Bildungsforscher kritisiert ÖVP-FPÖ-Regierung schwer

Hart ins Gericht mit der Bildungspolitik der ÖVP-FPÖ-Regierung geht der Bildungsforscher Lorenz Lassnigg vom Institut für Höhere Studien (IHS). Mit der Einführung von Deutschklassen, dem Ausbau der Ziffernnoten und der beabsichtigten Stärkung der Sonderschulen habe man „die Selektion in den Vordergrund gerückt“, so Lassnigg vor Journalistinnen und Journalisten. Anders als früher habe man nicht Kompromisse gesucht, sondern sei drübergefahren.

„Aus internationalen Bildungsreformen weiß man: Eine erfolgreiche Politik ist auf Kooperation aufgebaut“, so Lassnigg. „In den pädagogischen Methoden gibt es keine Wahrheit – es gibt eine Vielfalt an Methoden, die man anwenden kann.“ Man müsse aber auf eine Diskussionsbasis kommen, um sich auf eine gemeinsame Vorgehensweise zu einigen. „Und da liegt in Österreich der Hund begraben.“ Früher habe man zumindest noch versucht, einen Weg zu Kompromissen zu suchen.

„Gegen die engagierten Leute ausgerichtet“

Das Bildungsprogramm der letzten Regierung habe eine „wirkliche Richtungsänderung“ beabsichtigt, so Lassnigg. „In wesentlichen Punkten wie eben Ziffernbenotung, Sonderschule oder Deutschklassen hat man sich gegen die engagierten Leute ausgerichtet.“

Diese Art der Politik, die stark auf Testungen aufbaue und diese mit traditionellen Methoden verbinde, sei in den 1980er Jahren unter Ronald Reagan bzw. Margaret Thatcher begonnen worden und habe sich international dann stark durchgesetzt, so Lassnigg. „In Österreich hat man lange vermieden, da draufzusteigen – auch weil man aus der internationalen Forschung weiß, dass es nichts gebracht hat und gescheitert ist.“

„Messen kann ich leicht“

Als negatives Beispiel nannte Lassnigg die Bildungsstandards. Neben der Testung dieser Kompetenzen samt Veröffentlichung der Ergebnisse sei die Idee dahinter auch gewesen, diese Resultate mit Entwicklungsaktivitäten an jenen Schulen, die hinter der erwarteten Leistung zurückgeblieben sind, zu verbinden. „Messen kann ich leicht, aber die daran angeknüpften Entwicklungen sind schwieriger und langwieriger.“

Mit der von der ÖVP-FPÖ-Regierung angekündigten Abschaffung der Standardtestungen gefährde man genau diese gerade in Gang gekommenen Entwicklungsaktivitäten. Stattdessen baue man nun andere Erhebungsinstrumente („individuelle Kompetenz- und Potenzialmessung"/iKPM) und verhindere so einen Vergleich mit vorherigen Resultaten. "So konterkariert man Ansätze in puncto Verbesserung und desavouiert die engagierten Leute.“