Eine Maturantin mit Büchern
APA/Hans Klaus Techt
Statistik Austria

Zentralmatura drückte Erfolgsquoten

Seit der Einführung der Zentralmatura sind die Erfolgsquoten der Schülerinnen und Schüler zurückgegangen. Beim Haupttermin der Reifeprüfung im Sommer sank die Quote um bis zu zehn Prozent. Ein Erfolgsfaktor bleibt nach wie vor der Bildungsstand der Eltern.

Schafften etwa an den AHS vor Einführung der neuen Matura zwischen 86 und 88 Prozent der Schüler in Abschlussklassen die komplette Reifeprüfung beim Haupttermin, waren es 2017/18 nur 77 Prozent. Das zeigt eine am Dienstag präsentierte Analyse der Statistik Austria.

Ähnlich war die Entwicklung an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS): Hier schafften vor Einführung der neuen Reifeprüfung knapp 90 Prozent die Matura (schriftlich und mündlich) beim Haupttermin im Sommer, nach Einführung der neuen Matura (mit vorwissenschaftlicher Arbeit, schriftlicher und mündlicher Prüfung) sank die Erfolgsquote um rund zehn Prozentpunkte.

Geringere Erfolgsraten beim Herbsttermin kompensiert

Zum Teil werden die geringeren Erfolgsraten dann bei den Nebenterminen im Herbst und Winter kompensiert – wer nur einen Teil der Matura nicht geschafft hat, braucht nur noch diesen bei einem Nebentermin zu absolvieren.

Schulstatistik

Im Schuljahr 2017/18 befanden sich insgesamt 1.132.367 Schüler und Schülerinnen in Ausbildung (inkl. Volksschule).

Allerdings bleiben auch unter Berücksichtigung der Nebentermine seit Einführung der Zentralmatura mehr Schüler und Schülerinnen der Abschlussklassen insgesamt ohne Maturaerfolg im jeweiligen Schuljahr: Betrug dieser Anteil in den Jahren vor der neuen Reifeprüfung rund fünf, sechs Prozent an den AHS (vier, fünf Prozent an den BHS), liegt dieser Anteil nun bei sieben bis neun Prozent (BHS: sieben, acht Prozent).

Studenten während einer Vorlesung
ORF.at/Roland Winkler
Viele Schüler und Schülerinnen müssen im Herbst noch einmal zur Matura antreten – und können daher erst später auf die Uni

Späterer Universitätseintritt als Folge

Das führte konsequenterweise auch zu Änderungen beim Übertritt ins Hochschulsystem: Der Anteil der Personen, die erst nach dem zweiten Wintersemester nach der Matura oder gar nicht immatrikulierten, stieg. Im Wintersemester 2017/18 befanden sich fast 383.000 Personen in einer Hochschulausbildung.

Innerhalb der ersten drei Jahre nach der Matura beginnen fast drei Viertel aller AHS-Absolventinnen und -Absolventinenn ein Studium an einer öffentlichen Universität. Von allen Maturantinnen und Maturanten, die eine BHS besuchten, nehmen rund 60 Prozent innerhalb von drei Jahren ein Studium an einer österreichischen Hochschule auf.

Veränderungen seit der Einführung der Zentralmatura gab es aber auch anderweitig. Offenbar beurteilen Lehrer und Lehrerinnen bereits ein Jahr zuvor strenger, um so geringere Fünferquoten bei der Matura zu erzielen. So stieg etwa sowohl der Prozentsatz jener Schüler, die nicht aus der vorletzten Klasse in die Maturaklasse aufsteigen durften, als auch der Prozentsatz jener, die in den Maturaklassen durchfielen und deshalb nicht zur Reifeprüfung antreten durften.

Erfolg abhängig von Bildungsstand der Eltern

Mit einem komplexen Analysemodell ermittelten die Statistikerinnen und Statistiker außerdem Erfolgsfaktoren für ein Bestehen der Matura gleich beim ersten Termin im Sommer. So steigt etwa die Wahrscheinlichkeit auf einen Erfolg mit dem Bildungsstand der Eltern.

