Öltanker
AP/ISNA/Iranian Students’ News Agency
USA beschuldigen Iran

Tankervorfälle heizen Konflikt an

Nachdem am Donnerstag zwei Tanker im Golf von Oman in Brand geraten sind, nehmen die Spannungen zwischen dem Iran, Saudi-Arabien und auch den USA weiter zu. Die USA machten den Iran Donnerstagabend bereits für die mutmaßlichen Angriffe verantwortlich. Das sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Donnerstag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Washington.

Diese Einschätzung basiere auf Geheimdienstinformationen, der Art der verwendeten Waffen und der Ausgeklügeltheit der Angriffe, sagte Pompeo. Die Aktion sei Teil einer Kampagne Teherans, „um die Spannungen eskalieren zu lassen“. Es gehe dem Iran darum, den Öltransport durch die Straße von Hormus zu unterbinden. Weitere Details oder Beweise für die Behauptungen nannte der Minister nicht. Die USA rechnen nach Angaben aus Regierungskreisen zudem mit weiteren Angriffen auf Öltanker.

Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran waren zuletzt stark gestiegen, nachdem die Regierung in Washington die Sanktionen gegen die Islamische Republik deutlich verschärft hatte. Die USA verstärkten deswegen ihre Militärpräsenz in der Golfregion. Die Fünfte Flotte der USA ist im Golfemirat Bahrain stationiert. Sie ist unter anderem für den Persischen Golf, den Golf von Oman und das Rote Meer zuständig.

Am Donnerstag endet zudem der Besuch des japanischen Regierungschefs Shinzo Abe im Iran, der dort im Atomkonflikt mit den USA vermitteln wollte. Er wisse die jüngsten Vermittlungsbemühungen Abes zu schätzen, schrieb Trump auf Twitter. Er persönlich denke aber, „dass es zu früh ist, auch nur darüber nachzudenken, einen Deal zu machen“.

Warnung vor Eskalation

Saudi-Arabien verfolge die Nachrichten über die „Terroroperationen“ mit großer Sorge, sagte der saudische Energieminister Chalid al-Falih, wie die staatliche Nachrichtenagentur SPA am Donnerstagabend meldete. Das Land werde die nötigen Maßnahmen ergreifen, um seine Häfen zu schützen. Das Energieministerium in Riad und der saudische Ölriese Aramco hätten ihre Bereitschaft erhöht, um solchen feindlichen Akten zu begegnen.

Die UNO, Deutschland und Großbritannien hatten unterdessen vor einer Eskalation gewarnt. Die Welt könne sich keine große Konfrontation in der Golfregion leisten, sagte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. Auch der UNO-Sicherheitsrat wollte sich mit der Lage am Golf beschäftigen. Belege der USA erhielt der Rat am Donnerstag aber nicht. „Wir haben keinerlei Beweise diskutiert“, sagte der kuwaitische UNO-Botschafter Mansur al-Otaibi nach einem Treffen des Gremiums. Auch habe der Sicherheitsrat keine Maßnahmen angesichts der steigenden Spannungen beschlossen.

Das iranische Außenministerium zeigte sich besorgt über die mutmaßlichen Angriffe und sprach von „dubiosen“ Zwischenfällen. Besonders der Zeitpunkt sei sehr verdächtig, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Zur gleichen Zeit habe nämlich in Teheran ein Treffen zwischen dem iranischen Führer Ajatollah Ali Chamenei und Japans Ministerpräsidenten stattgefunden. „Solche Zwischenfälle stehen sicherlich im Kontrast mit regionalen und überregionalen Bemühungen, die Spannungen in der Region zu reduzieren“, schrieb der Sprecher am Abend auf Twitter.

Karte vom Oman
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: BBC

Tanker setzten Notrufe ab

Donnerstagfrüh hatten zwei Schiffe im Golf von Oman Notrufe abgesetzt und wurden evakuiert. Die Hamburger Reedereigruppe Bernhard Schulte Shipmanagement teilte am Donnerstag in Singapur mit, ihr mit Methanol beladenes Schiff „Kokuka Courageous“ sei bei einem mutmaßlichen Angriff beschädigt worden. Der Tanker sei evakuiert, eines der 21 Besatzungsmitglieder leicht verletzt worden. Der Zwischenfall ereignete sich diesen Angaben zufolge in etwa 70 Seemeilen Entfernung vom arabischen Emirat Fudschaira und etwa 14 Seemeilen entfernt von der iranischen Küste.

