Ermittler vor dem Lastwagen auf der A4 am 27. August 2015
APA/Roland Schlager
Tote Flüchtlinge in Lkw

Lebenslang für Hauptangeklagte

Für die vier Hauptangeklagten des Schlepperprozesses zum Fall von 71 in einem Kühl-Lkw qualvoll erstickten und im August 2015 auf der Ostautobahn (A4) bei Parndorf im Burgenland entdeckten Flüchtlingen hat die Berufungsverhandlung vor dem Gericht im südungarischen Szeged am Donnerstag mit einer Verschärfung ihrer Urteile geendet.

Erst-, Zweit- und Viertangeklagter erhielten vom Tafelgericht, das mit dem österreichischen Oberlandesgericht (OLG) vergleichbar ist, lebenslange Haftstrafen ohne die Chance einer vorzeitigen Entlassung. Die drei nahmen die Urteile mit reglosen Gesichtern entgegen. Nur dem Drittangeklagten soll nach 30 Jahren Haft die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung eingeräumt werden.

Alle vier waren in der ersten Instanz zu je 25 Jahren Haft verurteilt worden. In der Urteilsbegründung hieß es, die Hauptangeklagten seien sich darüber im Klaren gewesen, dass die Menschen im hermetisch abgeschlossenen Kühl-Lkw ersticken könnten. Sie wussten weiter, dass der Laderaum von innen nicht zu öffnen war.

Fall sorgte international für Erschütterung

Der tragische Fall hatte international für Erschütterung gesorgt. Den abgestellten Kühl-Lkw mit den Leichen der 71 erstickten Menschen, unter ihnen vier Kinder, hatten Polizisten in einer Autobahnbucht bei Parndorf gefunden. Der Fahrer hatte sich zuvor im Begleitfahrzeug abgesetzt. Die Menschen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan waren, wie Untersuchungen ergaben, noch auf ungarischem Gebiet qualvoll erstickt.

Angeklagte während der Urteilsverkündung
APA/AFP/Attila Kisbenedek
Das Strafmaß für die Hauptangeklagten wurde erhöht

Der Tod der Flüchtlinge habe sich ereignet, da den Schleppern ihr eigenes Untertauchen wichtiger gewesen sei als der Tod der 71 Menschen, hieß es in der Urteilsbegründung außerdem. Die übrigen zehn Angeklagten in dem Schlepperprozess wurden zu Strafen zwischen vier und acht Jahren verurteilt. Flüchtig sind nach wie vor der Siebent- und der Zwölftangeklagte, die zu jeweils acht Jahren Haft verurteilt wurden.

Hämmern, Klopfen und Schreien ignoriert

Der Prozess hatte vor zwei Jahren, am 21. Juni 2017, am Gericht im südungarischen Kecskemet begonnen. Angeklagt waren insgesamt 14 Personen, zwei Afghanen, elf Bulgaren und ein bulgarisch-libanesischer Staatsbürger. In erster Instanz war das Gericht mit den 25 Jahren Haft für die vier Hauptangeklagten unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafausmaß geblieben.

Sie waren wegen des Verbrechens des „qualifizierten Mordes“ und der Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung angeklagt worden, weil sie billigend den grausamen Tod der Flüchtlinge in Kauf genommen hätten. Die Geschleppten hätten bereits eine halbe Stunde nach der Abfahrt in Ungarn mit Hämmern, Klopfen und Schreien darauf aufmerksam gemacht, dass sie keine Luft bekommen. Der Fahrer habe dennoch die Tür nicht geöffnet.