Heinz-Christian Strache
APA/Helmut Fohringer
Erklärung

Strache nimmt EU-Mandat nicht an

45.000 Vorzugsstimmen hat Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach dem Bekanntwerden des „Ibiza-Skandals“ bei der EU-Wahl bekommen. Ausreichend, um ein Mandat im EU-Parlament zu bekommen. Montagfrüh verkündete Strache via lange FPÖ-Aussendung, dass er das EU-Mandat nicht annehmen werde. Das sei kein politisches Kalkül „und schon gar kein Deal“ gewesen, so Strache.

Es habe sich vielmehr um eine persönlich getroffene Entscheidung gehandelt. Er habe nach „reiflichen Überlegungen, langen Gesprächen mit meiner Frau und der Familie sowie eng vertrauten Wegbegleitern die Entscheidung getroffen“. Er habe nie nach Brüssel gewollt. Sein Fokus sei immer Österreich und Wien gewesen. Damit gibt er den seit Tagen lauter werdenden Spekulationen, er könnte bei der Wien-Wahl 2020 antreten, neuen Raum.

Er deutete in seiner Erklärung tatsächlich eine mögliche Rückkehr in die Politik an – allerdings erst nach Aufklärung der „Hintergründe“ des „Ibiza-Videos“: „Das schulde ich meinen Wählern, den Bürgern dieses Landes, meiner Frau und meiner Familie und schließlich auch mir selbst.“ Ausführlich nahm Strache in seiner Erklärung Bezug zum „Ibiza-Video“ und kritisierte dessen Entstehung und die Art und Weise der Veröffentlichung. Zudem beklagte er sich darüber, dass Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Koalition aufgekündigt habe, obwohl er etwas anderes versprochen gehabt habe.

„Das verspreche ich Euch“

Er wolle sich nun „nicht zurückziehen“ und „auch nicht verstecken“. Er wolle sich als „einfaches“ Parteimitglied in den Dienst der „vollständigen und schonungslosen Aufklärung“ hinter den designierten FPÖ-Chef Norbert Hofer und dessen Team stellen. Er betonte aber auch: „Mein politisches Leben, dass (sic!) sich stets auf Wien und Österreich fokussiert hat, ist mit Sicherheit nicht am Ende; das verspreche ich Euch (…).“ Er kämpfe nun für seine persönliche Rehabilitation.

Das Video, über das Strache stürzte

Ex-FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat in dem geheim aufgezeichneten Video offen Deals mit Staatsaufträgen und mit der Privatisierung des Wassers angeboten. Auch spricht er über geheime Großspenden an Parteien und Pläne für eine Umbesetzung der „Kronen Zeitung“-Redaktion.

Strache bedankte sich nochmals bei jenen 45.000 Wählerinnen und Wählern, die ihm mit ihrer Vorzugsstimme vom aussichtslosen Platz aus wenige Tage nach Bekanntwerden seiner Aussagen auf Ibiza zu einem Direktmandat im EU-Parlament verholfen hatten. Diese hätten sich „nicht manipulieren, nicht täuschen und nicht beirren lassen“, so Strache. Seine Erklärung beendete Strache mit einem nicht weiter ausgeführten Appell: „Es gibt viel zu tun, aber es wird nicht umsonst sein.“

Kommunikation via Facebook

Interviews könne er beim derzeitigen Ermittlungsstand nicht geben – die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Strache. Zugleich kündigte er an, seine Facebook-Seite weiter aktiv zu betreiben und „laufend politisch und aufklärend“ zu informieren.

Diese Seite ist mit mehr als 800.000 Userinnen und Usern der stärkste Auftritt eines heimischen Politikers und dürfte damit auch im bevorstehenden Nationalratswahlkampf erneut ein wichtiges Instrument für die freiheitliche Kampagne sein. Strache hatte schon kurz nach der Wahl Facebook genützt, um bekanntzugeben, dass er sein EU-Mandat annehmen werde. Diese Mitteilung wurde aber umgehend wieder gelöscht.

