter hatten alle Hände voll zu tun, den Überblick zu behalten. „Selbst Mitarbeiter der Klubs mussten am Mittwoch zugeben, nicht mehr den Durchblick zu haben, was heute im Nationalrat alles beschlossen wird“, schrieb dazu etwa der „Kurier“.

Neue Volksanwälte gewählt

Wenig überraschend verlief kurz vor Mittag die Wahl der neuen Volksanwälte und damit einer der wenigen bereits im Vorfeld fixen Tagesordungspunkte. Nominiert waren seitens der ÖVP der Abgeordnete Werner Amon, von der SPÖ der Leitende Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz, und von den Freiheitlichen deren bisheriger Klubobmann Walter Rosenkranz. Mit der Mehrheit der Abgeordneten folgen diese nun wie erwartet auf Gertrude Brinek, Günther Kräuter und Peter Fichtenbauer. Gegenstimmen kamen lediglich von NEOS und dem JETZT-Abgeordneten Alfred Noll.

Keine Gegenstimme gab es beim nächsten Programmpunkt – die „Auslieferung“ von Tschank erfolgt somit einstimmig. Der FPÖ-Abgeordnete war selbst dafür eingetreten, dem Ersuchen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nachzukommen. In der Angelegenheit geht es um eine Spätfolge des „Ibiza-Skandals“ – konkret um Tschanks Rolle in mehreren FPÖ-nahen Vereinen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Sache wegen Untreue, nachdem durch das „Ibiza-Video“ der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung im Raum steht. Dass Geld an die Partei geflossen sein könnte, weisen die Vereine zurück und haben entsprechende Gutachten von Wirtschaftsprüfern vorgelegt. Auch Tschank selbst beteuert seine Unschuld.

ÖVP-FPÖ-Mehrheit bei Haftungsrecht

Während sich am Vortag teils ungewöhnliche Konstellationen gefunden hatten, gingen am Donnerstag auch die vormaligen Koalitionspartner ÖVP und FPÖ bei diversen Anträgen gemeinsam vor. Wie das Parlament am Donnerstagnachmittag mitteilte, soll sich der Sozialausschuss neben den beschlossenen Fristsetzungen zum Papamonat, Mutterschutzgesetz und zur besseren Absicherung freiwilliger Helfer und Helferinnen bis zum 1. Juli unter anderem auch mit dem ÖVP-FPÖ-Antrag zum Jungfamilienfondsgesetz befassen. Ziel sei eine Anpassung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld.

Grafik zeigt die Sitzverteilung im Nationalrat
Grafik: ORF.at; Quelle: Parlament

Auch einige bildungspolitische Vorhaben aus der ÖVP-FPÖ-Koalition sollen noch auf den Weg gebracht werden. Dazu zählen unter anderem das Bildungsinvestitionsgesetz mit der damit angestrebten „Absicherung ganztägiger Schulformen und der Sicherstellung der Gleichwertigkeit von schulischen und außerschulischen Einrichtungen durch die Festlegung von Qualitätsstandards für außerschulische Einrichtungen als Bedingung für die Verwendung der Mittel“.

Im Justizausschuss soll bis 1. Juli schließlich auch das Haftungsrechtsänderungsgesetz „plenumsreif gemacht“ werden. Das Gesetzesvorhaben wurde von der ÖVP-FPÖ-Regierung infolge einer tödlichen Kuhattacke auf einer Tiroler Alm auf den Weg gebracht. Abseits davon stehen auch ein „Aktienrechtsanderungsgesetz, Änderungen in der Rechtsanwaltsordnung, in der Notariatsordnung und anderen Gesetzen, womit Anpassungen im Bereich Geldwäsche vorgenommen werden, und ein Antrag der NEOS, um die Ehe für alle auch im internationalen Privatrecht abzusichern“ auf dem Plan.

Wasser nun „großes Thema“ im Verfassungsausschuss

Auch seitens der SPÖ wurden wieder diverse Versuche unternommen, eigene Anträge ein Stück näher zum Beschluss zu bringen. Dazu zählen etwa ein eigener Antrag, ein Privatisierungsverbot für Wasser in die Verfassung zu schreiben. Das wird laut Parlament nun „großes Thema im Verfassungsausschuss sein, der bis 1. Juli über einen entsprechenden SPÖ-Antrag Bericht zu erstatten hat“.

Der Finanzausschuss soll bis 1. Juli zudem noch über die von JETZT beantragte Anpassung des Pflegegelds an die Inflation beraten. Ebenfalls bis zum 1. Juli soll nach dem Willen einer Parlamentsmehrheit auch der Gesundheits- und der Umweltausschuss zusammentreten und über den „SPÖ-Vorstoß zu einem gesetzlichen Verbot von Konversionstherapien und um den ÖVP-FPÖ-Antrag zur AWG-Rechtsbereinigungsnovelle 2019 mit dem Verbot von Kunststofftragetaschen“ beraten.

Schließlich sollte auch der Außenpolitische Ausschuss bis 2. Juli zusammentreten, um einige Vorlagen plenumsreif zu machen. Dabei handelt es sich um das Protokoll zum Übereinkommen von Zwangsarbeit, um das Kulturabkommen mit der Ukraine und den Einspruch gegen den Beitritt der Republik der Philippinen zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung.

Auftakt mit Rede von Europaratspräsidentin

Gewidmet war der heutige Nationalratstag indes dem 70. Jahrestag des Europarats. Dieser Programmpunkt stand mit einer Rede von Liliane Maury Pasquier, Präsidentin der parlamentarischen Versammlung des Europarates, gleich zu Beginn auf der Tagesordnung des Plenartages. Maury Pasquier würdigte vor den Abgeordneten den Beitrag Österreichs in der vor 70 Jahren gegründeten internationalen Organisation. Österreich sei ein stabiler Partner und ein entschiedener Verteidiger der demokratischen Werte des Kontinents.

Besondere Bedeutung maß Maury Pasquier dem Thema Gleichstellung zu. Sie verwies auf die im Vorjahr gegründete Initiative „#NotInMyParliament“, in er es um Maßnahmen gegen Sexismus im Parlament geht. Sie hoffe, dass sich Österreich dieser Initiative anschließt.