Jugendstrafrecht: EU-Richtlinie nicht zeitgerecht umgesetzt

Österreich ist bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie säumig, welche die Rechte von Kindern und Jugendlichen stärkt, die als Verdächtige oder Beschuldigte in Strafverfahren geführt werden. An sich hätte die Richtlinie bis zum 11. Juni 2019 umgesetzt werden müssen, eine innerstaatliche Regelung ist bisher allerdings nicht in Kraft getreten.

„Damit ist die Richtlinie unmittelbar anwendbar“, konstatierte gestern Michaela Sanda, stellvertretende Leiterin der Fachgruppe Jugendstrafrecht in der Richtervereinigung. Man habe daher den Jugendrichtern empfohlen, als Tatverdächtige festgenommene Jugendliche grundsätzlich nicht mehr ohne anwaltlichen Beistand zu vernehmen, um der Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates vom Mai 2016 Genüge zu tun.

„Notfalls wird man auf sogenannte Verteidiger in Bereitschaft zurückgreifen müssen, die in der entsprechenden Liste der Anwaltskammer ausgewiesen sind“, erläuterte Sanda im Gespräch mit der APA.

Damit ist Österreich nicht allein. Bisher hätten lediglich sechs Mitgliedsstaaten die Richtlinie in innerstaatliches Recht gegossen, berichtete Helmut Sax, auf Kinderrechte spezialisierter Experte am Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte, der APA. Sax begrüßte es, dass die EU nach dem Opferschutz nun auch die Verfahrensrechte von beschuldigten Jugendlichen forciert.