Beratervertrag dementiert

Straches Erklärung wurde von Hofer begrüßt. Es habe lange gemeinsame Gespräche gegeben, die nun zu einer „positiven Entscheidung“ geführt hätten: „Der Schritt, den Strache gesetzt hat, war richtig.“ Es müssten nun die rechtlichen Folgen des „Ibiza-Videos“ geklärt werden. Das kolportierte Angebot eines Beratervertrags für Strache dementierte Hofer am Montag. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet, dass Strache nach der Wahl einen Beratervertrag mit 10.000 Euro monatlich von der FPÖ bekommen sollte.

Auch die FPÖ Wien dementierte einen Beratervertrag für Strache. Einen solchen Vertrag „gibt es nicht“, sagte Landesparteichef Dominik Nepp am Montag auf APA-Anfrage. Man habe Strache aber kurzfristig krankenversichert. „Das läuft jetzt auch aus“, betonte Nepp aber.

„Deal“ mit Philippa Strache?

Erst am Freitag hatte die Wiener FPÖ bekanntgegeben, dass Straches Ehefrau Philippa auf dem dritten Platz der Wiener FPÖ-Landesliste für die Nationalratswahl kandidieren werde. In Medienberichten hatte es zuvor geheißen, dass Strache durch diesen „Deal“ dazu bewogen werden könnte, sein EU-Mandat nicht anzunehmen.

Die Liste sei einstimmig beschlossen worden, so der Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp. Strache selbst sei nicht anwesend gewesen, so Nepp. Er habe jedoch mit ihr telefoniert. „Sie freut sich, diese große Aufgabe anzunehmen“, sagte der Wiener FPÖ-Chef – der nach dem „Ibiza-Skandal“ Obmann Heinz-Christian Strache nachgefolgt ist. Philippa Straches Kandidatur und der Verzicht ihres Mannes seien keinesfalls als „Tauschhandel“ zu bezeichnen, so Nepp am Freitag.

Auch Hofer äußerte sich am Montag positiv über die Kandidatur von Philippa Strache. Diese habe sich im Bereich des Tierschutzes vor allem in Wien einen hervorragenden Namen gemacht. Sie werde einen echten Mehrwert in die Politik einbringen.

WKStA-Ermittlungen: Verdacht auf Untreue

Zuvor war bekanntgeworden, dass die WKStA Ermittlungen gegen Ex-Parteichef Strache eingeleitet hat. Wie das Nachrichtenmagazin „profil“ (Onlineausgabe) vergangene Woche berichtete, lautet der Verdacht auf Untreue. Die Ermittlungen gegen Strache wurden von der WKStA bestätigt.

Die Ermittlungen werden gegen Strache und den ebenfalls zurückgetretenen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und gegen weitere Unbekannte wegen Untreue „in unterschiedlichen Beteiligungsformen“ geführt, hieß es gegenüber der APA. Straches Anwalt Johann Pauer bat gegenüber „profil“ um Verständnis, dass er sich „zu laufenden Strafverfahren nicht äußern“ könne. Laut dem Nachrichtenmagazin laufen die Ermittlungen gegen Strache und Gudenus seit 20. Mai, was die WKStA nicht bestätigte.

Die Ermittlungen der WKStA gehen auf das Mitte Mai von „Süddeutscher Zeitung" und „Spiegel“ in Auszügen veröffentlichte „Ibiza-Video“ zurück, in dem Strache mit Gudenus und einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte unter anderem über verdeckte Parteienfinanzierung spricht. Den Aussagen der beiden zufolge sollen im Wahlkampf 2017 mehrere vermögende Personen zwischen 500.000 Euro und zwei Mio. Euro über parteinahe Vereine an die FPÖ geschleust haben, um die Meldepflicht von Großspenden an den Rechnungshof zu umgehen.