Donald Trump
Reuters/Carlos Barria
Militärschlag

Trump erklärt Abbruch von Angriff auf Iran

US-Präsident Donald Trump hat am Freitag bestätigt, dass ein Militärschlag auf den Iran schon im Laufen war – und von ihm kurzfristig gestoppt wurde. Als Grund nannte er die vom US-Militär erwarteten 150 Toten. Das wäre im Vergleich zum Abschuss einer US-Drohne „unverhältnismäßig“ gewesen, so Trump auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Die US-Streitkräfte seien am Donnerstagabend bereit zum Angriff auf drei verschiedene Ziele gewesen, so Trump, als er gefragt habe, wie viele sterben werden. „150 Menschen, Sir, war die Antwort eines Generals. Zehn Minuten vor dem Schlag habe ich ihn gestoppt.“ Es wäre der dritte Militärschlag der USA unter Präsident Trump in Nahost gewesen, nach den beiden Angriffen auf Ziele in Syrien im Jahr 2017 und 2018.

Trump machte keine Angaben dazu, welche Ziele angegriffen werden sollten. Die „New York Times“ („NYT“) berichtete zuvor, Ziel hätten Radarstationen und Raketenbatterien im Iran sein sollen. Die Angriffe seien für Freitag kurz vor dem Morgengrauen geplant gewesen. Der US-Präsident schrieb auf Twitter weiter: „Ich habe keine Eile.“ Das US-Militär sei einsatzbereit „und mit Abstand das beste in der Welt“. Die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zeigten zudem Wirkung. „Der Iran kann NIE Atomwaffen haben“, schrieb Trump in einer Reihe von Tweets weiter.

Laut „NYT“ ist unklar, ob Trump die Informationen über die möglichen Todesopfer erst spät erhalten hat. Üblicherweise würden derartige Informationen schon zu Beginn des Entscheidungsprozesses genannt. Außenminister Mike Pompeo soll sich für eine militärische Reaktionen ausgesprochen haben, so die Zeitung weiter, soll aber auch deutlich gemacht haben, dass die Sanktionen gegen den Iran greifen würden. So schrieb Trump in seinen Tweets am Freitagmorgen (Ortszeit) auch, dass es neue Sanktionen gegen den Iran gebe.

Trump verteidigt Ausstieg aus Atomabkommen

Trump verteidigte erneut seinen einseitigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran und kritisierte seinen Amtsvorgänger Barack Obama dafür, den Vertrag mit Teheran abgeschlossen zu haben. Er bezeichnete den Abschuss der Drohne zuvor als „sehr großen Fehler“ und warnte den Iran vor Konsequenzen. Später äußerte er die überraschende Vermutung, dass womöglich menschliches Versagen dahinterstehe. „Ich kann kaum glauben, dass das Absicht war“, sagte er.

Der iranische Sicherheitsrat wies am Freitag Berichte zurück, wonach Trump den Iran über die Regierung des arabischen Golfstaates Oman gewarnt haben soll, dass ein Militärschlag bevorstehe. Ebenso dementiert wurde, dass es eine Botschaft Trumps gebe, wonach er keinen Krieg, sondern Gespräche mit der Führung in Teheran wolle und dafür eine Frist gesetzt habe.

Die iranischen Revolutionsgarden hatten Donnerstagfrüh eine US-Aufklärungsdrohne vor der Küste des Landes abgeschossen. Über den genauen Abschussort gibt es unterschiedliche Angaben. Die US-Regierung spricht davon, dass das unbemannte Flugzeug über internationalen Gewässern getroffen worden sei. Der Iran will Beweise dafür haben, dass die Drohne über iranischem Hoheitsgebiet geflogen sei. Es geht um wenige Kilometer.

Streit über Abschussort

Trump sagte am Donnerstag, es sei „wissenschaftlich dokumentiert“, dass die Drohne in internationalem Luftraum geflogen sei. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif schrieb dagegen auf Twitter, man werde den Fall vor die UNO bringen „und zeigen, dass die Vereinigten Staaten lügen“. Nach Angaben des US-Zentralkommandos (CENTCOM), das die Truppen im Nahen Osten führt, wurde die Drohne des Typs RQ-4A Global Hawk über der Straße von Hormus von einer iranischen Luftabwehrrakete getroffen.