Nach Angaben der Reederei besteht keine Gefahr, dass das Schiff sinkt. Die Ladung sei „intakt“. Der Schaden sei auf der Steuerbordseite im hinteren Teil des Frachters, sagte ein Sprecher. Die Seeleute seien alle mit einem Rettungsboot auf ein anderes Schiff gebracht worden, die „Coastal Ace“. Der leicht verletzte Seemann habe dort Erste Hilfe bekommen. Bei den Seeleuten handle es sich ausnahmslos um Philippiner.

Norwegische Schifffahrtsbehörde bestätigt Angriff

Bei dem anderen Tanker handelt es sich um die „Front Altair“ der norwegischen Reederei Frontline – die norwegische Schifffahrtsbehörde hat einen Angriff inzwischen bestätigt. Es sei von drei Explosionen an Bord berichtet worden, das Schiff sei in Brand geraten. Meldungen, wonach der Tanker nach dem Zwischenfall gesunken sei, wurden später dementiert. Die Crewmitglieder seien nicht zu Schaden gekommen, sie seien von einem anderen Schiff an Bord genommen worden. Hintergründe seien unklar, man rate norwegischen Schiffen aber, bis auf Weiteres Abstand zu iranischen Gewässern zu halten.

Auch die omanische Küstenwache sagte der norwegischen Zeitung „Dagbladet“, es habe einen Angriff gegeben. Es sei zu einer Explosion an Bord des norwegischen Schiffes gekommen, man stehe in Kontakt mit den iranischen Behörden.

MT Front Altair in Antwerpen (Belgien)
AP/Marine Traffic/Patrick Vereecke
Die „Front Altair“ fährt unter der Flagge der Marshallinseln. Sie ist 252 Meter lang und 44 Meter breit.

US-Kriegsmarine registrierte Notrufe

Die US-Kriegsmarine erhielt nach eigenen Angaben in der Früh Notrufe der beiden Tanker. Schiffe der US-Navy seien in der Gegend und leisteten Unterstützung. Auch die Informationsplattform UKMTO der britischen Marine berichtete von einem Zwischenfall. Die Organisation registriert und untersucht Angriffe auf Handelsschiffe in der Region. Anrainer der dortigen Meerenge von Hormus sind der Iran sowie die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman. Über diese Verbindung läuft ein erheblicher Teil des weltweiten Rohöltransports per Schiff. Der Iran hat mehrfach gedroht, die Straße von Hormus zu blockieren. In diesem Fall wird mit einem starken Anstieg der Ölpreise gerechnet.

Der Iran untersucht die schweren Zwischenfälle. Mehrere Expertenteams seien mit Hubschraubern über das Seegebiet geflogen, in dem es Explosionen gegeben habe, sagte ein Sprecher der Rettungsabteilung der iranischen Flotte zuvor. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollten schon bald bekanntgegeben werden, zitierte die Nachrichtenagentur IRNA den Sprecher. Zuvor hatten IRNA zufolge iranische Teams die Rettung der 44 Seeleute mit koordiniert. Die iranischen Behörden sprechen bis jetzt von einer Explosion, nicht von einem Angriff.

Angriffe schon im Mai

Erst Mitte Mai waren vier Öltanker vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate attackiert worden. Saudi-Arabien machte den Iran und von ihm unterstützte Kräfte dafür verantwortlich. Der Iran wies die Vorwürfe zurück. US-Sicherheitsberater John Bolton sprach später von Angriffen mit Seeminen, für die „fast sicher“ der Iran verantwortlich sei. Beweise für seine Anschuldigung legte er nicht vor. Die Regierung in Teheran wies den Vorwurf zurück und sprach von „lächerlichen Behauptungen“.