Vorstellung des Kampfjets SCAF
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Ablöse von Eurofighter

Europäischer Kampfjet als Bewährungsprobe

Frankreich, Deutschland und Spanien haben am Montag ein neues europäisches Kampfflugzeug auf den Weg gebracht. Die politische grenzübergreifende Bewährungsprobe des gehypten neuen europäischen Kampfjets steht allerdings noch aus. Denn es geht um viel Geld und daher auch viele Aufträge an die in den jeweiligen Ländern beheimateten Konzerne und Subunternehmen. Da scheinen Querelen so gut wie programmiert.

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die französische Verteidigungsministerin Florence Parly und ihre spanische Kollegin Margarita Robles unterzeichneten bei der Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris im Beisein des französischen Präsident Emmanuel Macron ein Rahmenabkommen. Damit ist nun auch Spanien offiziell an dem deutsch-französischen Rüstungsprojekt beteiligt.

Den im Endeffekt schlechten Nachgeschmack in Sachen Eurofighter und Kooperation will man hinter sich lassen und das neue Projekt mit den bisherigen Erfahrungen und dem teils auch schmerzhaften Lernprozess daraus einem vollen Erfolg führen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly und die spanische Verteidigungsministerin Minister Margarita Robles
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Die Verteidigungsministerinnen von der Leyen, Parly und Robles unterzeichnen das Abkommen – beobachtet von Macron

Rund 100 Milliarden Euro prognostiziert

Parly twitterte: „2040 werden die französischen Streitkräfte mit einem Kampfflugzeug ausgerüstet, das von Europäern gebaut wurde, um die Kämpfe von morgen zu bestehen. Historisch. Und das ist nur der Anfang.“ Ähnliches verlautete auch aus deutscher Perspektive. Es sei „ein großer Tag für die europäische Verteidigungsunion“, so von der Leyen nach der Vertragsunterzeichnung auf dem Stand des französischen Herstellers Dassault. Sie sprach auch von einem großen Schritt für die deutsch-französische Zusammenarbeit.

Das Kampfjetsystem namens Future Combat Air System (FCAS) soll die alternden Tornado-Kampfjets und den Eurofighter der deutschen Bundeswehr sowie die Rafale-Maschinen der französischen Luftwaffe ersetzen. Das FCAS soll ab 2040 einsatzfähig sein und aus bemannten und unbemannten Waffensystemen bestehen. Vereinfacht gesagt: ein Kampfflugzeug begleitet von Drohnen oder Trägersystemen. Techniker sprechen von einem Systemverbund, für dessen Entwicklung schätzungsweise acht Milliarden Euro fällig werden. Für Beschaffung und Betrieb werden Ausgaben von 100 Milliarden Euro genannt.

Vorstellung des Kampfjets SCAF
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Der neue Kampfjet sorgt schon bei der ersten Präsentation für Aufsehen

Frankreich hat zunächst bei FCAS die Führung: Im Zentrum steht dabei Dassault Aviation. Auf deutscher Seite ist Airbus führend. Angesichts der enormen Investitionen ist das Projekt industriepolitisch überaus bedeutsam, aber auch für mittelständische Zuliefererfirmen wichtig.

Anforderungen noch nicht klar

Im Beisein Macrons und der Ministerinnen wurde in Le Bourget auch ein erstes Modell des neuen Kampfflugzeugs enthüllt. Anwesend waren auch Vertreter der beteiligten Firmen. Federführend bei dem Projekt sind eben die Konzerne Airbus und Dassault Aviation, die durch Airbus-Rüstungsvorstand Dirk Hoke und Dassault-Aviation-Chef Eric Trappier vertreten waren.

Vorstellung des Kampfjets SCAF
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Politik und die Konzernchefs Eric Trappier von Dassault und Dirk Hoke von der Airbus-Rüstungsparte freuen sich über das 100-Milliarden-Euro-Rüstungsprojekt

Unterzeichnet wurde laut deutschen Regierungsangaben ein Rahmenabkommen („Framework Agreement“), in dem Projektorganisation und Managementstrukturen festgelegt werden. Daneben gibt es ein erstes Durchführungsabkommen, mit dem Deutschland den Arbeiten an einer bis Ende 2021 geplanten Konzeptstudie beitritt. Kostenpunkt: 65 Millionen Euro. Frankreich und Deutschland wollen sich das teilen.

Ein erster Testflug ist dann bereits für 2026 geplant. Welche Anforderungen an das Luftkampfsystem zu stellen sind, soll bis 2027 entschieden werden, ab 2030 soll die Entwicklungsphase beginnen. Dazu werden auch Analysen der künftigen Bedrohungslage in Europa berücksichtigt.