Wrackteile einer Drohne
APA/AFP
Im iranischen Fernsehen wurden am Freitag Wrackteile präsentiert, die von der abgeschossenen Drohne stammen sollen

Der Iran bestellte den Schweizer Botschafter ein, der seit dem Abbruch der Beziehungen mit den USA 1980 deren Interessen vertritt. Vizeaußenminister Abbas Araktschi ließ mitteilen, er habe dem Botschafter „unbestreitbare“ Beweise vorgelegt, dass die Drohne den iranischen Luftraum verletzt habe. Der Iran wolle keinen Krieg im Golf, werde aber „sein Territorium gegen jede Aggression verteidigen“, sagte Araktschi.

Auch US-Militärmaschine im iranischen Visier

Der Kommandeur der Luftstreitkräfte der Revolutionsgarden sagte, sie hätten die US-Drohne zweimal vor dem Abschuss gewarnt. Da sie keine Antwort erhalten hätten und die Drohne auf ihrem Kurs geblieben sei, hätten sie das Fluggerät abgeschossen, sagte Brigadegeneral Amirali Hadschisadeh dem Staatsfernsehen. Dieses zeigte „Wrackteile“ von der Drohne, die angeblich in den iranischen Hoheitsgewässern aufgelesen wurden.

Karte zeigt Iran und Nachbarstaaten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/dpa

Am Freitag legten die iranischen Revolutionsgarden nach: Sie hätten nach eigenen Angaben neben der US-Drohne auch ein US-Flugzeug mit 35 Menschen an Bord abschießen können. Es habe sich in derselben Region wie der Flugkörper aufgehalten, zitierte die Nachrichtenagentur Tasnim am Freitag den Leiter der Luft- und Raumfahrtdivision der Garden, Amirali Hadschisadeh. „Dieses Flugzeug ist auch in unseren Luftraum eingedrungen, und wir hätten es abschießen können, aber wir haben es nicht getan.“ Bei der Maschine habe es sich um eine P-8 gehandelt, eine Militärmaschine der US-Marine.

USA wollen UNO-Sicherheitsrat informieren

Die USA beantragten laut Diplomaten für Montag eine Sitzung des UNO-Sicherheitsrats. Das Gremium solle hinter verschlossenen Türen zusammenkommen, heißt es laut Mitteilung der US-Vertretung bei der UNO an die anderen Sicherheitsratsmitglieder. Die USA wollten über die neuesten Entwicklungen rund um den Iran informieren. Zudem sollten neue Ermittlungsergebnisse zu den jüngsten Tankervorfällen bekanntgegeben werden.

Brennende Gastanker in der Meerenge von Kertsch
Reuters/Reuters TV
In der Vorwoche wurden zwei Tanker im Golf von Oman angegriffen

Die Lage in der Golfregion ist seit Anfang Mai extrem angespannt. Erst vor einer Woche waren zwei Tanker im Golf von Oman angegriffen worden. Die USA machten den Iran für die Sprengstoffattacken verantwortlich, legten aber keine konkreten Beweise vor. Der Iran wies jede Verantwortung zurück. Die EU-Staaten sprachen sich für eine unabhängige Untersuchung aus und riefen zur Zurückhaltung auf.

Trump war im Mai 2018 aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen und hatte eine Politik des „maximalen Drucks“ verkündet. Die seitdem verhängten US-Sanktionen haben die iranische Wirtschaft schwer getroffen. Trotz des Vertragsbruchs der USA hielt die Regierung in Teheran zunächst an dem Atomabkommen fest, kündigte Anfang Mai aber an, gewisse Bestimmungen nicht mehr einzuhalten.

Auswirkungen auf zivile Luftfahrt

Die neue Eskalation der Spannungen wirkte sich auch auf die zivile Luftfahrt auf. Die US-Luftfahrtbehörde FAA verhängte ein Flugverbot für in den USA registrierte Flugzeuge über Teile des Krisengebietes. Flüge über dem Persischen Golf und dem Golf von Oman seien bis auf Weiteres nicht mehr erlaubt, teilte die FAA via Twitter mit. Erhöhte Militärtätigkeit und zunehmende politische Spannungen könnten Verkehrsflugzeuge einem Risiko aussetzen. Die Anordnung gilt für alle in den USA angemeldeten Fluggesellschaften.

Auch eine Reihe anderer Fluggesellschaften erklärten, die Straße von Hormus im Persischen Golf zu umfliegen. Ein Sprecher der Lufthansa sagte, eine entsprechende Entscheidung sei bereits am Donnerstag gefallen. Teile des iranischen Luftraums würden aber noch überflogen, und auch die Landeshauptstadt Teheran werde angesteuert. Die niederländische Fluggesellschaft KLM erklärte: „Sicherheit hat für uns die höchste Priorität.“ Auch die Emirates werden ihre Flüge umleiten.