Brennender Tanker
APA/AFP/ISNA
Tankerangriffe

„Beweise“ gegen Iran bleiben vage

Die USA beschuldigen den Iran, für die Angriffe auf zwei Tankschiffe im Golf von Oman verantwortlich zu sein. Am Wochenende war die Rede von neuen „Beweisen“, unter anderem einer angeblich vom Iran abgefeuerten Rakete auf eine US-Drohne. Unter dem Strich bleiben die Indizien aber vage. Nicht nur in Europa, auch in den USA gehen die Meinungen darüber auseinander.

Für US-Präsident Donald Trump und seinen Außenminister Mike Pompeo war von Anfang an klar, dass die Angriffe vom iranischen Militär durchgeführt wurden. Am Samstag berichtete der US-TV-Sender CNN, Stunden vor den mutmaßlichen Angriffen auf die beiden Tanker sei eine iranische Rakete in Richtung einer US-Drohne abgefeuert worden. Zuvor habe die Drohne beobachtet, wie sich iranische Boote den Schiffen genähert hätten.

Allerdings: Der Bericht eines US-Regierungsbeamten dazu enthalte keinerlei Informationen dazu, ob die Besatzung der Boote die Tankschiffe angegriffen habe oder nicht. Für den US-TV-Sender Fox News war trotzdem sofort klar: Der Präsident müsse seinen Drohungen gegen die Islamische Republik Taten folgen lassen, um der iranischen Führung eine Botschaft zu schicken, „die sie nicht vergessen“. Wenn Teheran keinen „Preis für seine terroristischen Attacken auf die Tanker“ zahle, werde es weitere Angriffe geben, nicht nur auf Schiffe. Der Sender steht politisch Trumps Republikanern nahe.

Nach Irak-Krieg berechtigte Zweifel

Anders sah es die „New York Times“ unter der Schlagzeile: „Wenn Trump den Iran beschuldigt, hat er ein Problem: Seine eigene Glaubwürdigkeit“. In zweieinhalb Jahren habe Trump derart viele irreführende oder unwahre Dinge „über sich, seine Feinde, seine Politik“, seine Familie und Finanzen gesagt, dass viele US-Amerikaner schon lange zu der Einsicht gelangt seien, dass man ihm nicht trauen könne. Und unter keinen Umständen sei das Vertrauen in die Worte eines Präsidenten derart wichtig, wie wenn es um Frieden oder Krieg gehe. Das hätten sie etwa die seinerzeit falschen Anschuldigungen gegen den Irak über Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen unter Ex-Präsident George W. Bush gelehrt.

Fest steht bisher aber: Die Schäden an den beiden Schiffen, der „Front Altair“ aus Norwegen und dem Tanker „Kokuka Courageous“ aus Japan, seien nicht auf mechanisches oder menschliches Versagen zurückzuführen, hieß es Freitagabend von der norwegischen Reederei Frontline. Die Ursache sei nach wie vor unklar und werde untersucht. Jedenfalls werde Frontline „extreme Vorsicht“ walten lassen, wenn es um neue Transportaufträge in der Golfregion gehe.

Großbritannien ist sich „fast sicher“

Der Iran wies die Verantwortung dafür zurück, ähnlich wie schon bei ähnlichen Vorfällen vor wenigen Wochen am Golf. Die EU hielt sich mit Schuldzuweisungen zurück, auf die Seite der USA stellte sich Großbritannien. Es sei „fast sicher“, dass die Angriffe von Soldaten der iranischen Revolutionsgarden ausgeführt wurden, hieß es in einer Erklärung aus London. Keine anderes Land oder staatlicher Akteur könne „plausibel dafür verantwortlich gewesen sein“.

„Unsere eigene Einschätzung führt uns zu der Annahme, dass die Verantwortung für die Angriffe fast ganz sicher beim Iran liegt“, sagte der britische Außenminister Jeremy Hunt. Beweise legte er aber ebenso wenig vor wie zuvor sein US-Kollege Amtskollege Pompeo.

Bild vom Sentinel-2-Satelliten der Europäischen Kommission zeigt den brennenden Öltanker zwischen der arabischen Halbinsel und dem Iran
AP/European Commission
Ein Satellitenbild zeigt den brennenden Tanker „Front Altair“ zwischen der arabischen Halbinsel (l.) und dem Iran (r.)

