RH-Präsidentin Margit Kraker
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Reformvorstoß

RH-Chefin trifft Kanzlerin zu Parteifinanzen

Der „Ibiza-Skandal“ bringt Bewegung in den Streit über eine Reform der Finanzierung von Parteien und deren Wahlkämpfen: Nächste Woche findet ein Treffen von Kanzlerin Brigitte Bierlein mit Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker statt. Kraker plädiert dafür, dass die Übergangsregierung einen Vorschlag zur Reparatur bestehender Gesetzeslücken einbringt.

Seit Bekanntwerden des „Ibiza-Videos“ drängt Kraker deutlicher und öffentlicher denn je zuvor auf mehr Transparenz und echte Kontrollrechte des Rechnungshofs, die dieser derzeit nicht hat. Sie legte einen fünf Punkte umfassenden Plan vor und unterstrich erst am Montag in der ZIB2 erneut, wie wichtig Transparenz bei den Parteifinanzen für die Demokratie ist.

„Ich glaube, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, dass man das Problem ein für alle Mal löst, denn sonst wird man es nicht los“, drängte Kraker im ZIB2-Interview. Es gebe nun von den Parteien verschiedenste Vorschläge, „nur bei der Kontrolle durch den Rechnungshof ist man etwas zurückhaltend, das will man weniger gern“. Aber Kontrolle stärke die Demokratie, und „das sollte man doch wagen“, plädierte Kraker für eine Initiative der Übergangsregierung.

RH-Präsidentin Kraker zur Praxis bei Parteispenden

Die Stückelung von Parteispenden sei zwar nicht gegen das Gesetz, aber sie widerspreche dem Geist des Gesetzes, denn er ziele auf Transparenz, sagt Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker.

Inhaltlich will die Regierung aber weiter keinen Druck für transparente Parteifinanzen machen. Im Büro von Kanzlerin Bierlein wurde am Dienstag auf das dargelegte Selbstverständnis der Kanzlerin hingewiesen, wonach man keine eigenen Gesetzesinitiativen ergreifen will.

Bierlein zurückhaltend

Im „Ibiza-Video“ ist unter anderem zu sehen, wie der im Gefolge zurückgetretene damalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache erklärt, wie die gesetzlichen Regeln für Spenden an Parteien mittels Vereinen umgangen werden können. Vorgelagerte Vereine müssen Spenden nicht an den Rechnungshof melden.

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein
APA/Georg Hochmuth
Bierleins Position ist aktuell, in Sachen Parteiengesetz nicht selbst aktiv zu werden

„Im Sinne der Sache“

Auf die Frage von ZIB2-Moderator Armin Wolf, ob sie mit Kanzlerin Bierlein über eine Reform des Parteiengesetzes gesprochen habe, verneinte Kraker Montagabend noch. Nun gibt es zumindest ein Treffen in der Sache. Der Termin wird laut Bundeskanzleramt wohl nächste Woche stattfinden. „Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker werden sich demnächst treffen, um das Thema Reform bei Parteienfinanzierung und Wahlkampfkosten zu besprechen. Dieser Termin wurde heute vereinbart“, twitterte Rechnungshof-Sprecher Christian Neuwirth am Dienstag.

Auf Nachfrage ergänzte er, dass Kraker wisse, dass die Übergangsregierung bei Initiativen zurückhaltend sei und auch Verständnis dafür habe. Bei dem Gespräch wolle sie Bierlein dennoch die von ihr geforderten Punkte näherbringen und hoffe, dass das Thema „im Sinne der Sache doch eine Initiative der Bundesregierung Wert“ ist.

Strache über die Umgehung der Spendenregeln

Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache sprach bei dem Treffen mit der vorgeblichen Oligarchennichte auf Ibiza auch davon, wie via vorgelagerten Verein Spenden an die FPÖ gelangen könnten – ohne dass diese offengelegt werden müssen.

„Chance mit Charme“

Der Politologe Peter Filzmaier hatte gegenüber ORF.at betont, dass die Regierung Bierlein eigentlich eine „Chance mit Charme“ verpasse: Sie hätte dem Nationalrat einen Antrag zum Thema vorlegen können. Diese Übergangsregierung wäre die erste, die in dieser Angelegenheit wirklich unbefangen sei. Und die Entscheidung würden ja weiter demokratisch die gewählten Abgeordneten im Nationalrat treffen. Doch alle Parteien müssten sich dann deklarieren. Abzuwarten bleibt, ob RH-Chefin Kraker Bierlein hier zu einem Sinneswandel bewegen kann.

Im Bundeskanzleramt wollte man sich nicht inhaltlich zu dem Treffen äußern. Die Bundeskanzlerin werde „im Sinne eines breiten und konstruktiven Dialogs“ auch die Präsidentin des Rechnungshofs treffen, so ein Sprecher.

Kurz: „Wieso nicht?“

ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz äußerte sich am Dienstag zustimmend zur Frage, ob der Rechnungshof mehr Prüfkompetenzen erhalten soll. „Wieso nicht?“, so Kurz im ORF-„Report“. Zudem verteidigte er die hohen Parteispenden von Porr-Hauptaktionär Klaus Ortner an die ÖVP sowie deren späte öffentliche Bekanntgabe. Er und die Partei hätten nichts falsch gemacht und die Gesetze eingehalten.

Interview mit Sebastian Kurz

ÖVP-Chef Sebastian Kurz nahm im „Report“ Stellung zum Thema Spenden.

Sein Versprechen im Wahlkampf 2017, alle Spenden über 3.500 Euro auf der Homepage zu veröffentlichen, sei eingehalten worden. Die Spenden von Ortner, die bisher nicht öffentlich waren, seien demnach schon vor oder erst nach dem Wahlkampf (Juli bis Oktober 2017) geflossen, sagte Kurz. Sie seien aber dem Gesetz entsprechend dem Rechnungshof gemeldet worden. Es sei Sache des Spenders, ob er monatlich spendet oder in einer Tranche.

Am Dienstag bekräftigte JETZT die Bedeutung einer Reform der Parteienfinanzierung. Der Unterausschuss des Verfassungsausschusses am Montag, in dem die zahlreichen Anträge zum Thema behandelt werden sollten, sei jedoch lediglich für eine halbe Stunde anberaumt, was ihn de facto ausheble, kritisierte Klubobmann Wolfgang Zinggl. Das deute darauf hin, dass sich die großen Parteien ÖVP, FPÖ und SPÖ im Hintergrund darauf verständigt hätten, keine essenziellen Änderungen vorzunehmen. Essenziell sind aus Zinggls Sicht die Kontrollrechte des Rechnungshofs und empfindliche Strafen bei Verstößen gegen die Wahlkampfkostenobergrenze.

„Den anderen am meisten wehtun“

Ohne Initiative der Übergangsregierung halten Filzmaier, die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle und der Parteifinanzexperte Hubert Sickinger eine Reform noch vor der Wahl für unwahrscheinlich. Jede Partei mache solche Reformvorschläge, „die den jeweils anderen Parteien am meisten wehtun“, so Filzmaier zum Thema Finanzierung. Stainer-Hämmerle und Filzmaier betonten, das wichtigere Thema sei jedenfalls die mangelnde Transparenz.

Stainer-Hämmerle plädierte jedenfalls dafür, es „lieber ordentlich statt wieder husch-pfusch“ zu machen wie 2012. Derselben Ansicht ist auch Sickinger, der darauf verwies, dass die heutigen Probleme daher rührten, dass es beim Beschluss des Parteiengesetzes 2012 keine Begutachtung gegeben habe.