Grafik zeigt die erfolgreichen Maturaprüfungen im Sommer, Herbst und Winter
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Negativen Einfluss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit hat dagegen, wenn die Mutter des Schülers oder der Schülerin nicht in Österreich geboren wurde. Mädchen haben eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit als Burschen und Absolventen einer AHS-Unterstufe eine höhere als Absolventen einer Hauptschule bzw. Neuen Mittelschule.

Umgangssprache nicht ausschlaggebend

Ebenfalls eine Rolle spielt, welche Schule ein Schüler besucht bzw. welche Klasse in einer Schule. „Es macht einen Unterschied, in welcher Schule bzw. in welcher Klasse Sie sind – selbst wenn man alle anderen Faktoren gleich halten würde“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer bei einer Pressekonferenz. Geringe Effekte haben dagegen die Umgangssprache des Schülers bzw. der anderen Schüler in der Klasse sowie das Bundesland.

In einem Modellbeispiel stellten die Statistiker außerdem eine fiktive Kärntner AHS-Schülerin in einer Schule mit einem 90-prozentigen Anteil von Schülern mit deutscher Umgangssprache dar, die zuvor auch eine AHS-Unterstufe besucht hat. Ist ihre Umgangssprache nicht Deutsch, sind beide Eltern im Nicht-EU-Ausland geboren und beide Akademiker, beträgt die Wahrscheinlichkeit, die Matura auf Anhieb zu schaffen, rund 85 Prozent.

Die gleiche Wahrscheinlichkeit besteht für die Tochter zweier in Österreich geborener Eltern mit höchstens Pflichtschulabschluss mit deutscher Umgangssprache. Die Tochter zweier in Österreich geborener Akademiker mit deutscher Umgangssprache liegt dagegen bei 94 Prozent.

Nur 3,6 Prozent der Studierenden aus „Arbeiterfamilien“

Der gleiche Trend setzt sich bei der weiteren Bildungslaufbahn fort. Auch hier lässt sich ein Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg ausmachen: So kommen fast 20 Prozent der Studierenden aus Familien, in denen beide Eltern ein Studium absolviert haben. Nur 3,6 Prozent aller Studenten und Studentinnen kommen aus „Arbeiterfamilien“, wo beide Eltern lediglich einen Pflichtschulabschluss haben.

Das Bildungsniveau der österreichischen Bevölkerung stieg in den vergangenen fünfzig Jahren beträchtlich. So hat sich etwa die Zahl der Hochschulabschlüsse in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdreifacht. Dennoch ist die Bildungsbeteiligung nach Vollendung der Schulpflicht im internationalen Vergleich relativ niedrig.

Österreich bei Bildung nach Schulpflicht unter EU-Schnitt

Lediglich drei Viertel der 15- bis 19-Jährigen waren 2016 in Ausbildung, damit liegt Österreich deutlich unter dem Durchschnitt der EU-Länder (87,3 Prozent). Von den 20- bis 24-jährigen Österreichern und Österreicherinnen befand sich im gleichen Jahr nur rund ein Drittel im formalen Bildungssystem – auch dieser Wert liegt deutlich unter dem 42-Prozent-Durchschnitt der EU-Länder.

Höhere Bildung bedeutet nicht zuletzt auch die Chance auf eine höhere Partizipation am Arbeitsmarkt. Während lediglich 4,4 Prozent der 25- bis 34-Jährigen mit Hochschulabschluss arbeitslos sind, sind es in der gleichen Altersgruppe ohne weiterführenden Schulabschluss 20,4 Prozent.

An Bedeutung gewinnt auch die frühe Bildung im Vorschulalter, da sich diese positiv auf spätere Bildungsprozesse auswirken kann. So findet die Förderung motorischer, emotionaler und kognitiver Fähigkeiten in der frühen Kindheit zunehmend auch Eingang in pädagogische Leitlinien.