Auch europäischer Panzer soll entwickelt werden

Seit Jahren gibt es Forderungen, dass Deutschland und Frankreich bei großen Rüstungsprojekten an einem Strang ziehen sollen – wegen der Kosten, aber auch um strategisch unabhängig zu bleiben und Waffensysteme selbst herstellen zu können. „In einer unsicherer werdenden Welt ist es deshalb auch wichtig, dass wir gemeinsam Vorsorge treffen“, hatte von der Leyen erklärt.

Mit dem Kampfjetprojekt zeichnen sich auch Strukturen der künftigen Arbeitsteilung bei europäischen Rüstungsprojekten ab. Im Unterschied zu dem Kampfjetprojekt hat Deutschland die Führung bei der zusammen mit Frankreich vorgesehenen Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Kampfpanzers.

Macron für „echte europäische Armee“

Insbesondere für Macron ist das riesige grenzüberschreitende Vorhaben ein wichtiger Meilenstein. Macron tritt schon seit Längerem für eine „echte europäische Armee“ ein, um unabhängiger von dem großen Partner USA zu werden. Er erntete deswegen bereits mehrfach Kritik von seinem US-Kollegen Donald Trump. Und auch in Deutschland ist man davon weniger begeistert. Von der Leyen sagte am Montag, sie spreche gerne von einer Armee der Europäer. Die Verantwortung der einzelnen Mitgliedsländer für ihre Soldatinnen und Soldaten solle auch künftig erhalten bleiben.

Deutschland und Frankreich konnten bei der Kampfjetzeremonie indes auch zeigen, dass sie in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik an einem Strang ziehen. Die vergangenen Monate waren hingegen von Meinungsverschiedenheiten zwischen Berlin und Paris auch im Zuge der EU-Wahl geprägt.

Türkei stellt Konkurrenzkampfjet vor

Im Gespräch ist das Projekt eines neuen gemeinsamen europäischen Kampfflugzeugs schon seit Jahren. 2017 hatten sich Deutschland und Frankreich dann grundsätzlich auf die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Kampfjets verständigt. Mit dem Projekt soll die strategische Autonomie der Europäischen Union gegenüber Ländern wie den USA gesichert werden. Der neue Kampfjet steht unter anderem in Konkurrenz zum US-Kampfflugzeug F-35.

Nach der Drohung der USA zum Ausschluss aus der Produktion der F-35 stellte die Türkei nun ebenfalls Pläne für einen eigenen Kampfjet vor. Bei der Luftfahrtmesse wurde am Montag ein Modell des türkischen TF-X-Kampfflugzeugs in Originalgröße präsentiert. Der Chef des staatlichen Luftfahrtkonzerns Turkish Aerospace, Temel Koti, erklärte, sein Unternehmen habe der Türkei versprochen, „das beste Jagdflugzeug in Europa zu bauen“.

Washington macht Druck auf Ankara

Hintergrund des Streits mit den USA ist ein umstrittener Waffendeal zwischen der Türkei und Russland: Die Regierung von Trump hat Ankara eine Frist bis zum 31. Juli gesetzt, um auf den Kauf russischer S-400-Raketen zu verzichten. Die US-Regierung drohte insbesondere damit, die Türkei dauerhaft von der gemeinsamen Produktion der F-35-Kampfjets auszuschließen und ihr auch keine F-35-Jets zu liefern.

Die Türkei lenkt bisher aber nicht ein. Erst am Sonntag sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, er rechne schon in der ersten Juli-Hälfte mit der ersten Lieferung russischer S-400-Raketen an die Türkei.

USA befürchten Informationsleck Richtung Russland

Das Rüstungsgeschäft führt schon seit Längerem zu Spannungen zwischen den USA und dem NATO-Partner. Die USA und andere Mitgliedsstaaten befürchten, Russland könne über das S-400-System an Informationen zu NATO-Flugzeugen gelangen. Washington pocht darauf, dass Ankara statt der S-400-Raketen das US-Patriot-System erwirbt.

Der türkische TF-X-Jet, ein Kampfflugzeug der fünften Generation, ist schon seit einigen Jahren in Planung, der Zeitplan ist ehrgeizig: Nach dem Startschuss 2013 soll die Maschine 2025 ihren ersten Testflug absolvieren und drei Jahre später in Betrieb genommen werden. Turkish Aerospace arbeitet bei der Entwicklung unter anderem mit British Aerospace und General Electric zusammen.