Geprüft wurde, inwieweit sich einzelne Produkte bei Inhalts- und Nährstoffangaben sowie bei der Verpackung von EU-Land zu EU-Land unterscheiden. Das Ergebnis: Nur weil etwas gleich aussieht, ist noch lange nicht das Gleiche drin. Bei neun Prozent der Proben war die Verpackung überall ident, die Zusammensetzung aber unterschiedlich. Bei weiteren 22 Prozent war die Verpackung leicht abgeändert und die Rezeptur unterschiedlich. Dabei seien manche Fälle „erheblicher als andere“, so EU-Beamten.
Insgesamt wurden Produkte aus 19 verschiedenen EU-Staaten in einer Forschungseinrichtung der Kommission miteinander verglichen. Hintergrund ist, dass sich vor allem die Staaten im Osten der EU in den letzten Jahren heftig darüber beschwert hatten, dass große Konzerne in ihren Staaten minderwertigere Lebensmittel verkaufen würden.
EU sieht „kein geografisches Muster“
Ein „gleichbleibendes geografisches Muster“ habe sich nun aber nicht gezeigt, hieß es seitens der Kommission. Allerdings sagten EU-Beamten, dass es „eine gewisse Häufung in einer bestimmten Region, aber nicht nur in dieser Region“ gebe. Das Problem betreffe den gesamten Binnenmarkt. So zeige sich unter anderem auch, dass Produkte für die Niederlande aufgrund von nationalen Regelungen zum Salzgehalt stark vom „EU-Mainstream“ abweichen.
Ein Muster, wonach vor allem Produkte in Osteuropa schlechter seien als jene in Westeuropa, sei aber nicht nachweisbar. Und: Nationale Rezepturen seien einerseits vollkommen legitim und müssten auch nicht bedeuten, dass das Produkt schlechter sei. Andererseits dürften Konsumenten nicht in die Irre geführt werden, indem ihnen unterschiedliche Produkte als identisch präsentiert werden. Das Ziel sei letztlich, dass Produkte im gesamten EU-Binnenmarkt die gleiche Qualität hätten. In der EU sollte es „keine Doppelstandards geben“, sagte Verbraucherkommissarin Vera Jourova dazu.
Sieben Prozent Fisch weniger
Wie stark die regionalen Unterschiede sind, zeigt sich in der Untersuchung deutlich. Etwa anhand der oftmals diskutierten Fischstäbchen: Bei dem Test wurde laut EU ersichtlich, dass Iglo-Fischstäbchen für Deutschland und die Niederlande einen Fischanteil von 65 Prozent haben, für Tschechien, Ungarn und die Slowakei allerdings nur 58 Prozent. Im Falle Deutschlands begründet das Unternehmen das mit dem „Fischleitsatz“, der es zu einem Fischanteil von 65 Prozent verpflichte. Der verwendete Fisch sei der gleiche, und man sei der Auffassung, dass die Qualität sich in allen Staaten auf demselben Niveau bewege.
Auch Unterschiede beim klassischen Coca-Cola sind kein Mythos: In Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Kroatien und der Slowakei wird zur Süßung Glukose-Fructose-Sirup verwendet, in allen anderen EU-Staaten ist es Zucker. „Der lokal verwendete Süßstoff wurde aufgrund historischer Gegebenheiten ausgewählt, etwa der regionalen Verfügbarkeit von Inhaltsstoffen“, so Coca-Cola gegenüber der EU. Indem man diese lokal beziehe, unterstütze man die lokale Wirtschaft und sichere Leistbarkeit und Geschmack der Getränke, so die Argumentation.
Staaten am Zug
Ohnehin begründen die Firmen die Unterschiede bei den Inhaltsstoffen oft mit lokalen Geschmäckern und Konsumentenpräferenzen. Aber auch unterschiedliche Produktionsstandorte, nationale Reglementierungen und die Rohstoffe würden zu den erheblichen Unterschieden bei Nährwert, Inhaltsstoffen und Rezepturen führen.
Die EU-Kommission betont nun, dass die Mitgliedsstaaten in der Pflicht seien – diese müssten prüfen, ob Hersteller die Konsumenten durch Produkte mit gleicher Verpackung, aber unterschiedlichem Inhalt in die Irre führen würden. Neue Gesetze, die kommendes Jahr in Kraft treten, hätten Verbraucherschutzbehörden für solche Fälle jedenfalls bereits gestärkt. Man sei nicht gegen Vielfalt, solange diese begründet sei und den Regeln entsprechen würde.
Die Frage der Benachteiligung osteuropäischer Verbraucher hatte im März 2017 sogar einen Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs beschäftigt. Die Kommission verweist darauf, dass inzwischen einheitliche Testmethoden in der EU eingeführt wurden, um Doppelstandards festzustellen. Sie werden nach einer jüngst erfolgten Reform des EU-Verbraucherrechts nun auch „als irreführende Praxis“ gesehen.