Schlittenhunde waten durchs Eiswasser
Steffen M. Olsen and DMI
Erderwärmung

Rasante Eisschmelze in Grönland

Anzeichen für eine beschleunigte Eisschmelze in Grönland haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche gefunden. Ungewöhnlich hohe Temperaturen in den vergangenen Tagen setzten diesen Trend fort. Ein aktuelles Foto von Donnerstag führt die Auswirkungen der Eisschmelze drastisch vor Augen.

Das von Steffen Olsen vom Centre for Ocean and Ice des dänischen Meteorologieinstituts aufgenommene Foto zeigt Schlittenhunde, die im knöcheltiefen Wasser die Ausrüstung der Wissenschaftler transportieren. An dieser Stelle im Nordwesten des Landes ist die Eisschicht laut Olsen etwa 1,2 Meter dick. „Ich habe versucht, eine problematische Situation zu dokumentieren, in die wir während unserer Arbeit hineingelaufen sind, und fand sie auch persönlich etwas surreal“, wurde Olsen von der dänischen Nachrichtenagentur Ritzau zitiert.

Durch die schnelle Eisschmelze und das Meereis mit geringer Durchlässigkeit und wenigen Sprüngen bleibe das Schmelzwasser an der Oberfläche, so die Wissenschaftler. Für den Transport der wissenschaftlichen Ausrüstung seien sie auf das Wissen der lokalen Jäger und deren Hunde angewiesen gewesen, um trockene Stellen auf dem Eis zu finden. Auch Satellitendaten hätten laut Olsen bei der Route geholfen, berichtete der britische „Guardian“.

Gletscher in Grönland
Reuters/Lucas Jackson
Luftaufnahme über der Ostküste Grönlands vom März 2018

Frühzeitiger Rückzug des Meereises

Die Wetterstation des dänischen Meteorologieinstituts in Qaanaaq, der nördlichsten Stadt der Welt, zeigte vergangene Woche für diese Zeit ungewöhnlich hohe Temperaturen von bis zu 17,3 Grad Celsius. Es sei noch zu früh zu sagen, welche Rolle der Klimawandel bei der rasanten Eisschmelze spielt, sagte die dänische Klimawissenschaftlerin Ruth Mottram im Interview mit dem „Guardian“. Aber im Normalfall gebe es Schmelzereignisse wie diese nicht vor Ende Juni, Anfang Juli. Sie bestätigte aber: „Unsere Klimamodellsimulationen erwarten einen generellen Rückgang der Dauer der Meereissaison rund um Grönland (…)“

Schon im Mai gab es laut Daten des US-amerikanischen National Snow and Ice Data Centre (NSIDC) überdurchschnittlich hohe Temperaturen in der Arktis und in Grönland, was zu einem frühzeitigen Rückzug des Eises geführt habe – verbunden mit der zweitniedrigsten Ausdehnung der Eisfläche in der 40-jährigen Aufzeichnung von Satellitendaten. Laut dem Institut umfasste das Meereis im Mai rund zwölf Millionen Quadratkilometer – das seien um 1,13 Millionen Quadratkilometer weniger als der Durchschnittswert der Jahre 1981 bis 2010.

Mehr Regen im Winter

Ein deutsch-amerikanisches Forschungsteam fand in einer Studie für das deutsche Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung heraus, dass auch häufiger auftretender Regen im Winter das Eis in großen Mengen zum Schmelzen bringt. Für die Studie wurden Satellitenbilder zwischen 1979 und 2012 verglichen. In diesem Zeitrahmen war ein deutlicher Anstieg von Winterregen zu beobachten. Während zu Beginn der untersuchten Phase zweimal jährlich für kurze Zeit Regen im Winter fiel, erhöhte sich diese Zahl 2012 bereits auf zwölf.

Eisberg vor Grönland
Reuters/Lucas Jackson
Ein schwimmender Eisberg vor der südöstlichen Küste Grönlands

Die riesige Eisdecke Grönlands wird wissenschaftlich genau überwacht, weil in ihr große Mengen an gefrorenem Wasser gebunden sind und die Erderwärmung hier deutlich sichtbar wird. Sollte all das Eis schmelzen, würde der Meeresspiegel um mehrere Meter steigen und so Küstenregionen rund um die Welt bedrohen.

Klimakonferenz in Bonn

Derzeit beraten Vertreter von fast 200 Staaten bei der internationalen Klimakonferenz in Bonn über mehr Anstrengungen zum Klimaschutz. UNO-Klimasekretärin Patricia Espinosa rief Anfang der Woche zur „vollständigen Umsetzung“ des Pariser Klimaschutzabkommens auf. Sie sprach von einem „entscheidenden Moment im Kampf gegen den Klimawandel“. Das vom UNO-Klimasekretariat UNFCCC organisierte Treffen dient zur Vorbereitung des im September in New York geplanten UNO-Klimagipfels und der UNO-Klimakonferenz im Dezember in Santiago de Chile.