Vorsichtiger gab sich die EU: „Wir sind dabei, die Lage zu bewerten und Informationen zu sammeln“, so ein ranghoher EU-Beamter in Brüssel. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sprach sich für unabhängige Untersuchungen aus.

Iran weist Vorwürfe zurück

Der Iran hält die am Vortag von US-Außenminister Pompeo vorgebrachte Beschuldigung für „lächerlich, gleichzeitig aber auch besorgniserregend und gefährlich“, wie Außenministeriumssprecher Abbas Moussawi am Freitag laut der staatlichen Agentur IRNA sagte. Anstatt grundlose Unterstellungen zu verbreiten, sollte man eher herausfinden, wer von solchen Krisen am Golf am meisten profitiere.

Pompeo hatte den Iran verantwortlich gemacht und später ein vermeintliches Beweisvideo präsentiert, das nach der Explosion spielt. Es soll zeigen, wie ein Schnellboot des Typs Gaschti der iranischen Revolutionsgarden auf den Tanker „Kokuka Courageous“ zufährt und die Besatzung eine nicht explodierte Haftmine vom Tankerrumpf entfernt.

US-Militär veröffentlicht Video

Das von den USA veröffentliche Video soll laut US-Militär den Angriff auf den Tanker „Kokuka Courageous“ zeigen. Laut den USA soll es ein Boot der iranischen Revolutionsgarden zeigen. (Quelle: APTN/US Central Command)

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif warf den USA vor, die Vorfälle als Vorwand zu nehmen. „Mit einem Fetzen an Indizien haben die USA sofort den Iran beschuldigt … damit ist klar, dass das amerikanischen B-Team auf Plan B und auf Sabotagediplomatie umgeschaltet hat“, schrieb Sarif auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Mit dem B-Team meint Sarif die Mannschaft von US-Sicherheitsberater John Bolton, der nach Ansicht Teherans einen Regimewechsel im Iran plant und dafür sogar einen militärischen Konflikt provozieren würde.

Schäden im Schiff werden mit roten Pfeilen auf einem Foto gezeigt
AP/U.S. Central Command
Die USA präsentierten ein Bild, das laut ihren Angaben den Schaden an der „Kokuka Courageous“ zeigt.

Mysteriöse Umstände

Die genauen Umstände der Zwischenfälle vom Donnerstag bleiben damit unklar. Der japanische Betreiber der „Kokuka Courageous“ bestritt, dass dieses von einem Torpedo getroffen wurde. Es habe zwei Angriffe im Abstand von einigen Stunden gegeben, sagte der Präsident der Firma Kokuka Sangyo in Tokio.

Die Crew habe vor der zweiten Explosion ein „fliegendes Objekt“ gesehen, das auf sie zugesteuert sei, erklärte er weiter. Am Donnerstag hatte er zunächst mitgeteilt, der Tanker sei von „einer Art Granate“ angegriffen worden. Das Schiff hat Methanol geladen und wird von der deutschen Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) gemanagt.

USA schicken weiteres Kriegsschiff in die Region

Der Golf von Oman ist über die Straße von Hormus mit dem Persischen Golf verbunden. Die Straße von Hormus ist einer der wichtigsten Wasserwege weltweit, der vor allem für Erdöltransporte aus der Golfregion eine zentrale Rolle spielt. Fast ein Fünftel der Öltransporte weltweit geht durch die Straße von Hormus. Der Iran hatte wiederholt damit gedroht, diese Passage zu sperren, sollte er sein Erdöl wegen US-Sanktionen nicht verkaufen können.

Das US-Militär verlegte zuletzt unter anderem einen Flugzeugträgerverband und eine Bomberstaffel in die Region, was Sorgen vor einem militärischen Konflikt aufkommen ließ. Am Donnerstag wurde der Zerstörer „USS Mason“ in das Gebiet in Marsch gesetzt, in dem sich der mutmaßliche Angriff auf die beiden Tanker ereignet hatte. Auch die „USS Bainbridge“ war an Ort und Stelle, wie das Flottenkommando mitteilte.

Erst Mitte Mai waren vier Öltanker vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) attackiert worden. Saudi-Arabien machte den Iran und von ihm unterstützte Kräfte dafür verantwortlich. Der Iran wies die Vorwürfe schon damals zurück.