Nach Brand

Erste Messe in Notre-Dame gefeiert

Zwei Monate nach dem Großbrand von Notre-Dame hat erstmals wieder eine Messe in der Kathedrale stattgefunden. Der Pariser Erzbischof Michel Aupetit zelebrierte am Samstag den Gottesdienst gemeinsam mit anderen Priestern, Gläubigen und Bauarbeitern. Sie mussten wegen der Einsturzgefahr des Gewölbes Bauhelme tragen.

Aus Sicherheitsgründen wurden nur rund 30 Menschen in die Kirche gelassen. Die Messe fand in einer Kapelle am östlichen Ende der weltberühmten Pariser Kathedrale statt. Der Gottesdienst wurde live auf dem katholischen Fernsehsender KTO übertragen, damit auch andere „Christen teilnehmen und die Kommunion feiern können“, wie die Diözese erklärte. Notre-Dame sei ein Ort der Gottesverehrung, sagte Erzbischof Michel Aupetit in seiner Predigt. Das sei der Zweck der Kathedrale. Menschen, die dorthin kämen, sollten nicht als Touristen bezeichnet werden. Die Messe sei ein sehr emotionaler Moment gewesen, erklärte der Geistliche anschließend.

Notre-Dame war bei einem verheerenden Brand Mitte April schwer beschädigt worden – das Dach wurde weitgehend zerstört, der Vierungsturm stürzte ein. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versprach einen Wiederaufbau innerhalb von fünf Jahren. Ein ehrgeiziger Plan, der viel Widerstand hervorrief. Kritiker werfen Macron vor, sich selbst ein Denkmal setzen zu wollen. 72 Prozent der Bevölkerung wollen, dass die Kathedrale originalgetreu rekonstruiert wird. Andere kämpfen für eine moderne Interpretation, so auch Macron. Spekuliert wird bereits über einen Glasturm.

Architekt erwartet längere Bauzeit

Chefarchitekt Philippe Villeneuve ist in Fragen des Wiederaufbaus aber entgegengesetzter Ansicht. Er befürwortet eine Rekonstruktion des Spitzturm nach dem Original. Zudem meinte er in der Zeitung „Le Figaro“, die Arbeiten würden insgesamt deutlich mehr Zeit brauchen als die angestrebten fünf Jahre. Schließlich müssten neben der Sakristei auch die Apsis, die Querschiffe und die berühmten Rosettenfenster restauriert werden. Kulturminister Franck Riester beschwichtigte daraufhin: „Wir rechnen nicht auf einen Tag genau.“

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Brennende Notre-Dame-Kathedrale
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In der Kathedrale von Notre-Dame brach am 15. April ein Brand aus. Er zerstörte das gotische Bauwerk teilweise.
Kirchturm stürzt in Flammen in sich zuammen
APA/AFP/Geoffroy Van Der Hasselt
Bei dem Feuer stürzte unter anderem der ikonische Turm ein.
Bildcombo zeigt den Altar vor und nach dem Brand
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Die Geschichte der Kathedrale reicht bis ins Jahr 1163 zurück. Erst knapp 200 Jahre später wurde Notre-Dame vollendet.
Blick auf Notre Dame mit Baugerüst
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Neben dem Eiffelturm, dem Louvre oder dem Grand Palais zählt Notre-Dame seit 1991 zur UNESCO-Welterbestätte „Ufer der Seine“.

Umstritten ist auch Macrons Wiederaufbaugesetz, das die Regierung bis Juli durchs Parlament bringen wollte. Es sieht Ausnahmen unter anderem beim Denkmalschutz vor, um die Bauarbeiten zu beschleunigen. Der Senat schränkte die Möglichkeiten aber empfindlich ein, es müsse „der letzte, vor der Katastrophe visuell bekannte Zustand des Gebäudes“ angestrebt werden.

Zögerlicher Spendenfluss

Die für die schnelle Restaurierung benötigten Finanzmittel lassen ebenso auf sich warten. Von den zugesagten Spendengeldern von 850 Millionen Euro wurden erst 80 Millionen ausgezahlt. Diese stammen vor allem von Kleinspendern. Zögerlich sind dagegen die potenziellen Großspender, darunter die französischen Milliardärsfamilien Arnault und Pinault, die 200 und 100 Millionen Euro versprochen haben. Sie verlangen nach Angaben von Kulturminister Riester detaillierte Auskunft, wofür Staat und Kirche ihre in Aussicht gestellten Millionen einsetzen wollen.

Erzbischof Paris Michel Aupetit predigt mit Helm
APA/AFP/Karine Perret
Messe unter strengen Sicherheitsvorkehrungen: Die Anwesenden mussten Helme tragen

Das sei „normal“, sagte Riester. „Die Spenden werden nach und nach je nach Fortschritt der Bauarbeiten fließen“, sagte er. Derzeit würden Vereinbarungen mit den Großspendern ausgearbeitet. Der Wiederaufbau kann beginnen, sobald ein Plan fertig ist, auf den man sich geeinigt hat. Derzeit laufen noch immer die Aufräumarbeiten in der Kathedrale.