Äthiopiens Ministerpräsident Abyi Ahmed
AP/ETV
Äthiopiens Premier bestätigt

Armeechef bei Putschversuch getötet

Bei einem Putschversuch gegen eine Regionalvertretung in Äthiopien sind der Regierung zufolge der Präsident der Region sowie der Chef der äthiopischen Streitkräfte getötet worden. Der Armeechef Gen Seare Mekonnen wurde laut Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed von seinem eigenen Bodyguard getötet.

Gen Seare Mekonnen wurde jedoch nicht in der nördlichen Verwaltungsregion Amhara getötet – sondern in der Hauptstadt Addis Abeba. Der Armeechef sowie ein weiterer Offizier starben, weil sie den Putschversuch verhindern wollten, so Abiy. Der Bodyguard wurde daraufhin festgenommen.

Amharas Regionalpräsident Ambachew Mekonnen sowie ein Berater seien in der regionalen Hauptstadt Bahir Dar getötet worden. Das sagte Nigussu Tilahun, der Sprecher von Äthiopiens Regierungschef, am Sonntag in Addis Abeba. Die zwei Vorfälle hingen zusammen, sagte Nigussu zudem. Es handle sich um einen „versuchten organisierten Staatsstreich auf die Regionalregierung von Amhara“.

Regierung benennt Strippenzieher

Angreifer hätten am Samstagabend versucht, die Macht in der Verwaltungsregion Amhara im Norden Äthiopiens an sich zu reißen, sagte der Regierungssprecher weiter. Dahinter steckte Nigussu zufolge der Chef der Sicherheitskräfte der Verwaltungsregion. Dieser wurde laut Agenturberichten vom Premierminister begnadigt, nachdem er sich wegen mehrerer Delikte in Haft befunden hatte.

Die meisten Täter würden sich dem Sprecher zufolge bereits in Haft befinden, der Sicherheitschef soll laut anderen Quellen aber entkommen sein. Äthiopiens Regierungschef Abiy hatte am Samstagabend über Twitter die Tat verurteilt. Bewohnerinnen und Bewohner von Bahir Dar und anderen Orten in der Region Amhara berichteten von Schüssen. Die US-Botschaft berichtete indes via Twitter neben Schüssen in Bahir Dar auch von Schüssen in der Hauptstadt Addis Abbeba. Das Internet wurde in Äthiopien weitgehend abgeschaltet.

Der Regierung zufolge war die Lage in Amhara am Sonntag wieder „völlig unter Kontrolle“, die Regierung werde derzeit übergangsweise vom Vizepräsidenten geführt. Allerdings ließen sich die Angaben nur schwer überprüfen, da das Internet seit Samstag völlig abgeschaltet war. Ein Journalist aus der Regionalhauptstadt Bahir Dar sprach von einer „Geisterstadt“. Zuvor hatte er von Schüssen bis spät in die Nacht berichtet.

Spannungen und Konflikte bestehen

Der genaue Hintergrund des Vorfalls war unklar. Äthiopien wurde viele Jahre mit harter Hand regiert. Im April 2018 kam Abiy an die Macht und führte etliche Reformen ein: Er ließ etliche politische Gefangene frei und hob das Verbot einiger Oppositionsgruppen auf. Er leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und ließ Dutzende Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße festnehmen.

Außerdem beendete er einen 20 Jahre langen Konflikt mit dem Nachbarland Eritrea. Die innige Feindschaft der beiden Länder hatte Krieg, Hunger und unzählige Tote zur Folge. Eritrea gehörte bis zu seiner Unabhängigkeit 1993 zu Äthiopien. Fünf Jahre später brach ein Krieg zwischen den beiden Staaten aus, bei dem es in erster Linie um den Grenzverlauf ging. Zehntausende Menschen kamen ums Leben. Mit dem Abkommen von Algier wurde 2000 der Konflikt beendet. Beide Länder blieben aber verfeindet und hatten keine diplomatischen Beziehungen.

Reformen nicht bei allen beliebt

Bei Hardlinern seiner im Land weitgehend ungeliebten Regierungspartei EPDRF und innerhalb der Sicherheitskräfte dürfte Abiy sich mit seinen Reformen allerdings einige Feinde geschaffen haben. Auch nahmen seit seinem Amtsantritt die ethnischen Konflikte in dem Vielvölkerstaat mit rund 100 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner deutlich zu.

Im Juni 2018, kurz nach Abiys Amtsantritt, endete eine Kundgebung tödlich. Dutzende Menschen wurden verletzt. Im Oktober des Vorjahrs gingen äthiopische Soldaten für bessere Bezahlung auf die Straße. Der UNO zufolge verdoppelte sich 2018 die Zahl der Binnenflüchtlinge und zurückkehrenden Binnenflüchtlinge auf 3,2 Millionen.