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ORF.at/Peter Pfeiffer
Libra

Facebook setzt auf eigene Kryptowährung

Das Soziale Netzwerk Facebook weitet sein Geschäftsfeld erneut aus. Mit der Kryptowährung Libra, die am Dienstag vorgestellt wurde, steigt der Konzern nun auch in die Finanzwelt ein. Künftig soll man damit direkt über Facebook und WhatsApp Geld an Freunde und Familie schicken können, auch als Zahlungsmittel könnte die Kryptowährung akzeptiert werden. Bedenken gibt es vor allem beim Datenschutz.

Facebook ist damit der nächste Technologieriese, der beim Zahlungsverkehr mitmischen will. Apple, Google und Samsung haben bereits eigene Dienste – keiner von ihnen setzt bisher jedoch auf eine Kryptowährung. Im Gegensatz zur wohl bekanntesten digitalen Währung Bitcoin soll Libra jedoch nicht enormen Kursschwankungen unterliegen.

Deshalb sei Libra in vollem Umfang durch einen Reservefonds in herkömmlichen Währungen gedeckt, so Facebook-Manager David Marcus. „Wenn zum Beispiel jemand Libra für 100 Euro kauft, fließen diese 100 Euro in die Reserve“, so Marcus. Ab 2020 soll man laut Facebook über die ebenfalls hausintern entwickelte digitale Geldbörse Calibra die Kryptowährung erwerben können. Dann könne Libra „so einfach und schnell wie eine SMS“ und mit „niedrigen bis gar keinen“ Kosten verschickt werden, heißt es in der Ankündigung von Facebook.

Visa, MasterCard und PayPal Mitglieder von Allianz

Das Soziale Netzwerk hat für Libra eine eigene Allianz gegründet, die Libra Association. Zwar hat Facebook Libra entwickelt, verwaltet werden soll das digitale Geld jedoch von dieser Allianz – in der Facebook nur eines von 28 Mitgliedern ist. Mit an Bord sind unter anderem Visa, MasterCard, die Bezahldienste PayPal und Stripe, Booking.com, Uber und Spotify. Bis zum Libra-Start im Jahr 2020 hoffe er auf mehr als 100 Mitglieder, sagte Marcus.

Mark Zuckerberg
AP/Marcio Jose Sanchez
Facebook-Chef Mark Zuckerberg steigt mit Libra in die Finanzwelt ein

Vor allem in Regionen wie Asien und Afrika dürfte das Potenzial von Libra nach Meinung von Branchenkennern groß sein. Marcus verweist auf Länder mit hoher Inflation und schlecht ausgebauten Banksystemen – dort könne eine Digitalwährung wie Libra eine viel größere Rolle spielen, „weil sie eine Lösung für viele Probleme bieten kann“. In China wird Libra nicht verfügbar sein.

In der Anfangszeit dürfte die digitale Währung vor allem für Überweisungen zwischen verschiedenen Währungen eingesetzt werden, so Marcus gegenüber der dpa. Damit würde Libra mit Diensten wie Western Union und Moneygram konkurrieren, die für internationale Überweisungen hohe Gebühren verlangen. Die Vision sei aber, Libra schließlich zu einem vollwertigen Zahlungsmittel für alle Situationen zu machen.

Bedenken beim Datenschutz

Facebooks ehrgeiziges Vorhaben könnte mit erheblichen Hürden konfrontiert werden. Dazu zählen Datenschutzbedenken und Einschränkungen durch Aufsichtsbehörden. Facebook werde jedoch keinen Zugang zu den Transaktionsdaten haben, versicherte Marcus. Nutzerinnen und Nutzer können mit Libra unter Pseudonymen agieren und mehrere Zugänge haben. „Transaktionen enthalten keine Verbindung zur Identität der Nutzer in der realen Welt“, hieß es in einem Papier.

Mit Libra will Facebook Kryptowährungen jedenfalls aus der Nische holen und für eine breite Masse zum gängigen Zahlungsmittel machen. Der Vorstoß habe das Potenzial, mehr als einer Milliarde Menschen, die kein Bankkonto haben, Zugang zum Onlinehandel und zu Finanzdienstleistungen zu verschaffen, sagte Dante Disparte von der Libra Association. „Wir glauben, wenn wir Menschen zu den geringstmöglichen Kosten Zugang zu Geld verschaffen, so wie es das Internet in der Vergangenheit mit Informationen getan hat, kann das viel mehr Stabilität erzeugen, als wir bisher hatten“, sagte Disparte der Nachrichtenagentur AFP.

Anderes System als Bitcoin

Die bekannteste Blockchain-Währung Bitcoin ist anders organisiert: Bei ihr werden die Einheiten durch mathematische Berechnungen auf den Computern der Nutzerinnen und Nutzer generiert – „geschürft“, wie es im Fachjargon heißt. Dabei ist die Gesamtzahl der Bitcoins, die produziert werden können, beschränkt. Und die Berechnungen dafür werden immer komplexer. Das steigert den Energieverbrauch, und das knappe Angebot kann für Preissprünge sorgen. Auch dank Gerüchten über Facebooks Pläne stieg der Bitcoin-Kurs zuletzt wieder über 9.000 Dollar.

Kritik aus EU-Wirtschafts- und -Währungsausschuss

Kritik äußerte der deutsche EU-Abgeordnete Markus Ferber. „Mit diesem Schritt wird die Datenkrake Facebook zur Schattenbank, und das sollte bei den Aufsichtsbehörden die Alarmglocken schrillen lassen“, so der Sprecher der EVP-Fraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss (Econ) und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Wettbewerb im Europäischen Parlament. Die EU-Kommission müsse den Vorstoß von Facebook zum Anlass nehmen, einen wirksamen Rechtsrahmen für virtuelle Währungen auf den Weg zu bringen. „Es kann nicht sein, dass multinationale Unternehmen wie Facebook mit virtuellen Währungen de facto im rechtsfreien Raum agieren können.“